Toechter der Dunkelheit
bin mächtiger als du, kleine Hexe, schneller, stärker. Meine Magie ist voll ausgebildet, du hingegen bist ein Nichts. Ich werde dich vernichten und die Welt vor dir beschützen!“
Inani blieb kaum Zeit auszuweichen, als wie aus heiterem Himmel eine Schwertklinge auf sie zuschnellte. Sie stolperte über einen Findling, rollte sich rasch über die Schulter ab. Konar setzte ihr nach, Funken sprühten, als Metall dort niederschlug, wo unmittelbar zuvor ihr Kopf gewesen war. Ein gnadenloser Tritt in den Bauch fing ihre Bewegung ab, als sie gerade aufspringen wollte, und wieder konnte sie sich gerade noch zur Seite werfen. Die lange, schmale Schwertklinge zerfetzte ihr Kleid, bohrte sich tief in die linke Schulter ein. Inani schrie, rutschte schmerzhaft mit dem Rücken über Geröll. Ihre Hand schloss sich um einen Stein, mehr aus Instinkt denn gezielter Absicht schleuderte sie ihn hoch und traf den Priester mitten ins Gesicht.
Ein Schatten, ein Fauchen: Der Panther war gekommen. Die Raubkatze brachte den bereits taumelnden, heftig blutenden Mann zu Fall; Inanis Stein hatte offenbar seine Nase gebrochen. Eine blau-rot leuchtende Feuerkugel löste sich aus Konars Hand. Er verfehlte die Leopardin nur knapp. Sofort schnellte der Priester hoch, konzentrierte sich auf den Panther, sammelte seine Magie. Er bemerkte die Schlange nicht, bis sie zuschnappte: Aufschreiend fuhr er herum. Panisch starrte er auf die Kyphra, die ihn hoch aufgerichtet bedrohte. Hastig riss er seinen Umhang beiseite. Entdeckte die Bissspuren an seiner Wade. Er war dem Tode geweiht, und man sah, er wusste es. Mit verzerrtem Gesicht hob er beide Hände über den Kopf, blaue Magiefunken tanzten um seine Finger.
Wie gebannt stand Inani still. Konar würde sterben, sehr bald schon. Doch er würde noch einmal töten und ihre Gefährten mit sich reißen. Sie selbst stand außer Sichtweite, geschützt in seinem Rücken.
Viel zu langsam bewegte sich ihr Körper, sie schrie, als sie sich auf das verlorene Schwert stürzte – Schneller, schneller, schneller!
Die Welt schien für einen Moment den Atem anzuhalten.
Der Priester stieß die Hände vor, bereit, die tödliche Magie freizulassen und sowohl die Raubkatze als auch die Schlange zu töten. Im gleichen Augenblick traf ihn sein eigenes Schwert: Inani bohrte es tief in den Rücken des Mannes. Er keuchte, die Magie floss wirkungslos zu Boden. Dann brach er still zu ihren Füßen zusammen.
Zitternd kroch Inani von ihm fort, weg von der Leiche, dem Blut.
„Gib acht!“, fauchte der Panther, doch die Warnung kam zu spät: In ihrem blinden Entsetzen hatte sie die Gefahr nicht gesehen; sie stürzte in die Tiefe. Der Fall endete rasch, Inani landete auf harten Felsbrocken. Glühender Schmerz raste durch ihre Brust, ihren Kopf, fraß sich durch ihren gesamten Körper. Sie konnte nicht atmen, nicht einmal schreien.
Verloren, dachte sie noch kurz, bevor ihr Bewusstsein in Dunkelheit versank.
~*~
„Lieg still.“ Die Kyphra züngelte an Inanis Hals, sandte den Befehl als intensives Bild. Inani erschrak, denn dieses Bild zeigte sie selbst, wie sie blutüberströmt in einer etwa zwei Schritt tiefen Felsspalte lag. Sie wollte die Augen aufschlagen, doch es war unmöglich: Ihr Körper gehorchte nicht. Brennende Schmerzen drangen in ihr Bewusstsein, ein tiefes, kehliges Stöhnen erklang. Es dauerte lange, bis ihr Verstand wahrnahm, dass sie selbst es war, die so sehr stöhnte, dass es ihr eigener Körper war, der so sehr litt. Ihre Beine schienen fort zu sein, sie spürte sie nicht. Der ganze Rest von ihr war unerträgliche Qual.
„Ich sterbe …“, sagte sie zu ihren beiden Gefährten.
„Wenn du es nicht heraus schaffst, ja.“ Die Leopardin befand sich über Inani und blickte in das Loch hinab.
„Ich kann mich nicht bewegen. Es tut so weh!“ Selbst das Denken schmerzte. Die Zunge der Kyphra glitt über Inanis Wange.
„Salziges Wasser?“, fragte die Schlange, die immer wieder vergaß, was Tränen waren.
„Der Rücken ist gebrochen. Du wirst sterben“, grollte der Panther in Inanis Geist. Inani spürte das Bedauern ihrer Gefährten . Sie selbst hatte nicht mehr die Kraft dazu.
„Das Lied-Licht, Kyphra-Schwester! Das Lied-Licht kann dich heilen!“
„Es tut weh, zu sehr weh!“ Inani lag bewegungsunfähig da, gefangen in Schmerz, und wartete. Wartete, dass sie endlich starb. Oder wenigstens das Bewusstsein verlor. Sie hatte nicht die Kraft, sich selbst zu heilen. Irgendwann
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