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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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stehen, verzaubert von dem melodischen Klang ihrer Stimme; verängstigt von dem, was ihre Heiterkeit vielleicht bedeuten konnte.
    „Fürchte mich nicht, junger Prinz! Ich will nicht die Geheimnisse Roen Orms erfahren oder dich anderweitig als Kriegswerkzeug benutzen, denn sonst hätte ich dich nur meinem Gefährten übergeben müssen. Taón ist ein guter Mann, doch er verzweifelt an der Last der Verantwortung für unser Volk. Ich möchte lediglich verstehen, warum deine eigene Familie dich beinahe umgebracht hätte. Ich muss meine Gedanken sammeln, bevor ich dir deine Fragen beantworten kann. Maondny, führst du uns? Ich weiß nicht genau, wohin.“
    Maondny nickte; ihr Blick in unendlicher Ferne verloren, schritt sie voraus. Thamar wünschte, sie würde ihn wieder an die Hand nehmen, so wie in der Nacht. Er hatte das Gefühl, noch immer hilflos in der Dunkelheit zu laufen, obwohl die Sonne schien.
    Mühsam riss er sich zusammen. Maondny hatte viel riskiert, um ihm zu helfen, es wäre klüger, sich von ihr fernzuhalten.
    „Eure Hoheit ... es ... nun, mein Bruder hat lediglich dem Gesetz gehorcht“, murmelte Thamar. Erinnerungen überfielen ihn, ungewollt, ungerufen. Er spürte fragende Blicke auf sich ruhen und atmete tief durch, um sich wieder konzentrieren zu können.
    „In Roen Orm ist es üblich, dass adlige Familien nur einen Nachkommen zeugen. Ein Gesetz zwingt sie dazu, welches bestimmt, dass ausschließlich das älteste überlebende Kind das Erbe seiner Eltern antreten darf, alle anderen aber leer ausgehen. Wenn zwei oder noch mehr Geschwister da sind, dürfen diese alles tun, um zum Alleinerben zu werden. Intrigen, Giftanschläge oder Duelle werden nicht nur vom Gesetz ausdrücklich erlaubt, sondern sogar gefordert. Das Gesetz stammt noch aus einer Zeit, als die reichen Dynastien üblicherweise viele Kinder hatten, von denen jedes ein eigenes prunkvolles Haus wollte, sodass der Platz in Roen Orm eng zu werden drohte.
    Es gibt durchaus Familien, die diese Kämpfe unter ihren eigenen Kindern genießen und junge Männer aus der armen Bevölkerung zu diesem Zweck adoptieren. Die meisten aber hassen dieses Gesetz und geben lieber nachgeborene Kinder in den Tempel oder verkaufen sie an Handwerkerfamilien. Auch dies ist erlaubt. Nur dem Königshaus ist es strikt verboten. Königskinder müssen einander bekämpfen.“ Thamar ballte die Fäuste, um all die Gefühle zu beherrschen, die in ihm zu kochen begannen.
    „Meine Geburt war ungeplant, meine Anwesenheit nie erwünscht. Ilat und ich wurden in dem Wissen aufgezogen, dass wir spätestens ab dem Tag, an dem ich das fünfzehnte Lebensjahr abgeschlossen und damit Volljährigkeit erreicht hatte, als Todfeinde gegeneinander kämpfen müssen. Man hat uns im Kampf ausgebildet, gelehrt, Gifte an Geschmack und Geruch zu erkennen, und all das Wissen, das nötig ist, um Intrigen zu spinnen, ihnen zu entgehen, sich Palastwachen und Höflinge günstig zu stimmen. All diese Dinge eben.“ Thamar stockte, erneut von Erinnerungen überwältigt.
    „Trink das, Bruder, es wird dir viel Schmerz ersparen. Morgen bist du Freiwild für mich. Glaube nicht, du könntest gegen mich gewinnen! Keine Sorge, dieses Gift hier wirkt schnell und völlig schmerzlos, du schläfst einfach nur ein.“
    Er schüttelte sich kurz. Niemals, nicht einen Moment lang, hatte er bereut, sich dem Kampf gestellt zu haben. Jahre des Leids, des Schmerzes, in denen er keine einzige Nacht hatte ungestört schlafen können, keinen einzigen Tag frei und unbeschwert gelebt hatte – er bereute sie nicht.
    „Es war mein eigener Fehler. Ich wollte auf die Jagd gehen, da es lange keine Angriffe mehr von den … von …“ Er schluckte verlegen das „von euch“ herunter, was Fin Marla mit einem wissenden Lächeln quittierte.
    „Ich bin mit meinen Freunden und Wächtern losgezogen. Es hatte Anzeichen gegeben, dass unter meinen Vertrauten ein Verräter sein muss, doch ich hatte geglaubt, mich von allen getrennt zu haben, die möglicherweise auf Ilats Seite stehen könnten. Es war ein Wächter, dem ich von Kindheit an vertraut hatte, das war falsch gewesen. Ilat hatte die Familie dieses Mannes entführen lassen und gedroht, dessen Frau und Kinder zu töten. Dafür ist er bestraft worden, es ist auch einem Prinz verboten, jemanden willkürlich zu verletzen, mit dem er nicht verwandt ist. So erfuhr mein Bruder allerdings, durch welches Tor wir die Stadt verlassen würden, was immer der gefährlichste Moment ist, und

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