Toechter der Dunkelheit
erwischt mich nicht, und ich lasse mich nicht aufhalten. Vater ist dumm!“, knurrte das Mädchen verächtlich. „Los, komm, bevor die dummen Elfengören zurückkommen. Wenn sie uns finden, können wir sie nie wieder beobachten und ihre geheimen Worte lernen. Nishar …“
„Isma, Vater schlägt dich“, versuchte Onme es noch einmal.
„Ismege. Ich heiße Is-me-ge. Soll er doch. Eines Tages schlage ich zurück, na und?“
Erfüllt von Hass umklammerte Ismege den Stein, bis ihre Knöchel weiß wurden. Dann packte sie ihren Bruder grob und zerrte ihn zurück ins Unterholz.
Keuchend riss Thamar die Augen auf, als er sich in seinem eigenen Bewusstsein wiederfand. Maondny strich beruhigend über seine Hände, was ihm half, sich zu beruhigen. Was er da eben beobachtet hatte, war so wahrhaftig gewesen, als wäre es gerade vor ihm geschehen, und nicht der Vision an eine Erinnerung von uralten Zeiten entsprungen.
„Was bedeutet das alles?“, fragte er verwirrt. Sein Kopf schmerzte. Diese beiden Kinder ... Sie waren beängstigend gewesen.
„Dies war der Beginn“, flüsterte Maondny. „Ein kleines übermütiges Elfenkind hat eine Regel gebrochen und unerlaubt Magie angewandt. Ein starker Zauber war das, mit dem sie aus zwei Gegenständen einen einzigen erschaffen hat, mit eben den Eigenschaften, die sie selbst wählte. So viel Macht haben oft selbst jahrhundertealte, erfahrene Elfen nicht. Die kleine Elys hatte nichts Böses im Sinn, sie wollte spielen, wie Kinder das eben tun, in allen Welten, zu allen Zeiten. Doch sieh, was daraus wurde.“
Und wieder leuchteten Maondnys Augen auf.
„Nishar!“ Ismeges Stimme war voller Triumph. Die junge Frau lag auf den Knien im Gras. Um sie herum befanden sich eine Unzahl merkwürdiger Gegenstände: Äste, die wie Rotmützpilze gefärbt waren, Steine, die sich wie ein Grashalm anfühlten, verschiedene Blumen, die versteinert worden waren. Ismege war einige Jahre älter geworden, doch noch immer trug ihr Körper deutliche Zeichen von Vernachlässigung und Gewalt.
„Versuch es auch mal, Onme!“, forderte sie ihren Bruder auf, der im Gras neben ihr lag und vor sich hindöste. Er war breitschultrig geworden, stämmiger als seine ausgemergelte Schwester, aber der stumpfe Schwachsinn beherrschte weiterhin seine Gesichtszüge. Er blinzelte, als sie ihn ansprach, regte sich sonst allerdings nicht weiter.
„Langweilig!“, brummte er nur.
„Steh endlich auf, du schläfst den ganzen Tag!“
„Vater schlägt uns, wenn wir laut sind. Schlafen ist erlaubt.“
„Ach, der …“ Ein gefährliches Funkeln lag in Ismeges Blick, als sie ihren Bruder gewaltsam auf die Füße zerrte. „Komm, wir gehen in den Wald. Du darfst Frösche töten!“, flüsterte sie ihm zu.
„Eklig“, murrte Onme kurz, doch er folgte ihr gehorsam.
„Ich habe bisher immer Gegenstände und Pflanzen zusammengezaubert. Ich will jetzt etwas Neues versuchen, ja? Fang mir zwei Frösche und töte sie!“
Ohne zu zögern stieg der Junge in den Weiher, zu dem Ismege ihn geführt hatte. Nur Augenblicke später ertönten qualvolle Laute, ein dumpfes Klatschen, und schon warf er seiner Schwester zwei blutige Froschkadaver vor die bloßen Füße.
„Setz dich da rüber. Schau, der hier ist größer als der andere, dafür hat der hübsche gelbe Flecken. Nishar!“ Ismeges Augen schimmerten blau, als sie ihre Magie einsetzte. Sie hielt sofort einen einzelnen Froschleichnam in den Händen, groß und gelbgefleckt.
„Ich wusste es!“, flüsterte sie glücklich.
„Der is‘ immer noch tot“, nörgelte Onme abwertend. „Und eklig. Froschblut ist eklig.“
„Lass uns nach Hause gehen, Bruder. Ich will noch mehr neue Dinge versuchen.“
„Nein. Vater schlägt uns. Er hat heute Schnaps gebrannt.“
„Er wird uns niemals wieder schlagen, Onme, das verspreche ich dir. Ich werde dich beschützen.“ Ismeges Hand verkrampfte sich um den Frosch, bis das Blut des toten Geschöpfs über ihren Arm lief. Achtlos warf sie es fort und schmierte ihre besudelte Hand durch Onmes Gesicht, der es sich wie erstarrt gefallen ließ.
„Heute ist Blut-Tag, Bruder. Was denkst du, was geschehen wird, wenn ich dem Feuer in Vaters Werkstatt befehle, sich mit dem Schnapskessel zu vereinen?“
Sie sah, wie er verblüfft versuchte darüber nachzudenken, aber diese Vorstellung war zu kompliziert für seinen zerstörten Verstand.
„Geht nicht. Feuer und Schnaps gehören nicht zusammen“, stammelte er.
„Natürlich geht
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