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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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das. Blumen und Steine gehören auch nicht zusammen. Oder tote Frösche. Willst du Vater nicht loswerden? Willst du nicht, dass er für immer aufhört, uns zu schlagen?“
    Freudig nickte der Junge, doch dann schüttelte er wieder den Kopf.
    „Vater gibt Essen. Vater gibt Haus. Wir brauchen Vater.“
    „Unsinn!“, fauchte Ismege zornig. „Ich werde dir Essen geben. Ich werde dir ein Dach über dem Kopf geben. Du brauchst keinen Vater, der von früh bis spät säuft, Schnaps verkauft und uns halbtot schlägt. Du brauchst nur noch mich, verstanden?“
    „Kein Holz sammeln mehr? Kein Blasebalg schwingen? Keine Tonkrüge kaufen? Keine Schläge mehr?“ Hoffnung erleuchtete das stumpfe Gesicht und er nickte zustimmend.
    „Mach es. Bring Feuer und Schnaps zusammen.“
     
    Erschauernd wachte Thamar aus der Vision auf.
    „Sie hat ihren Vater getötet“, sagte er leise. Es war keine Frage.
    „Ja. Ismeges erster Mord, aber nicht der letzte. Kannst du verstehen, warum sie das getan hat?“, fragte Fin Marla traurig. Thamar nickte
    „Sie scheinen niemanden außer ihren Vater gehabt zu haben. Niemanden, der ihnen geholfen hat, nicht wahr? Nur sie selbst und dieser Säufer, der sie fürchterlich misshandelte.“ Er schauderte bei seinen eigenen Worten. Gewalt war etwas, was er selbst zu gut kannte.
    „So ist es. Sie sind in einem Bretterverschlag mitten im Wald aufgewachsen. Andere Orn haben sie nur gesehen, wenn der Vater sie losschickte, neue Tonkrüge im Dorf zu kaufen, und andere Dinge, die er für seine Schnapsbrennerei benötigte. Seinen Alkohol hat er selbst verkauft, doch kaum jemals Essen oder irgendetwas von den Dingen besorgt, die Kinder zum Leben brauchen. Stattdessen zog er sie mit Schnaps groß und schlug sie, wann immer er sie sah. Der Alkohol, der Hunger und die Gewalt haben Onmes Verstand zerstört, als er noch ganz klein war. Ismege war widerstandsfähiger und sie besaß ein Talent für Magie, das sie ohne jede Hilfe zu meistern lernte – das ist selten und ungewöhnlich. Onme wurde ebenfalls mit magischen Fähigkeiten geboren, aber er hatte nie gelernt, sie zu kontrollieren, wollte es auch gar nicht. Man kann es als Jammer ansehen, dass die Zwillinge – denn das waren sie – Magie besaßen, denn zum einen wären sie ohne diese schon als Säuglinge gestorben, und nichts von alledem wäre geschehen, zum anderen fürchtete ihr Vater diese Fähigkeiten und schlug sie umso grausamer, um ihnen den Unfug, wie er es nannte, auszutreiben.“
    Thamar dachte über die Magie und die Skrupellosigkeit, die Ismege gezeigt hatte, einen Augenblick lang nach, und eine Ahnung von dem Grauen, zu dem Maondny ihn hinführen wollte, drehte ihm den Magen um.
    „Was hat sie getan?“, flüsterte er.
    „Komm und sieh!“ Nur widerstrebend ließ er sich von Maondny auf die nächste Reise mitnehmen. Zu sehr fürchtete er, was ihm dort begegnen würde.
     
    „Steh auf. STEH ENDLICH AUF!“, brüllte Ismege, ihr hageres, marmorfarbenes Gesicht zerfurcht von Hass und Zorn. Helle Strähnen in dem dunklen Haar zeigten, wie viele Jahre vergangen sein mussten, seit Thamar sie zuletzt gesehen hatte. Es war Onme, den sie so anschrie, doch das erkannte Thamar nur an dem steinernen Ausdruck völligen teilnahmslosen Schwachsinns. Der fette, träge Mann erinnerte mehr an einen toten Käfer als an einen Orn.
    „Ich kann nicht mehr für dich sorgen. Ich bin es satt! Seit zwanzig Jahren schleppe ich dich hinter mir her, achte darauf, dass du isst, trinkst, schläfst und verdaust. Statt meine Macht auszubauen, hab ich dir Händchen gehalten und deine Tränen getrocknet, wenn du mal wieder Alpträume hattest. Schluss, Onme! Meinetwegen kannst du hier verhungern oder heulen, bis du krepierst, ich werde deinen verfaulenden Leib nicht mehr füttern!“
    Das schwammige Gesicht des Mannes färbte sich blauviolett vor Wut.
    „Brauch dich nicht! Immer schubst du mich! Nie kann ich tun, was ich will. Du bist gemein zu mir!“ Bevor Ismege reagieren konnte, löste sich eine blaue Energiewolke aus Onmes Händen, die seine Schwester mitten im Unterleib traf. Schockiert taumelte sie zurück, starrte fassungslos auf das Blut, das zwischen ihren Händen hervorquoll. Langsam sank sie zu Boden, das Gesicht beinahe weiß, die Augen weit aufgerissen.
    „Isma! Nein, das nicht! Wollte nicht!“ Onme heulte auf, warf sich neben seine Schwester zu Boden, versuchte hektisch, die Blutung zu stoppen. Ihr Bauch war regelrecht zerfetzt und verbrannt. Sie würde

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