Toechter der Dunkelheit
Elf, der ihn umgab. Taón schrie, als die Wirbel sich von ihm lösten und eine schmale Säule bildeten: eine Verbindung zwischen Erde und Himmel, unendlich, finster, unheilvoll. Alle wandten sich ab, einige Elfen und Famár kauerten am Boden, als sie die Macht dieser entfesselten Magie spürten, stark genug, um alles Leben in sich einzusaugen und zu vernichten. Aber Taón ließ dies nicht zu. Er beherrschte die Säule, befahl ihr, sich zusammenzuziehen und Form anzunehmen: Ein Tor entstand. Ein dunkles Oval, doch in der Ferne lockte ein Licht.
„Geht, geht!“, drängte Fin Marla und stieß diejenigen Elfen, die in ihrer Nähe standen, durch das Tor. Zögernd folgten andere nach – niemand wollte Taón und Chyviles Volk ihrem tödlichen Schicksal überlassen. Ein Brüllen erschütterte die Wüste – Osmege kam heran. Er wusste, was geschah.
Taón blickte sich um. Er sah nur noch Fin Marla, die Famár waren mittlerweile zurückgewichen, suchten nach einer Möglichkeit, aus dieser Wüste fliehen zu können.
„Geh, Liebste!“, befahl er leise. Fin Marla trat zu ihm und küsste ihn ein letztes Mal.
„Wie aufmerksam von euch, mir einen Weg in neue Welten zu weisen!“, höhnte Osmeges eisige Stimme. Die zerbrochene, finstere Kreatur trat zu den beiden Elfen, griff nach Fin Marla. Doch sie riss sich entschlossen los, Funken loderten in den dunklen Augen. Dann glimmte ein goldenes Feuer in ihnen auf, der selbst Osmege zurückweichen ließ, und sie sprach:
„In fernen Tagen, wenn nicht viele mehr sind,
wird den Orn ein Mädchen geboren.
Unschuldig, zu schwach zum Kampf.
Ihre Schwäche ist ihre größte Macht.
Ihr Lächeln wird eine Rose gebären,
ihre Träume die Verlorene Blume wandeln.
Ihre Tränen werden einen Sturm entfesseln,
der auch dich, Osmege, bindet.
Ihr Tod wird die Erde zerreißen.
Zwei einander verbundene Orn führen sie, hierher.
Sie wird auf dem Stein tanzen, der den Torweg versiegelt.
Der Siegelstein, die Macht der Erde.
Marjcheog wird frei, sein Feuer frisst die Macht, die du nicht besitzt, gezähmt von der Macht, die er nicht kennt.
Und die Elfen kehren heim, zu deiner Vernichtung.
In fernen Tagen, wenn nicht viele mehr sind.“
„Eine Prophezeiung, Elfe?“, knurrte Osmege, als er sich gefangen hatte. „Keine Prophezeiung kann uns aufhalten, wir sind stärker als die Magie der Zeit!“
Mehr als eine Stimme schien aus der dunklen Kreatur zu sprechen, und Schatten waberten um seine Gestalt. Er griff nach ihr und rief das Wort, das jeder von ihnen fürchtete: „Nishar!“
Doch nichts geschah. Er konnte Fin Marla nicht zerstören. Traurig lächelnd trat sie zu ihm, hob die Hand und berührte die Wange der verwirrten Kreatur. „Du magst stärker als die Zeit sein, stärker als meine Prophezeiung. Aber es gibt Dinge in dieser Welt und in anderen, die mächtiger sind als du. Ich kann dich nicht besiegen, nicht heute, nicht hier. Dennoch, wir werden uns wiedersehen, und das Schicksal entscheidet sich neu.“
Mit diesen Worten wandte sie sich ab und trat durch das Tor. Osmege griff aufschreiend nach Taón, als der König langsam in sich zusammensank, völlig erschöpft von der Magie, die er entfesselt hatte, unfähig, sich der Gefahr zu stellen oder das Tor zu schließen.
„Das Weib hat dich verlassen, genau wie dein Volk. Jetzt gehörst du mir, Elfengezücht!“, zischte er. Seine knochigen Finger wühlten sich in Taóns Haar, zerrten ihn in die Höhe. Doch da traf Osmege ein harter Schlag von hinten und trieb ihn einige Schritte zurück.
Rasch wandte Taón sich zum Tor, sammelte Energien, um es zu versiegeln. Verwirrt starrte Osmege auf die bleiche, dunkelhaarige Elfe, die unsichtbar ausgeharrt haben musste.
„Wer bist du?“, flüsterte Taón, erschüttert von dem Hass in den nachtdunklen Augen dieser Elfe.
„Ledrea, mein König.“ Mit diesen Worten packte sie ihn und stieß ihn durch das Tor. „Geht und dreht Euch nicht um, ich binde das Siegel!“, fauchte sie, als Taón versuchte sich abzufangen. Magische Lichtblitze schossen wie Geysire aus dem Boden, sie trieben Osmege weiter zurück.
Das Tor schloss sich, Ledreas Gestalt erglühte in gleißenden Energieströmen, als sie noch mehr Macht an sich band. Die Wirbel, aus denen das Weltentor
entstanden waren, wurden befreit, zogen sich aber unter Ledreas Befehl immer enger zusammen, bis eine dichte Kugel entstand, die sich rasend schnell um sich selbst drehte. Ein letzter Energiestoß.
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