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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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oder eure Vorfahren getan habt, hat zu dem Fluch beigetragen.“
    Er nickte nur. Eigentlich war es ihm völlig gleichgültig, wer schuld an allem war. Er kannte nichts anderes als dieses Leben. Die tödliche Wildnis war so selbstverständlich wie die Luft, die er atmete. Eine Welt, in der man sorglos durch Wälder und Auen wandern konnte, ohne sich bei jedem Schritt vor Fallen und angriffslustigen Monstern schützen zu müssen, das war zu phantastisch, um daran zu glauben.
    „Ich verspreche dir, schon bald werde ich dir alles erklären. Jetzt müssen wir uns beeilen, mein Kleiner, uns läuft gefährlich die Zeit davon.“
    Jordre lächelte müde über den Kosenamen und wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment spürte er die Gefahr: Lange, grüne Pflanzententakel krochen auf Chyvile zu. Seine Mutter sah den erschrockenen Ausdruck auf seinem Gesicht, riss ihren Kearth , einen breiten, sichelförmig gekrümmten Säbel, aus der Scheide und wirbelte herum. Die Tentakel fielen zerstört zu Boden.
    „Komm schnell, hinein in die Höhle. Wir waren zu lange in ungeschützter Stellung! In wenigen Augenblicken wird Osmege seine Späher losschicken!“ Wütend auf sich selbst rannte Jordre hinter ihr her. Warum nur hatte er sich von seinem dummen Stolz überwältigen lassen? Er wusste doch, wie gefährlich es hier draußen war!
    „Sorg dich nicht, hier in der Höhle sind wir erst einmal sicher. Komm, ich will dir etwas zeigen.“ Chyvile führte ihn durch einige enge Felsspalten, hinein in kühle, steinige Finsternis.
    Obwohl er beinahe doppelt so groß war wie sie, konnte Jordre kaum mit ihr Schritt halten; überall schien es eine Ecke zum Anstoßen, einen Riss im Boden zum Stolpern zu geben. Aber er vertraute ihr, selbst als es so dunkel wurde, dass er blind war, ließ er sich von ihr führen. Endlich erreichten sie einen größeren Gang, der sich in eine zweite Höhle erweiterte. Durch ein Loch in der Decke schimmerte Licht herein, und nachdem sich seine Augen daran gewöhnt hatten, sah Jordre sich staunend um. Alle Wände, der Fußboden und sogar die Decke waren mit Zeichnungen und Steinreliefs bedeckt.
    „Erkennst du das?“, fragte Chyvile leise. Ihre Stimme erzeugte ein hallendes Echo. „Wir nennen es die Schlacht der tausend Tränen. Elfen und Famár sind dort Seite an Seite gestorben.“ Jinivy hat ihr nie gestattet, mehr als ein paar Sagen und Märchen zu erzählen, weil er so viel Wissen für schädlich hielt. Jordre wusste mehr als alle anderen, er kannte die Legende von der Flucht der Elfen, die Prophezeiung um die Steintänzerin und wusste auch, wie alt seine Adoptivmutter schon war, gleichgültig, wie jung sie aussehen mochte. Das Prinzip der Wiedergeburt verstand er nicht, nahm es aber hin, dass es das Schicksal der Famár war, niemals endgültig sterben zu dürfen.
    „Du bist erwählt, Jordre.“ Ihre sanfte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Erwählt, um Anevy zu retten. Der Feind kann besiegt werden. Die Elfen können zurückkehren und das Land käme von dem vergifteten, tödlichen Bewusstsein frei, das nichts als Tod und Entartung kennt. Ein Orn könnte in Frieden zwischen den Dörfern wandern, ohne von einer alten, nörgelnden Famár beschützt und durch jedes einzelne Wasserloch getrieben zu werden. Die verlorenen Seelen dieser Schlacht wären nicht umsonst geopfert worden.
    Du, Jordre, wirst mit über Anevys Schicksal entscheiden. Du bist der Begleiter der Steintänzerin.“
    „Ich? A-Aber – Mutter, ich ...“ Er stolperte zurück, bis er gegen die Höhlenwand stieß, und sank dann langsam zu Boden, unentwegt den Kopf schüttelnd.
    „Chyvile, nicht ich. Bitte, nicht ich!“, flehte er schließlich. Er wollte nicht verantwortlich dafür sein, Anevy retten zu müssen. Er wollte Osmege nicht leibhaftig begegnen und ganz gewiss wollte er nicht sterben!
    Sie setzte sich neben ihn und zog seinen Kopf zu sich herab, bis er an ihrer Schulter ruhte. Ihre Haare dufteten vertraut nach Wasser und Wiesenpflanzen, nach Wald und lebendiger Erde. Es beruhigte ihn ein wenig.
    „Du bist es aber. Es gefällt mir selbst nicht, denn ich weiß um die Gefahren, die dir bevorstehen. Genau das ist allerdings der Grund, warum ich dich von klein auf aus dem magischen Schutz des Dorfes herausgeholt und durch die Wildnis gejagt habe. Warum du viel mehr über unsere Welt, seine Geschichte und andere Dinge weißt als jeder andere Orn. Warum ich dich schwimmen und kämpfen gelehrt habe, und wie man Gefahren hier

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