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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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geheilt; allerdings nicht auf die Weise, wie ein Sohn des Lichtes seine Macht wirken sollte – Feuermagie, statt der Kraft der Erde, um das Leben zu erhalten.
    Heilen, um die Qual zu verlängern. Heilen, um ihn die Folter noch länger ertragen zu lassen. Diese Heilung hat nur noch mehr Schmerz verursacht, statt zu helfen. Oh Pya, wie abscheulich!
    Mit Mühe riss sie sich los und griff nach der Decke, die zu Boden gefallen war. Thamar sah verfroren aus, und ihr wurde bewusst, wie unhöflich es war, neben einem schlafenden Gast zu stehen und seinen nackten Körper anzustarren. Leise trat sie näher und legte die Decke über ihn. Als sie sich abwenden wollte, schoss plötzlich seine Hand vor; er packte sie am Arm. Inani erstarrte, bewegte keinen Muskel. Sie spürte, er war noch nicht wach, hatte nur mit den Reflexen eines Kriegers auf eine scheinbare Bedrohung reagiert. Es dauerte einige Momente, bevor die meeresgrauen Augen sie voll erblickten und er sie zu erkennen schien. Erschrocken zuckte er zusammen, ließ sie los, setzte sich auf und sah verwirrt um sich.
    „Verzeiht, ich wollte Euch nicht wecken“, sagte Inani seltsam verschüchtert. „Ich bemerkte, dass die Tür offenstand und wollte nachsehen, ob Ihr vielleicht etwas braucht.“
    „Danke, ich …“ Thamars heisere Stimme brach, er musste husten.
    „Wartet, ich bringe Euch einen Tee.“ Froh über diese Entschuldigung rannte Inani aus der Hütte. Ihr war bewusst, dass diese Flucht noch unhöflicher war als ihr Eindringen zuvor, aber auf diesen Fehler kam es jetzt auch nicht mehr an. So schnell sie nur konnte, feuerte sie Zuhause den Herd an und bereitete einen Heiltee zu. Sie konnte sich gut vorstellen, wie der junge Prinz seine Stimme verloren hatte und kicherte in sich hinein. Als sie jedoch wieder vor ihm stand, wallte die eisige Wut erneut in ihr hoch. Thamar war noch einmal eingeschlafen, und diesmal waren es die Narben auf Brust und Bauch, die zu Inani sprachen. Der Schatten eines Gesichtes wurde vor ihrem inneren Auge sichtbar, das verhüllte Antlitz eines Priesters.
    Du wirst sterben!, dachte Inani voller Hass.
    Eine erschrockene Bewegung riss sie aus ihrer Trance. Thamar starrte sie an, offensichtlich fluchtbereit – er konnte nicht wissen, dass der vernichtende Zorn, den er gesehen hatte, nicht ihm galt.
    Besorgt trat Inani ein Stück zurück.
    „Es ist gut, verzeiht mir bitte!“, flüsterte sie. „Hier, Euer Tee.“ Sie drückte ihm den Becher in die Hand und lächelte so beruhigend, wie sie es in ihrem aufgewühlten Zustand nur konnte. Thamar musterte den Tee, als wäre er gar nicht überzeugt, dass es eine gute Idee sein könnte, ihn zu trinken.
    Inani biss sich auf die Lippen und verfluchte sich selbst. Warum war sie auch mit den Vögeln aufgestanden! Die ganze Situation war ihr so peinlich, vor lauter Hilflosigkeit ließ sie sich auf den Boden fallen und begann zu lachen.
    Fassungslos starrte er sie an, blickte zwischen ihr und dem Tee hin und her, sah dann an sich selbst herunter, wie er hier nackt saß, kaum von der Decke verhüllt. Verwirrt errötete er, überlegte sichtlich, ob er beschämt, beleidigt oder wütend sein sollte, kam zu keinem Entschluss und fiel schließlich in Inanis Lachen mit ein. Als beide keine Luft mehr bekamen, stand sie schließlich auf und nahm ihm den Becher ab.
    „Ich bin unmöglich. Bitte, vergesst, dass Ihr mich jemals gesehen habt!“, presste sie mühsam zwischen zwei weiteren Lachanfällen heraus. Sie suchte seine Kleidungsstücke und legte sie in Griffweite, ununterbrochen geschüttelt von unterdrücktem Gelächter. Dann wollte sie sich mit dem allerletzten Rest von Würde aus dieser Hütte retten; doch Thamar erwischte sie ein zweites Mal am Handgelenk.
    „Entschuldige, aber du hast mich wirklich erschreckt. Und danke für den Tee.“
    „Trinkt ihn, bevor Ihr Eure Stimme völlig ruiniert.“ Inani befreite sich und floh lachend durch die Tür.
    Draußen lehnte sie sich gegen die Wand der Hütte und versuchte, ihre Selbstbeherrschung wiederzufinden. Die Heiterkeit
    versickerte rasch, als sie sich an den Grund ihrer Wut erinnerte. Mit geballten Fäusten rannte sie los, getrieben von Entschlossenheit. Die wenigen Hexen, die mittlerweile aufgestanden waren, starrten ihr hinterher, als sie wie ein Schatten an ihnen vorbeihuschte und in Kytharas Haus eindrang, ohne sich mit Klopfen aufzuhalten.
    Inani war sich bewusst, dass sie schon wieder jemanden aus dem Tiefschlaf riss, doch es war ihr

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