Töchter Der Finsternis
verwickelt sind", sagte Rowan und holte tief Luft. .Aber ihr gehört zur Familie. Also hört gut zu. Die Night World ist eine Art Ge
heimgesellschaft. Sie besteht nicht nur aus Vampiren, sondern auch aus Hexen, Werwölfen und Gestaltenwandlern. Aus allen möglichen Wesen. Wir sind überall."
Überall, dachte Mary-Lynnette. Diese Vorstellung war ziemlich entnervend, aber interessant.
Also gab es eine ganze Welt da draußen, von der sie gar nichts gewusst hatte. Einen Platz zum Erforschen, so fremd wie das große Sternensystem der Andromeda.
Mark schien nicht sehr beunruhigt von der Vorstellung zu sein, dass es überall Vampire gab.
Er lehnte mit dem Ellbogen auf dem Arm der grünen Samtcouch und grinste Jade an. „So, du kannst also Gedanken lesen. Versuch doch jetzt mal, meine zu erkennen."
„Seelengefährten können die Gedanken voneinander lesen, ohne sich groß anstrengen zu müssen", wies Jade ihn zu rech t.
Seelengefährten ... Mary-Lynnette wollte das Thema wechseln. Sie fühlte sich irgendwo unwohl dabei und war nervös.
„Ich wünschte, du würdest aufhören, das zu sagen", schalt Rowan Jade. „Was ihr habt, das ist sehr viel besser, als nur Seelengefährten zu sein. Durch Liebe lernst du den anderen als wirklich kennen. Seelengefährten zu sein, das geschieht unfreiwillig. Du brauchst den anderen nicht einmal zu mögen, wenn du ihn triffst. Er kann in jeder Hinsicht völlig ungeeignet für dich sein: die falsche Spezies, das falsche Temperament, das falsche Alter. Aber ohne ihn wirst du nie mehr richtig glücklich sein."
Mary-Lynnette wurde immer unbehaglicher zu Mute. Sie musste etwas sagen. „Und wenn dir das geschieht ... Wenn du jemanden findest, und ihr seid Seelengefährten, und du willst ihn gar nicht", stieß sie hervor. Sie merkte selbst, dass ihre Stimme seltsam und belegt klang.
„Gibt es einen Weg, das mit dem Seelengefährten wieder rückgängig zu machen?"
Es entstand eine Pause. Mary-Lynnette merkte, dass alle sie anstarrten.
„Ich hab noch nie davon gehört", sagte Rowan langsam. Ihr Blick hielt an Mary-Lynnette fest.
„Aber ich glaube, du könntest eine Hexe fragen - wenn du ein solches Problem hast."
Mary-Lynnette schluckte. Rowans Augen waren sanft und freundlich, und sie fühlte den starken Drang, mit jemandem zu reden, der sie verstehen würde.
„Rowan ..."
Sie kam nicht weiter. Rowan, Kestrel und Jade sahen plötzlich zur Haustür wie Katzen, die etwas gehört hatten, was ein Mensch nicht hören kann. Einen Moment später jedoch hörte Mary-Lynnette es auch. Das Geräusch von ganz schnellen Schritten auf der Veranda. Und dann ein Plumpsen.
„He, da draußen ist jemand", sagte Jade, und bevor Mark sie zurückhalten konnte, war sie aufgesprungen und rannte zur Tür.
11. KAPITEL
„Jade, warte!" rief Mark.
Jade wartete natürlich keine Sekunde. Aber sie verlor Zeit damit, die Riegel vor der Haustür aufzumachen, und Mary-Lynnette hörte, wie jemand schnell weglief.
Jade riss die Tür auf, rannte hinaus auf die Veranda und schrie. Mary-Lynnette folgte ihr und sah, dass Jade mit einem Fuß in eins der Löcher im Holzboden getreten war. Das passierte jedem, der nicht wusste, wo die fehlenden Bretter waren. Aber nicht deshalb hatte Jade geschrieen.
Es war die Ziege.
„Oh, nein", stieß Mark hervor. „Oh, nein. Wer tut denn so etwas?"
Mary-Lynnette warf einen Blick auf die Ziege und fühlte ein schmerzhaftes Brennen in ihrer Brust. Sie rang nach Luft, und ihr Blick verschwamm.
„Gehen wir rein", drängte Rowan. „Jade, ist alles in Ordnung mit dir?"
Jade atmete in kurzen, abgehackten Zügen. Sie hörte sich so an, wie Mary-Lynnette sich fühlte. Mark lehnte sich vor, um Jade aus dem Loch zu befreien.
Rowan und Kestrel hoben die Ziege an den Beinen hoch. Mary-Lynnette ging rückwärts ins Haus. Sie hatte sich wieder auf ihre verwundete Lippe gebissen und schmeckte Kupfer in ihrem Mund.
Sie legten die Ziege auf den altmodischen Teppich im Eingang zum Wohnzimmer. Jades keuchendes Atmen wurde zu einem Schluchzen.
„Das ist Ethyl." Mary-Lynnette war selbst den Tränen nah.
Sie kniete sich neben Ethyl. Die Ziege war schneeweiß, hatte ein liebes Gesicht und eine breite Stirn. Mary-Lynnette berührte sanft einen Huf. Sie hatte Mrs. Burdock oft geholfen, die zierlichen Hufe zu beschneiden und zu polieren.
„Sie ist tot", sagte Kestrel nüchtern. „Du kannst ihr nicht mehr wehtun."
Mary-Lynnette sah schnell hoch. Kestrels Gesicht war beherrscht und kühl.
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