Töchter Der Finsternis
als Rowan mit dem Zweig über ihr Hand
gelenk fuhr.
Wir werden Blut austauschen, hatte Rowan gesagt.
Mary-Lynnette schluckte. Sie schaute Mark und Kestrel nicht an.
Ich mache es zuerst, dann wird er sehen, dass es gar nicht so schlimm ist, sagte sie sich. Ich kann das tun - ich kann es, damit wir am Leben bleiben.
Rowan hielt ihr das Handgelenk hin.
Blut schmeckt nach Angst, dachte Mary-Lynnette, und ihr wurde leicht übel.
Sie schloss die Augen und legte den Mund auf Rowans Handgelenk.
Wärme, ein wohliges Gefühl und ein Geschmack, der nicht wie Kupfer war, sondern seltsam und schwer wie guter Wein. Später würde sie immer nach Worten suchen, um es zu beschreiben, und keine finden.
Danach fühlte sie sich, als könnte sie Berge versetzen.
„Oh, Mann", flüsterte Mark und hörte sich leicht beschwipst an. „Wenn ihr das Zeug auf Flaschen ziehen würdet, könntet ihr Millionen verdienen."
„Daran hat schon mal jemand gedacht", sagte Kestrel kühl. „Die Menschen wollten uns für unser Blut jagen."
„Reden können wir später", erklärte Rowan fest. „Jetzt schaffen wir erst das Blutsband."
Kestrels Verstand war wie Gold mit scharfen Messerkanten, die blitzende Strahlen in alle Richtungen ausschickten.
„Okay, Jade", sagte Rowan. „Mark. Genug, ihr beide. Lasst euch los."
Mary-Lynnette beobachtete, dass Rowan Mark und Jade mit Gewalt trennen musste. Auf Marks Gesicht lag ein dämliches Lächeln, und Mary-Lynnette spürte einen kleinen Stich Eifersucht Wie es wohl war, den Geist von demjenigen zu sehen, den man liebte?
Jades Geist bestand aus Silber und Spitzen, die ein verschlungenes, kompliziertes Muster bildeten wie bei einer Weihnachtsdekoration. Als Mary-Lynnette sich zurücksetzte, nachdem sie Jades Blut getrunken hatte, fühlte sie sich leicht im Kopf und voller Energie. Ein frischer Gebirgsstrom schien durch ihre Adern zu rasen.
„Gut", erklärte Rowan. „Jetzt teilen wir dasselbe Blut." Sie streckte die Hand aus. Jade und Kestrel taten dasselbe. Mary-Lynnette warf einen Blick auf Mark und nickte zustimmend.
Ihre Hände trafen sich wie die Speichen eines Rades.
„Wir versprechen, wie eine Familie für euch zu sein und euch immerdar zu beschützen und zu verteidigen", sagte Rowan feierlich und nickte Mary-Lynnette zu.
„Wir versprechen, wie eine Familie für euch zu sein", wiederholte diese langsam. „Und euch immerdar zu beschützen und zu verteidigen."
„Das war's", sagte Rowan einfach. „Wir sind eine Familie."
„Gehen wir nach Hause", schlug Jade vor.
Zuerst aber mussten sie Tante Opals Grab zuschütten. Mary-Lynnette sah zu, wie Jade zum Schluss Tannennadeln darüber streute.
„Du erbst auch unsere Blutfehden", erklärte Kestrel Mary-Lynnette vergnügt. „Das heißt, du musst uns helfen, ihren Mörder zu finden."
„Das habe ich schon die ganze Zeit versucht."
Sie ließen das Reh dort liegen, wo es war. „Es gibt viele Aasfresser in der Gegend hier. Das Reh wird also nicht verschwendet sein."
Ja, so ist das Leben, dachte Mary-Lynnette, als sie die Lichtung verließen. Sie schaute zurück, und für einen Moment glaubte sie, dort einen Schatten zu sehen und Augen in ihrer Augenhöhe, die grünlich und orange glühten. Das Tier war also viel zu groß für einen Kojoten.
Sie wollte es schon den anderen erzählen, aber da war der Schatten weg.
.Habe ich es mir nur eingebildet? Ich glaube allmählich, mit meinen Augen stimmt was nicht.
Alles scheint so grell zu sein, dachte sie.
All ihre Sinne hatten sich verändert und waren schärfer geworden. Dadurch war der Rückweg aus dem Wald viel leichter als der Hinweg. Mark und Jade hielten zwar nicht Händchen - das wäre sehr unpraktisch gewesen —, aber Jade schaute dauernd zu ihm zurück. Wenn sie auf Hindernisse stießen, halfen sie einander.
„Du bist glücklich, nicht wahr?" flüsterte Mary-Lynnette Mark zu.
Er lächelte sie überrascht und ein wenig verlegen an. „Ja, ich glaube schon." Er zögerte. „Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber es ist so, als würde ich zu Jade gehören. Sie kennt mich wirklich. Ich meine, nicht nur äußerlich. Sie schaut in mein innerstes, und sie mag mich. Niemand hat das bisher getan - außer dir."
„Ich freu mich für dich."
„Hör mal", sagte er. „Ich glaube, es wird Zeit, dass wir uns auch für dich umsehen. Es gibt 'ne Menge Jungs hier, die ..."
Mary-Lynnette machte ein abfälliges Geräusch. „Wenn ich mich mit jemandem treffen will, dann brauche
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