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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Flugkarten, verglich die Passagierliste, begrüßte die Passagiere über den Lautsprecher, während Jill die Passagiere zu ihren Plätzen führte, die Sitzgurte prüfte und gleich nach dem Start die Kombüse betriebsfertig machte. Ich tat Dienst im vorderen Teil der Hauptkabine, verteilte Zeitschriften, prüfte die Gepäcknetze und so weiter — half eben aus, so gut ich konnte, und gab mir alle Mühe, nicht über meine großen Füße zu stolpern. Wir waren etwa fünfundzwanzig Minuten unterwegs, und ich überhäufte die Passagiere geradezu mit Zeitschriften, als Jill zu mir kam und mir zuflüsterte: »Carol, der Kapitän möchte dich sprechen.«
    »Oh, mein Gott, was hab’ ich denn falsch gemacht?«
    Sie sagte: »Er wird’s dir sagen.«
    Ich war dem Kapitän und der übrigen Besatzung vor dem Start vorgestellt worden. Er war eine dieser apollinischen Gestalten, schlank und braungebrannt, mit den blauen Augen eines Falken und einem gut geschnittenen Mund, eines dieser göttlichen Wesen, die mir, ehe mein Glaube an die Männer zerstört worden war, das Blut aus den Wangen hätte weichen lassen. Gemäß einem ungeschriebenen Gesetz hatten die Besatzung und die Stewardessen, wenn sie zusammen in einer Maschine arbeiteten, eine große glückliche Familie zu bilden. Von dem Augenblick an, da man sich einander vorgestellt hatte, redete man sich nur mit Vornamen an. Von dem Kapitän wurde erwartet, daß er mit einem willkommen heißenden Lächeln sagte: »Hallo, ich bin Joe Blow«, und von der Stewardeß wurde erwartet, daß sie antwortete: »Hallo, Joe, ich bin Betsy Crumbun«, und man schüttelte sich die Hände und war von nun an immer Joe und Betsy für einander.
    Aber ich brachte es nicht über die Lippen. Ich konnte nicht meinen ersten Kapitän beim Vornamen nennen, ganz abgesehen davon, daß er Willard hieß. Ich schlitterte in die Kanzel und sagte: »Sie wollten mich sprechen, Sir?«
    Er drehte sich um und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Oh, hallo, Carol. Tja. Ich wollte Sie sprechen.« Er kaute Kaugummi, wohl eine Minute lang, während er überlegte, wie er es mir sagen sollte. »Die Sache ist die, Carol, wir haben ‘n kleine Schwierigkeit.«
    »O nein!« Ich hielt den Atem an. Sie konnten es nicht wissen, aber ich wußte es. Ich hatte Unheil über das Flugzeug gebracht, von dem Augenblick an, da ich an Bord gekommen war. Ich flüsterte: »Ist es ernsthaft?«
    Der Kapitän zuckte die Schultern. Er sagte lakonisch: »Erklär ihr, — was los ist, Lew.«
    Lew war der Bordmechaniker. Forsch, aber nicht so forsch wie der Kapitän. Er beugte sich über seine Zillionen von Zifferblättern, bediente ein paar Schalter und meinte: »Carol, das hydraulische System scheint nicht zu funktionieren. Sie wissen, was das hydraulische System ist?«
    Ich sagte: »Natürlich.« Es war das hydraulische System. Alle Flugzeuge hatten das. Wenn man ein Flugzeug kauft, wird einem gratis ein hydraulisches System mitgeliefert.
    »Nun«, fuhr er fort, »sieht so aus, als wären die Leitungen irgendwo verstopft. Soweit ich das lokalisieren kann, ist das achtem im Heck —«
    Der Kapitän unterbrach ihn: »Da also lokalisierst du’s, wie? Im Heck?«
    »Tja«, sagte Lew. »Guck mal hier, Willard.« Er deutete auf ein Zifferblatt. »Hier hat der Druck nachgelassen. Es sind diese verdammten Toiletten!«
    »Was, die Toiletten?« sagte der Kapitän.
    Lews Stimme überschlug sich fast: »Ganz recht, Willard. Diese blöden Toiletten verursachen einen Unterdrück in der Zweigleitung.« Er wandte sich an mich. »Sie wissen, was die Zweigleitung ist?«
    »Oh, es tut mir leid. Wir haben das hydraulische System in unserem Kursus nicht in Einzelheiten durchgenommen.«
    »Allmächtiger Gott!« rief Lew. »Was bringt man den Mädchen heutzutage nur bei?«
    »Werd’ nicht hysterisch, Lew, alter Knabe«, sagte der Kapitän ruhig. »Wir können das wieder hinkriegen mit Carols Hilfe.«
    Er saß da und kaute seinen Kaugummi, tief in Gedanken versunken. Der Co-Pilot saß am Steuerknüppel, Gott sei Dank, aber ich konnte sehen, daß er die Zähne fest aufeinanderbiß. Der Kapitän sagte: »Hören Sie, Carol.«
    »Ja, Sir?«
    »Wir müssen uns auf Sie verlassen, Sie müssen den Druck in den Toiletten ausgleichen. Verstehen Sie?«
    Mein Herz pochte. »Was soll ich tun?«
    »Erklär’s ihr, Lew.«
    »Er fällt!« kreischte Lew. »Mein Gott, er fällt unter zwanzig —«
    Die Stimme des Kapitäns war scharf. »Reiß dich zusammen, Mann! Wir haben schon

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