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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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ein paar Worte mit Miß Carol reden kann?«
    Sie lächelte zu ihm hinauf. »Aber gewiß.«
    Wir warteten, bis sie fort war. Dann sagte ich wütend: »Jurgy, es ist nicht wahr! Ihr habt diese Wohnung nicht gemietet für sechshundertfünfzig Dollar im Monat! Jurgy! Hast du den Verstand verloren, oder was? Wie sollen wir uns das leisten können?«
    Sie fuhr mich ebenso wütend an: »Ich hab’s nicht gemietet. Er hat’s gemietet.«
    »Kinder, Kinder —«, rief Luke.
    Ich schrie Jurgy an: »Was soll das heißen, er hat’s gemietet?«
    Sie schrie mich ebenso an: »Er hat sechs Monate Miete bezahlt, das soll es heißen. Sechs Monate Miete!«
    »Er hat das bezahlt?«
    »Tja! Er hat das bezahlt!«
    »Oh, nein«, sagte ich und ging zur Tür.
    Jurgy lief hinter mir her und packte mich am Arm. Sie fauchte Luke an: »Ich hab’s dir gesagt, sie wird weglaufen, oder? Ich hab’s dir gesagt!«
    Ich sagte: »Jurgy, laß mich los. Er ist dein Mann, und wenn er dir dieses Appartement für sechshundertfünfzig Dollar im Monat mieten will, dann ist das großartig. Aber er wird kein Appartement für mich mieten, und das ist endgültig. Laß mich los.«
    Sie schrie Luke an: »Siehst du, was du getan hast? Siehst du’s?«
    Luke sagte: »Laß sie los, Mary Ruth.«
    Sie gab meinen Arm frei.
    Er sagte: »Carol, mein Herz. Komm und setz dich eine Minute hin. Komm, Herzchen. Ich möchte nur ein Wort mit dir reden, ja?«
    Ich ging zu ihm.
    Er blinzelte mich durch seine goldgeränderten Brillengläser an, als könnte er mich nicht deutlich sehen. »Mein Herz, warum wirbelst du so viel Staub auf?«
    Ich sagte: »Luke, ich will dir gegenüber zu nichts verpflichtet sein.«
    »Du glaubst, du wärst das, Carol?«
    »Darum in erster Linie bin ich nach Miami Beach gekommen. Ich will mein eigenes Leben leben. Ich will meinen eigenen Weg gehen. Ich will mich gegenüber niemandem in der ganzen weiten Welt wegen irgend etwas verpflichtet fühlen.«
    »Mein Herz«, sagte er. »Genauso denke auch ich. Ich würde mir lieber die Kehle durchschneiden, als irgendeiner lebenden Seele gegenüber zu irgendwas verpflichtet zu sein.«
    »Okay«, sagte ich. »Du verstehst mich. Ich finde, du bist ein netter Kerl, aber ich kann die Miete für dieses Appartement nicht bezahlen, und also kann ich nicht hier wohnen.«
    Er sagte: »Hm. Ich versteh’ deinen Standpunkt. Die Sache ist nur die, du hast alles auf den Kopf gestellt, mein Herz. Wenn du hier einziehst und hier wohnst, bist du nicht mir zu etwas verpflichtet. Es ist umgekehrt. Ich bin dir zu Dank verpflichtet.«
    »Süßholzgeraspel«, sagte ich. »Junge! Du scheinst Fachmann darin zu sein.«
    Jurgy lachte grell. Sie saß in einem Sessel und kaute auf den Fingernägeln.
    Luke nahm meine Hand sehr sanft: »Carol, hör mir nur eine Minute lang zu, und dann sag mir, ob es Süßholzgeraspel ist. — Mein Herz, du weißt vielleicht, daß ich ein paar Dollar auf der Bank habe, oder? Ich meine, es ist für mich keine große Sache, sechs Monate Miete zu bezahlen. Wie?«
    »Was du auf der Bank hast, geht mich nichts an.«
    »Herzchen, ich bin in jeder Weise für Unabhängigkeit, vielleicht noch mehr als du. Aber, bitte, präg dir das fest ein: ich biete dir keine Mildtätigkeit an. Ich erbitte Mildtätigkeit von dir.«
    Jurgy kaute nicht mehr auf den Fingernägeln. Sie hatte den Kopf abgewandt, aber ich konnte sehen, daß sie weinte.
    Luke redete weiter: »Carol, dieses liebe reizende Kind, das dort drüben sitzt, Mary Ruth, sie hat mir die Ehre erwiesen und sich bereit erklärt, meine Frau zu werden. Ich bin ein schlechter Handel, Carol. Ich bin einfach ein altes Rauhbein, schon recht abgenutzt und zu nicht mehr allzuviel zu gebrauchen —«
    Jurgy rief: »Sag das nicht noch einmal!«
    Er lächelte. »Hör sie nur an! Aber es stimmt. Nun, so steht es also zwischen Mary Ruth und mir, Carol. Du kannst selber entscheiden. Ich hab’ kein leichtes Leben gehabt; und Mary Ruth hat auch kein leichtes Leben gehabt. Sie hat mir alles erzählt. Sie hat verdammt hart mit ihren Händen arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und als sie mir die Ehre erwies und einwilligte, meine Frau zu werden, da stellte sie eine Bedingung — daß ich mindestens ein halbes Jahr warte, ehe wir uns in die Arme sinken.«
    Jurgy rief: »Warum hältst du nicht den Mund, Luke Lukas. Sie will diesen ganzen Quatsch gar nicht hören.«
    Er sagte zu mir: »Willst du’s hören oder nicht, Herzchen?«
    »Red’ weiter.«
    »Nun, ich

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