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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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»Darum weil, auf Flugzeugen, du solche netter Leute kennenlernen.«
    »Männliche Leute?« fragte Donna.
    Alma warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
    »Wen sonst?«
    Donna schaute sie auf sonderbare Weise an. Sie sagte nichts, sie schaute sie nur an, ihr Haar, ihre Augen, ihren Mund, ihre Brust, und ich glaube, sie versuchte abzuschätzen, welche Wirkung dieses Leben auf Alma gehabt hatte. Ich fand es eigentlich ganz deutlich, was Alma mit einem netten Gentleman-Freund sagen wollte; wahrscheinlich war sie jahrelang durch alle möglichen Betten gegangen. Aber Donna betrachtete sie wie mit einem Vergrößerungsglas Zoll um Zoll, wie man in einem Laboratorium ein Meerschweinchen untersucht, das eine ganze Serie von Experimenten hinter sich hat. Also, darüber bestand kein Zweifel: dieses Meerschweinchen hatte die Experimente in recht guter Verfassung überstanden. Nun ja, Alma erweckte nicht gerade den Eindruck einer unberührten Jungfrau, die schon vor dem Blick eines Mannes zurückschreckt. Andererseits sah sie aber auch nicht verbraucht aus wie manche andere Mädchen. Sie sah einfach aus wie ein normales, jedoch sehr schönes italienisches Mädchen mit viel Blut in den Adern und einer gehörigen Dosis Hormone.
    Ich sagte: »Okay, Donna, jetzt erzähl du mal, was hat dich hierher geführt?«
    »Teufel«, sagte sie. »Das ist schnell erzählt. Ich hab’ mich einfach zu Tode gelangweilt in New Hampshire. Ich hab’ da mein ganzes Leben zugebracht. Mein alter Herr hat ein Hotel —« Sie blickte sich um. »Nicht so was wie hier. Wir haben mehr ‘n Gasthaus in der Nähe von Mount Washington, mit ‘nem Skilift und all dem Zeug und ‘nem Laden, wo wir Pullover und all das verkaufen und Skier verleihen — du weißt schon.«
    Ich sagte: »Das klingt wunderbar.«
    »Oh, allerdings.«
    »Nun?«
    »Nun?« wiederholte sie. »Nun was? Ich hatte’s satt. Leute auf Skiern zu sehen. Ich hatte’s satt, immer in diesen verdammten Norwegerpullovern ‘rumzulaufen. Und eines schönen Tages, im vorigen Jahr war es, da hab’ ich mir gesagt, ich muß weg von alldem, oder ich schnappe über.« Sie lächelte. »Ganz plötzlich ist es mir aufgegangen, daß in der Welt schließlich noch andere Dinge vor sich gehen als Skilaufen. Und daß es noch andere Städte gibt als Boston. Und da kam mir diese Erleuchtung, ich schrieb an alle Fluggesellschaften, die mir einfielen, und schließlich durfte ich mich vorstellen bei Mr. Garrison in Boston; und jetzt bin ich hier.«
    »Was hat dein Vater dazu gesagt, daß du von zu Hause fortgingst?«
    »Paps? Oh, Paps ist der beste Mensch auf der ganzen Welt. Er war großartig. Ja, ich glaube, er war sogar erleichtert, weil er merkte, wie rastlos ich war. Und dann ist da noch ‘ne andere Sache: meine Mutter ist vor sieben Jahren gestorben, und Paps will wieder heiraten; aber er hat Angst, daß ich mit Ehefrau Nummer zwei nicht auskomme. Und da hat er recht. Ich hasse dieses Weibsstück. Sie und ich, wir könnten nicht eine Woche lang unter einem Dach leben.«
    Alma sagte: »Du waren verlobt zweimal?«
    »Wieso?« fragte Donna.
    Alma streckte ihre Hand aus. »Du haben dieser Ring. Und du haben anderes Ring dort oben.«
    Donna sagte gleichgültig: »Das besagt gar nichts, Goldstück.
    Ich war ein dutzendmal verlobt. Wenn der Frühling kommt und die Säfte steigen, dann ist diese Puppe hier bereit, sich zum Altar führen zu lassen, von jedem, der Hosen trägt. Eine laue Mondnacht hat dieselbe Wirkung.«
    Hier wurden wir unterbrochen. Ein Mädchen mit einer silbernen Perücke, einer schulterfreien Bluse und einer Art Froufrou-Rock kam an unsern Tisch. Sie trug einen Strohkorb voller Blumen am Arm. »Entschuldigung, meine Damen«, sagte sie. »Ich habe für Sie alle ein Geschenk von einem Bewunderer.« Und sie reichte jeder von uns ein Anstecksträußchen aus erlesensten kleinen Orchideen.
    Donna fragte: »Von Mister Courtenay?«
    »O nein«, sagte das Mädchen und lächelte süß. »Sie sind von Mister Nat Brangwyn.«
    Das war die größte Überraschung meines Lebens; oder jedenfalls eine der größten. Ich schaute mich um, und dort saß er, etwa vier Tische weiter, allein. Er nippte an einem Cocktail, er trug ein weißes Jackett und eine dunkelrote Fliege. Er lächelte uns zu und winkte, und ich lächelte wieder, aber ich winkte nicht.

    Er wartete, bis wir gegessen hatten, und dann kam er, ziemlich zögernd, zu uns herüber, und er sah mehr denn je aus wie ein bedeutender Chirurg — schlank

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