Töchter der Luft
gut wie keinen Po. Alma war im Vergleich zu ihr eine schwellende Masse wogender Kurven wie eine der Rubensschen Nymphen. Auch Annette war wohlgerundet, ein weibliches, kleines Ding; Jurgy und ich hingegen hatten ziemlich die gleichen Formen mit etwa den üblichen Verzierungen. Wenn Donna angezogen war, wie am Abend zuvor in ihrem spanischen Moos, dann stellte sie die ganze Welt in den Schatten. Sie war dazu geboren, sich aufzuzäumen, während gesunde Typen wie Jurgy und ich nur Paris’ Spott erregen.
»Junge!« sagte Donna. »Guck mal das Meer an.«
»Na, ist das etwa nichts!«
Sie runzelte die Stirn. »Weißt du, es ist unsinnig, so im Bett ‘rumzuliegen. Wir sollten jeden Morgen, gleich wenn wir aufwachen, schwimmen gehen.«
»Das sollten wir, wirklich.«
»Okay. Morgen früh. Wir stehen eine halbe Stunde früher auf und gehen schwimmen.« Sie sprang aus dem Bett, quicklebendig. »Himmel! Mir gefällt Florida. Wirklich. Wenn ich mich erst eingelebt habe, werd’ ich mein Herz verlieren an Florida.«
»Zieh dich jetzt an, sonst fährt uns der Bus vor der Nase weg.«
Ich wollte ihr eigentlich raten, an diesem ersten Tag etwas möglichst Schlichtes anzuziehen, aber im letzten Augenblick zögerte ich; ich fand, es gehe mich nichts an, sie könne anziehen, was ihr beliebte. So schaute ich zu, wie sie eine ziemlich bauschige, dunkelgrüne Bluse anzog und einen ziemlich wippenden schwarzen Rock, und dazu eine zierliche goldene Halskette umlegte, aber ich hielt den Mund. Ich zog ein schwarzes Kleid von Lord und Taylor an, das vorn mit etwa dreißig Knöpfen geschlossen war, um lüsterne Finger zu entmutigen, und dessen Ausschnitt bis unters Kinn reichte. Ich wußte nicht mehr, aus welcher verrückten Grille heraus ich es seinerzeit gekauft hatte, hingegen war mir vollkommen klar, warum ich es an diesem Morgen ausgewählt hatte. Ich hatte einfach Angst vor Mr. Garrison. Ich hatte so ein dunkles Gefühl, als wäre Mr. Garrison unzufrieden mit unserer Begegnung am Abend vorher in der Sonnenkönigs-Halle; und sollte ich ihm an diesem Morgen wieder über den Weg laufen, hielt ich es für richtig, so unscheinbar wie möglich auszusehen. Kein Busen, keine Hüften. Nur ein weiblicher Schatten.
Wie Jurgy es vorausgesagt hatte, es gab eine Kaffeebar. Sie lag neben der Haupthalle und hieß — wie jeder Idiot hätte erraten können — der Salon de Fragonard. Très chic. Die Wände strotzten von Gemälden mit drallen Schäferinnen, alle ganz und gar ungerührt von der Tatsache, daß ihre rosigen Brüste in alle Richtungen baumelten, und auch die Kellnerinnen waren als Schäferinnen verkleidet, jedoch mit sehr viel strengerer Kontrolle der Körperformen. Heiliger Himmel! Man stelle sich vor, ein Frühstückskaffee, serviert von einer busenfreien Schäferin! Wie sagte doch Donna ganz treffend: jedem normalen weiblichen Wesen würde für den Rest des Tages übel sein. Mr. Courtenay hatte einen großartigen Sinn für die Wirklichkeit bewiesen, indem er ein Sonderfrühstück zu fünfundsiebzig Cents für die Stewardessen-Anwärterinnen von der Magna zusammengestellt hatte: Fruchtsaft, Rührei und dazu Kaffee, soviel wir trinken wollten, ohne Aufschlag. Wir verschlangen alles, was auf dem Tisch stand, und dann trotteten wir hinaus, gemeinsam mit achtzehn anderen Mädchen, zu unserem niedlichen rosa und hellblauen Bus. Wieder fuhr uns Harry, in einem Hemd, auf dem sich Delphine und fliegende Fische tummelten, und so rollten wir dahin durch Miami Beach in diesem herrlichen frühen Morgensonnenschein. Leute starrten, Leute winkten (und nicht einmal winkten wir zurück), ein paar muntere Burschen pfiffen schrill, und wenn wir uns auch alle Mühe gaben, unantastbar und gelassen auszusehen, so konnten wir es doch nicht lassen, leicht hysterisch in uns hineinzukichern. Zum Teil war es einfach Aufregung, und zum Teil lag es daran, daß wir so viele waren, zwanzig Mädchen, und nur der arme, alte Harry als einziger Vertreter der Männlichkeit.
Die Büros der Magna International Airlines lagen in einer kleinen Seitenstraße neben dem Flughafen. Hier war nichts zu sehen von Hangars und Flugzeugen, wenngleich einem der Lärm der Maschinen, die nur wenige hundert Meter entfernt starteten, nicht entgehen konnte. Diese Büros dienten ausschließlich der Verwaltung und der Ausbildung — ein riesiger Zementbau, zwei Stockwerke hoch, wenig reizvoll von außen und ebensowenig reizvoll im Inneren, eher wie eine Fabrik.
Miß Webley wartete auf
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