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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Charleroi. Er war nur via Mister Courtenay gekommen; nicht von Mister Courtenay.

    Liebe Miß Thompson — Maxwell sagt mir eben, Sie können den Wagen nicht annehmen. Zu schade. Nun, okay — wenn das Ihre Ansicht ist, dann ist das eben so. — Aber er ist schon bezahlt, warum ihn also zurückschicken? — Vielleicht möchten die anderen Mädchen ihn benutzen, und wenn ja, sollen sie’s ruhig tun. — Ein Wagen ist ein Muß, wenn Sie Indianerdörfer ansehen wollen — Schwammtaucher — und so weiter.
    Freundlichen Gruß
    N. B.

    Ich ging zurück zum Schwimmbassin und kam mir vor wie der übelste Schuft unter der Sonne, und Donna sagte: »Hast du schlechte Neuigkeiten?«
    Ich gab ihr den Brief.
    Sie las ihn, las ihn noch einmal und sagte: »Carol, weißt du
    was?«
    »Was?«
    »Dieser Brangwyn ist ein verteufelt netter Bursche.«
    »Ich weiß, daß er ein netter Bursche ist.«
    »Du solltest ihn nicht so wie Dreck behandeln.«
    Ich hätte sie umbringen können. »Ich behandle ihn nicht wie
    Dreck.«
    »Doch, meine Süße, das tust du.«
    »Was soll ich denn tun? Mister Garrison und Mrs. Montgomery haben mich ausdrücklich gewarnt, ich darf nichts mit ihm zu tun haben. Was soll ich also machen?«
    »Willst du dein ganzes Leben bestimmen lassen von Mister Garrison und Mrs. Montgomery?«
    »Sie bestimmen es jedenfalls diesen Monat lang.«
    »Oh, Teuerste, zeig mal ‘n bißchen Mumm.«
    ich war so wütend auf sie, ich konnte nicht antworten. Ich drehte mich um und ging fort.
    Sie krabbelte aus ihrem Liegestuhl und lief hinter mir her. »He! Carol!«
    »Was willst du?«
    »Nur ruhig, ruhig. Sag mir nur eines. Wirst du den Wagen benutzen?«
    »Nein.«
    »Du läßt ihn einfach da in der Garage schmoren? In dem Fall...« Sie hielt inne und sah mich verschmitzt an.
    »In dem Fall was?«
    »Nun, in dem Fall, hast du etwas dagegen, wenn ich ihn hin und wieder nehme? Ich meine, Brangwyn schreibt ja, die anderen Mädchen dürften ihn gerne benutzen.«
    »Mach, was du willst.«
    »Mein Herz, sei nicht so hochnäsig. Ich wollte dich nur fragen. Kommst du mit nach oben?«
    »Nein. Ich bleib’ lieber noch ein wenig hier.«
    Sie warf mir einen belustigten Blick zu und schlenderte fort. Ich gesellte mich zu Jurgy und einigen aus ihrer Klasse und saß da und hörte ihrem mädchenhaften Geplapper zu; innerlich jedoch kochte ich. Schlimmer hätte Donna mich nicht treffen können. Noch nie hatte mir jemand vorgeworfen, ich hätte zu wenig Mumm. Mein ganzes Leben lang war ich jedem und allem zu unerschrocken entgegengetreten, gerade deswegen war ich ja aus meinen drei früheren Stellungen geflogen. Und was mich am meisten verletzte, war, daß Donna recht hatte. Als freies menschliches Wesen sollte ich niemandem, nicht einmal dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, erlauben, mir vorzuschreiben, du sollst nicht sprechen mit ihm oder ihr; du sollst nicht gesehen werden mit ihm oder ihr; du sollst nicht Umgang pflegen mit ihm oder ihr; du sollst, wenn du es möchtest, nicht schlafen mit ihm oder ihr. Warum also hatte ich mir von Mister Garrison und Mrs. Montgomery befehlen lassen, mit einer gewissen Person keinen Umgang zu pflegen? Warum hatte ich mich dazu bereit erklärt? Weil sie, nehme ich an, ebenso recht hatten wie ich. Sie wollten nicht, daß der Ruf ihrer kostbaren Ausbildungsschule beschmutzt würde, und das war schließlich verständlich. Aber — o Gott. Es war sinnlos. Ich konnte mich ewig so im Kreise drehen. Sie hatten recht, und ich hatte recht, und sie hatten unrecht, und ich hatte unrecht; und was ich wirklich brauchte, war Aristoteles oder Bertrand Russell oder so jemand, der sich neben mich setzte und das ganze Knäuel entwirrte.
    Nach einer Weile sagte Jurgy: »Weißt du, wie spät es ist? Es ist drei Viertel sieben. Wollen wir nicht lieber nach oben gehen und etwas zu essen machen?«
    »Was, ist es schon so spät? Kein Wunder, daß ich vor Hunger sterbe.« Das stimmte eigentlich nicht. Mir war jämmerlich leer zumute.
    Wir begaben uns hinauf auf 1412, und kaum hatte ich die Tür aufgestoßen, da sprang Donna vom Bett, wies mit dem Finger auf mich und schrie: »Du! Du! Carol Thompson! Ich sollte dir die Augen auskratzen!«
    Ich schaute sie voll Verblüffung an. »Was hab’ ich denn jetzt schon wieder getan?«
    Sie krümmte sich vor Lachen. Sie war völlig hysterisch, sie konnte kein Wort hervorbringen.
    Ich sagte: »Donna, was ist denn los?«
    »O Gott!« sagte sie und wischte sich zwei dicke Tränen aus den Augen.

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