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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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warum nicht?«
    »Du weißt, warum«, sagte ich.
    Sie sagte: »Okay, ihr nehmt euch ein Taxi. Ich bezahl’s. Und sobald ich fertig bin im Schönheitssalon, bring ich den Wagen mit den Einkäufen zurück.«
    Ich war wütend auf sie. Ich sagte: »Gut, meinetwegen. Aber wir können unser Taxi selber bezahlen, danke.« Jurgy und ich kletterten hinaus, und eine Art sechster Sinn ließ mich sagen: »Wir nehmen einen Teil der Pakete mit, dann können wir wenigstens schon anfangen, Abendbrot zu machen.«
    »Wie ihr wollt«, sagte Donna.
    Wir fuhren also mit dem Taxi ins Hotel zurück, und Jurgy fragte nicht einmal, was dieser Zank zu bedeuten gehabt hatte. Sie wußte, wann sie den Mund zu halten hatte.
    Donna kam ein paar Minuten vor halb elf zurück. Sie verriet nicht, wo sie gewesen war, und niemand fragte sie. Sie hatte sich das Haar schneiden und legen lassen, und auch die Nägel waren manikürt. Sie sah sehr zufrieden mit sich selbst aus, wie eine Katze, die ein Rahmschüsselchen ausgeschleckt hat, und der Rahm in ihrem Fall war offenbar Gin. Sie war nicht betrunken, aber sie stank nach Alkohol.
    Wir blieben bis halb zwei auf und lernten die Martin 404 und Bezeichnungen und Definitionen und Abkürzungen. Und um drei Viertel sechs weckte Donna mich sanft und sagte: »He, wie war’s mit einem Stipper ins Schwimmbassin vor dem Frühstück?«
    Ich starrte sie an. Sie war ihr übliches morgendliches Selbst, nackend wie ein neugeborenes Baby, schön und liebenswert und mit dem Teufel im Nacken.
    Ich sagte: »Okay.«

KAPITEL VII

    Als wir am nächsten Morgen zum Unterricht fuhren, herrschte eine sonderbare Stille im Bus. Wir sprachen kaum miteinander, und wenn, dann nur mit gedämpften Stimmen. Dies war erst unser dritter Tag, und in dieser kurzen Zeit hatten wir uns alle verändert. Sogar Donna hatte sich verändert, wenn sie sich auch mit Händen und Füßen dagegen wehrte. Die Stille im Bus mochte darauf zurückzuführen sein, daß wir alle müde waren; ich glaube, jede von uns war bis spät nach Mitternacht aufgeblieben, um die Eingeweide der klitzekleinen alten Martin 404 zu lernen. Oder die Stille mochte zurückzuführen sein auf reine Nervosität. Man fragte sich vielleicht, welch neue Schwierigkeiten sich Miß Webley hatte einfallen lassen für diesen gesegneten neuen Tag. Aber ich glaube, es war etwas Fundamentales. Wir waren unter Druck, und wir wußten es, und wir wußten auch, daß dieser Druck stärker und stärker werden würde; und jede von uns fragte sich wahrscheinlich, wie lange sie diesem Druck wohl standhalten und wie schlimm er werden könne, wann der Zusammenbruch komme und was dann geschehe. Ich meine, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß ich aus dem Ausbildungskurs hinausflöge. Mein Selbstbewußtsein hätte eine solche Schande nie überlebt.
    Als wir in der Klasse waren, machte Miß Webley eine flüchtige Inspektion und begutachtete unsere Frisuren. Meine wurde nicht kritisiert, weder gut noch schlecht, und ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Jurgy hatte gute Arbeit geleistet. Ich würde damit keinen Schönheitswettbewerb gewinnen; aber zumindest war sie ausreichend. Ihre Haare hingegen hatte ich ziemlich verschnitten, und in ihrer ruhigen Art hatte sie kein Wort des Protestes geäußert — es schien ihr gleichgültig zu sein, solange ihr Aussehen den Ansprüchen der Magna genügte. Donna wurde sehr sanft zurechtgewiesen, ihr Haar sei noch immer zu lang und zu buschig. Und das gehe nicht, wie Miß Webley erklärte, weil die Uniformkappe nicht gut auf einer solchen Frisur säße. Alma erhielt ein süßes Lächeln, Miß Webley sagte aber nichts über diese aufreizenden schwarzen Locken. Vermutlich war noch kein Bescheid erfolgt vom Oberhenker, der dort oben im zweiten Stock in seinem mit Schädeln geschmückten Büro brütete.
    Wir verbrachten den Vormittag mit den Richtlinien für Stewardessen, und es wurde deutlicher und deutlicher, daß einem geradezu in jeder Minute das Dach auf den Kopf fallen konnte. Magna International Airlines erwartete Disziplin, und wie! Solange man im Dienst war, gab es keine zwei Möglichkeiten: man war im Dienst. Wenn man es unterließ, sich nach dem Flug abzumelden, konnte man sich gleich begraben lassen. Und dann gab es die >Unfreiwillige Beurlaubung vom Flugdienst<, das bedeutete, daß der Kapitän des Flugzeugs einen beurlauben konnte, weil man ’nen Schwips hatte oder sich weigerte, rechtmäßigen Anordnungen Folge zu leisten, oder für

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