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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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»Oh, Carol! Junge! Das zahl ich dir heim.«
    »Worüber in aller Welt redest du?«
    »Über den Psychiater.«
    »Du meinst Doktor Duer? Was ist mit ihm?« Holterdipolter pochte mein Herz. Holterdipolter.
    »Erinnerst du dich nicht? Du Lügenbold. Du hast mir gestern in der Frühstückspause erzählt, ich müsse mich ganz ausziehen und ein Krankenhausnachthemd anziehen und mich auf eine Ledercouch legen und ihm alles über mein Liebesleben erzählen —«
    Jurgy prustete los, und ich konnte mir nicht helfen, auch ich mußte kichern.
    »Gottverdammich, Carol, ich hab’ jedes Wort geglaubt. Ich bin um Viertel nach fünf hinuntergegangen, gefaßt auf etwas richtig Aufregendes.«
    »Und was geschah?«
    »Teufel, er saß in einem Lehnstuhl, und ich saß in einem Lehnstuhl. Und wir rauchten ein paar Zigaretten, und wir unterhielten uns über Skilaufen, und das war so ziemlich alles. Mein Gott, es war ungefähr genauso aufregend wie ein Besuch beim Zahnarzt, wenn er einem sagt, daß man keine Löcher hat.«
    »Wo ist denn Alma?« fragte ich. »Ist sie unten bei Doktor Duer?«
    Donna wurde wieder hysterisch.
    Ich sagte: »Stewart, was ist los mit dir heute abend. Wirklich, du benimmst dich wie ein albernes Gör.«
    Sie keuchte. »Carol, ich schwör’s dir, ich hätte dich fast durch einen Pagen rufen lassen. Ich bin beinahe gestorben.«
    »Warum? Was war los?«
    »Nun, als ich zurückkomme von Doktor Duer, fragt Alma mich, wie es verlaufen sei, genauso wie ich dich gestern gefragt habe. Und, mein Herz, ich hab’ ihr den gleichen Streich gespielt. Ich hab’ ihr gesagt, sie muß sich ganz ausziehen und in dieses gräßliche weiße Krankenhausnachthemd kriechen, das nirgends richtig paßt und überall aufklafft, und sich auf eine Couch legen — «
    Ich sagte: »Das hast du nicht getan! Das hast du Alma nicht erzählt!«
    Tränen liefen Donna übers Gesicht. »Doch, mein Herz, aber du kannst niemals erraten, was dann geschah.«
    Ich sagte schwach: »Was?«
    »Carol, sie hat alles geglaubt und spielte ihre Maria-Callas-Szene und sagte niemaaalen, niemaaalen werde sie es zulassen, daß ein Krankenhausnachthemd ihre Haut berühre. Dann entschwand sie ins Badezimmer und schloß sich eine Stunde lang darin ein. Als sie herauskam, war sie geschminkt bis zu den Augen und roch zum Himmel nach Parfüm —« Donnas Stimme hob sich zu einem Kreischen.
    Ich schüttelte sie: »Erzähl mir. Erzähl mir.«
    »Du wirst’s nie glauben, Carol. Sie hatte das aufreizendste schwarz-seidene Nachthemd an, das ich je in meinem Leben gesehen habe. Ehrlich, die Augen konnten einem aus dem Kopf fallen. Bauschig über dem Busen und ganz eng anliegend über dem Bauch —«
    »Soll das heißen, sie ist so zu Doktor Duer gegangen?«
    »Genauso. Mit einem kleinen bestickten Jäckchen über den Schultern, damit sie nicht auf dem Weg verhaftet würde.«
    »O mein Gott«, sagte ich und fiel auf mein Bett.
    Donna fuhr fort: »Ich hab’ sie noch gefragt, ob sie so losziehen wolle, und sie hat die Nase in die Luft gestreckt und gesagt: wenn sie sich in einem Nachthemd interviewen lassen müsse, dann in einem anständigen Nachthemd. Carol, es war einfach unzüchtig.«
    Ich legte die Hände vors Gesicht, um nichts mehr sehen zu müssen.
    Und dann kam Alma zurück wie ein Sommersturm.
    Das gestickte Bettjäckchen war ein auserlesen schönes Stück, aber es verdeckte nicht sonderlich die Alma, die sich darunter befand. Und unter diesem hauchigen Gebilde war das schwarze Nachthemd, es war atemberaubend — nur ein durchsichtiges schwarzes Nichts, zusammengehalten mit Spitze.
    Alma fuhr auf Donna los: »Du mir anlügen.«
    Donna zuckte kaum mit der Wimper. »So?«
    »Du mir sagen, da sein Ledercouch. Ich mir müssen hinstrecken auf Ledercouch. Da sein keiner Ledercouch. Nur Stuhl.«
    »Komisch«, sagte Donna. »Ich hätte schwören können, daß da eine Ledercouch ist. Wie hat Doktor Duer dein Nachthemd gefallen, Alma?«
    »Er war sehr Gentleman.«
    »So?«
    »Sicherlich. Sehr Gentleman-Person.«
    »Spann uns nicht auf die Folter«, rief Donna. »Was hat er gesagt?«
    »Ha-ha! Du wollen wissen?«
    »Natürlich. Was geschah, als du in diesem Aufzug auftauchtest?«
    Alma zuckte mit einer Schulter. »Ich gehen hinein, das sein alles. Ich ziehen aus meine kleine Mäntelchen. Ich ihn hinlegen. Ich sagen zu Doktor Duer, bitte Doktor Duer, Sie wollen mir machen anziehen Krankenhausnachthemd, aber dieser billige Zeug kratzen mir meiner Haut, so, wenn Sie wollen, ich tragen

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