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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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irgendwelches sonstiges regelwidriges Benehmen. Ich sah das ein. Sogar Donna stimmte zu, mit Vorbehalt: »O ja. Stell dir vor, dir wird in einem Gewitter Tomatensuppe serviert von einer glasäugigen Stewardeß. Dennoch, es riecht nach Armee.«
    Nach der Frühstückspause kam die gefürchtete Prüfung. Und wiederum wurde mir klar, daß ich mich inmitten einer Gruppe weiblicher Genies befand. Fast alle erreichten hundert Prozent. Nicht daß alle Mädchen reif gewesen wären für den Nobelpreis, aber wie oft findet man Köpfchen und Schönheit beieinander? Die vom Glück vernachlässigte Thompson schaffte ihre üblichen neunzig Prozent. Donna verblüffte mich, weil sie es auf fünfundneunzig brachte, womit sie bewies, daß sie ein kluges Köpfchen hatte; denn ich hatte erwartet, daß sie eine schöne fette Null einstecken würde nach ihrem unvernünftigen Benehmen am Abend zuvor. Und Alma hielt wacker Schritt mit der gleichen Punktzahl wie ich. Dann, um den Vormittag zu beenden, gingen wir über zu der Kontrolliste für die Martin, all das, was eine Stewardeß zu tun hat a) ehe die Passagiere an Bord kommen, b) sobald sie an Bord kommen, c) während des Fluges und d) bei der Landung. Es waren nur siebzig numerierte Arbeitsgänge, und all das sah wirklich nicht schwieriger aus als die Vorbereitungen für eine Dreistufenrakete, ehe sie vom Kap Kennedy abgeschossen wird. Und das alles sollte ein Mädchen, ein einziges weibliches Wesen mit nur einem Kopf behalten? Miß Webley hingegen schien zu meinen, all dies könne ohne Schwierigkeiten von jedem normalen dreijährigen Kind bewerkstelligt werden; und der Druck lastete wieder auf uns. »Eine neue Prüfung, morgen nach der Frühstückspause, Kinder«, sagte Miß Webley, eingehüllt in Freundlichkeit und Strahlen. Am Nachmittag schickten wir uns an zu lernen, wie man die Kombüse der Martin bedient, ein Gebilde, das aussah wie ein riesiger rostfreier Aufwaschtisch, der jedoch eine vollständige Kücheneinrichtung barg. Es war so kompliziert, mit einem riesigen elektrischen Schaltbrett voller Knöpfe und Lampen, einem Behältnis mit sechs Schubfächern hier, einem Dutzend Türen dort, daß ich von Panik ergriffen wurde. Sogar Donna sah bestürzt aus. Wie in aller Welt sollten wir in vier Wochen lernen, dieses Monstrum zu bedienen?
    »Kinder«, sagte Miß Webley, »es ist wirklich ganz einfach.« Sie fügte hinzu, wahrscheinlich um uns zu beruhigen: »Es ist gar nichts im Vergleich zu den Kombüsen in den größeren Maschinen, glaubt mir.«
    Für den Rest des Nachmittags sprach sie weiter über Sicherheit. Alle lachten, als sie sagte: »Nun, Kinder, ihr müßt sehr aufpassen, daß ihr nicht in die Propeller hineinlauft.« Aber niemand lachte mehr, als sie ihre Ausführungen zu diesem Thema beendet hatte. Und wir waren alle mucksmäuschenstill, als sie über die Triebwerke der Düsenflugzeuge sprach.
    Und dann kam der Sauerstoff. Ich hab’ immer eine Hochachtung gehabt für Sauerstoff, weil er lebensnotwendig ist; die Fluggesellschaft aber war offensichtlich besessen davon. Auch er barg Gefahren. Zum Beispiel, wenn man Sauerstoff inhalierte, durfte man nicht gleichzeitig rauchen. Selbst wenn man nur neben einem Passagier saß, der Sauerstoff inhalierte, durfte man nicht rauchen.
    »Denn«, sagte Miß Webley, »Sauerstoff ist feuergefährlich. Ihr wißt das, nicht wahr?«
    »Ja«, sagten wir.
    Dann sagte sie nach einer kleinen Pause: »Kinder, ich finde, ihr seid eine großartige Gruppe. Ich glaube, ihr könnt es alle schaffen, wenn ihr wirklich wollt. Arbeitet hart. Es lohnt sich.« Sie wandte sich ab. »Das ist alles. Guten Abend.«
    »Guten Abend, Miß Webley.« Gute Nacht und träume süß.
    Donna sagte in dem Augenblick, da wir 1412 betraten ¡»Schwimmen?«
    Ich sagte: »Klar.«
    »Gut. Aber mach fix.«
    Ich sagte: »Donna, hetz mich nicht. Ich bin müde. Ich möcht’ mich in Ruhe umziehen.«
    »Mein Herz, ich muß um Viertel nach fünf zurück sein, um zu diesem Psychiatermenschen zu gehen.«
    Das hatte ich ganz vergessen. Nach dem Mittagessen hatte Miß Webley eine Terminliste Doktor Duers vorgelesen und erklärt, daß Doktor Duer, da er sich mit allen so bald wie möglich unterhalten wolle, in dieser Woche die Interviews am Abend in seinem Zimmer im Charleroi fortsetze. Beide, Donna und Alma, seien heute abend an der Reihe, und als Miß Webley mit ihrer Liste zu Ende gekommen war, hatte ich einen kleinen Stich der Enttäuschung gespürt, weil mein Name nicht

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