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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Wochenende?«
    »Tja«, sagte sie. »Er möchte eine Bootsfahrt mit mir machen. Über das ganze Wochenende.« Sie lächelte grimmig. »Mach nicht so ein entsetztes Gesicht. Es werden noch mehr Leute auf dem Boot sein.« Sie fing an, sich hin und her zu wiegen. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mir ist noch nie so etwas geschehen. Was, zum Teufel, soll ich tun, Carol?«
    »Du meinst mit dem Armband?«
    »Dem Armband, dem Wochenende, mit allem.«
    »Das mußt du entscheiden.«
    Sie schaute mich wieder an, bitter. »Er ist ein alter Mann, sechsundfünfzig. Ein Mädchen sollte von einem alten Mann keine Geschenke annehmen, wie?«
    Ich schwieg.
    »Die Schwierigkeit ist nur —«, setzte sie an und hielt gleich wieder inne und starrte eine Weile ins Leere. Dann seufzte sie qualvoll. »Ich glaube, ich muß allein darüber ins reine kommen — ja, das wär’s. Danke, Carol. Erwähne nichts davon den anderen gegenüber.«
    »Natürlich nicht«, sagte ich und ließ sie allein.

    An diesem Abend ließ Donna ihren Neun-Uhr-Martini im Stich. Sie war noch tiefer erschüttert als wir anderen von der stummen Erbarmungslosigkeit der Magna International Airlines. Ich hatte sie falsch eingeschätzt. Ich hatte sie eigentlich für einen ziemlichen Leichtfuß gehalten, dem alles schnuppe ist, der sich einen Deut um irgend etwas schert und so weiter. Aber das stimmte nicht. Wir unterhielten uns darüber am nächsten Abend, als wir einfach eine Stundè Pause machen mußten zwischen Seiten und Seiten über die Ausrüstung für Notfälle in der >Constellation<, und wir gingen hinunter zum Schwimmbassin und sprangen schnell noch einmal hinein, ehe der Bann um halb elf sich über uns senkte. Wir waren bis um zehn Minuten nach zehn im Wasser und hatten gerade noch Zeit für eine Zigarette, ehe wir ins Appartement zurücktrotteten. Ich hatte irgendeine spöttische Bemerkung darüber gemacht, wie sie ihr Ganzes hergebe für Magna, und sie hielt mir als Antwort eine richtige Rede mit einem sehr ernsten Unterton in der Stimme. »Sieh mal, Goldstück«, sagte sie, »für dich ist’s okay. Du bist ‘rumgekommen, du hast in verschiedenen Stellungen gearbeitet, und wenn Garrison dich ‘rausschmeißt, nun, dann findest du was anderes, für das du dich begeistern könntest. Alles, was ich je gehabt habe, ist das Ski-Hotel. Ich kann nicht tippen, ich weiß nicht eine verdammte Kleinigkeit über Büroarbeit, ich ginge ein, wenn ich hinter einem Ladentisch in einem Warenhaus arbeiten müßte, ich wüßte, zum Teufel noch mal, einfach nicht, was ich tun sollte. Ich glaube, ich müßte meinen Körper verkaufen, oder so was.«
    »Du könntest doch zurückgehen ins Ski-Hotel, Donna.«
    Sie sagte scharf: »Wenn mein alter Herr diese Ziege Marion heiratet? Nein, damit ist’s aus. Dad und ich haben uns prächtig verstanden, all die Jahre, und wenn sie jetzt die neue Chefin wird, will ich nicht da ‘rumsitzen wie ‘ne beleidigte Leberwurst. Nein, Sir.« Sie saß da und brütete vor sich hin. »Und ich kann meinen alten Herrn nicht mehr um Geld angehen. Er hat in nächster Zeit ein paar dicke Ausgaben — ein neues Kabel für den Ski-Lift und solche Sachen. Also, Teufel noch mal, ich muß mir von jetzt an meinen Weg selber suchen.«
    »Mach dir keine Sorgen. Du schaffst den Kurs mit Leichtigkeit.«
    »Ich mach mir aber Sorgen. Es nützt nichts, wenn du sagst, ich soll mir keine machen. Und dann kommt noch eins hinzu, Carol. Du hast die Welt gesehen, du bist gereist. Ich bin nirgends gewesen, wirklich nirgends. Gott, das ist meine große Chance. Ich meine, ich bin bereit, mir die Füße bis auf die Knochen abzulaufen, wenn das der einzige Weg ist, um London und Paris und Rom zu sehen. Stell dir das vor! Ein Wochenende in Paris! Für mich ist das der Himmel!«
    »Da wir gerade von Wochenenden sprechen«, sagte ich, »hast1 du einen weiteren kleinen Ausflug vor zu deinen angeblichen Verwandten in Palm Beach?«
    Sie lachte und sagte schmollend: »Nein, ich halt’ mich wohl besser an mein verdammtes Handbuch.«
    Sie hatte sich verändert. Sie hatte sich ganz gehörig verändert. Sie blieb jetzt innerhalb der Grenzen. Ich konnte mir gut vorstellen, daß sie insgeheim die Disziplin der Ausbildungsschule bewunderte. Es war etwas Neues für sie, und ich glaube, sie hatte sich vorgenommen, durchzuhalten, und sei es auch nur, um sich zu beweisen, daß sie durchhalten konnte.
    Was Alma anbelangte, so nistete sie sich geradezu ein in ihr Kleines Schwarzes Buch, und

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