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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Hause.«
    Meine Augen waren feucht geworden. Ich sagte: »Jurgy, das klingt netter, als ich gedacht hätte. Aber immerhin, er ist sechsundfünfzig —«
    »Carol, du weißt nicht, worüber du sprichst. Dieser Bursche wird’s nicht mal bleibenlassen, wenn er hundert ist. Weißt du, warum er so oft nach Miami Beach kommt?«
    »Ich kann’s mir vorstellen.«
    »Erstens zum Fischen, zweitens wegen der leichten Mädchen. So hat er’s ausgedrückt, als wir gestern abend diese lange Unterredung hatten. Ich hab’ ihm gesagt, er sei ein verdammter alter Lügner, er sei erstens wegen der leichten Mädchen und zweitens zum Fischen hier. Er hat zugegeben, daß ich vielleicht recht habe, aber was zum Teufel solle er sonst tun, wenn die Natur ihn nun mal so geschaffen habe.«
    »Himmel«, sagte ich. »Ein alter Mann wie er! Es schüttelt einen, sich das vorzustellen, Jurgy.«
    »So?«
    Ich wußte nichts darauf zu antworten. Sie hatte ihn in ein anderes Licht gerückt, er schien ein wenig menschlicher zu sein als der übliche Typ alter Männer, die umherstreichen und an den Fahrradsätteln junger Mädchen schnüffeln.
    »Jurgy«, sagte ich. »Ich will’s dir offen gestehen. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ich bin wie vor den Kopf geschlagen.«
    »Was glaubst du, wie mir zumute ist?« rief sie bitter und leidenschaftlich. »Ich bin schließlich hierher gekommen, um Stewardeß zu werden. Ich dachte, das sei etwas Besonderes. Und jetzt geschieht mir so etwas.«
    »Liebst du ihn?«
    Sie biß sich auf die Lippen. »Ich weiß nicht. Ich achte ihn. Ich bin in meinem ganzen Leben niemals einem Mann wie Luke begegnet. Ich achte ihn. Das ist etwas, das ich niemals erwartet hätte.«
    Ich zündete mir an dem Stummel meiner Zigarette eine neue an. »Gib mir auch eine, Carol«, sagte sie, und ein paar Minuten lang standen wir da und rauchten undt schwiegen. Die Zweige der Palmen knarrten über uns, das Wasser rauschte sanft nur ein paar Schritte entfernt, und die laue Luft trug die südamerikanische Musik von der Hotelterrasse herüber.
    »Warum trägst du den Ring an der rechten Hand?« fragte ich.
    »Ich hab’ Luke gesagt, ich möchte mich erst verloben, wenn der Kurs beendet ist. Er wollte aber, daß ich den Ring trotzdem schon nehme.«
    »Das heißt, du willst bei Magna bleiben?«
    »Tja. Ich will ein halbes Jahr fliegen, ehe wir heiraten.«
    »Aber warum?«
    Sie fuhr mich wütend an: »Ich brauch’ das, Carol, ich brauch’ das. Es ist dir vielleicht nicht klar, aber schon diese kurze Zeit in der Ausbildungsschule hat mich verwandelt. Du ahnst nicht, was Miß Pierce für mich getan hat. Ich brauche ein wenig Politur, ehe ich einen Hausstand übernehmen kann. Lukes oder sonst irgendeinen.«
    Ich sagte: »Weißt du was, Jurgy?«
    »Was?«
    »Ich hab’ meine Meinung geändert.«
    »Worüber?«
    »Über dich und Mister Lukas.«
    Ihr Ton klang mißtrauisch. »So?«
    »Ich glaube, es kann gutgehen.«
    »Danke, Carol.«
    Wir rauchten unsere Zigaretten zu Ende und schlenderten zurück zum Hotel. Sie zog den Ring ab und verstaute ihn sorgfältig in ihrer Handtasche, und ich erwähnte, sozusagen als Randbemerkung zu dieser neuen Errungenschaft: »Er muß ein bißchen Geld auf der hohen Kante haben, wenn er dir einen solchen Ring kaufen kann und das goldene Armband.«
    »Tja«, sagte sie. »Er ist gut seine fünfunddreißig Millionen Dollar schwer.«
    Der Himmel stürzte mir über den Kopf zusammen. Ich blieb stehen und packte sie am Arm, weil mir plötzlich so schwindlig war. »Machst du Witze?« keuchte ich.
    »Alice Bee Winnacker hat’s mir heute morgen erzählt.«
    »Jurgy! Das ist doch ein Witz.«
    »Nun, ich hab’s nur von ihr, Carol, ich hab’ keine Möglichkeit, es nachzuprüfen. Sie sagte, er sei einer der größten Viehzüchter im Lande.«
    »Oh, mein Gott«, sagte ich. »Fünfunddreißig Millionen! Es ist unmöglich. Heiliger Bimbam, Jurgy. Du kannst dir die Magna International Airlines kaufen. Du kannst dir deine eigene Boeing 707 kaufen.«
    »Ich will überhaupt nichts kaufen«, sagte sie heftig. »Ich hoffe nur zu Gott, daß, wenn ich ihn heirate, ich ihm eine gute Frau sein und ein wenig Sicherheit im Leben haben werde, zum erstenmal.« Sie brach in Tränen aus und warf sich mir in die Arme und schluchzte an meiner Schulter. »Der miserable alte Schuft! Wenn er noch einmal mit einem dieser Mädchen loszieht, ich dreh’ ihm den Hals um. Ich tu’s, ich schwöre, ich tu’s.«
    Ich fragte: »Hast du ihm das

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