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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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gesagt, mein Herz?«
    »Darauf kannst du Gift nehmen, daß ich’s ihm gesagt habe. Ich hab’ ihm die Hölle heiß gemacht.« Sie lachte heiser unter Tränen wie eine Krähe. »Er ist weiß geworden wie ein Bettlaken.«
    Ich hielt sie fest, während sie sich richtig ausweinte, und dann machte sie sich frei und trocknete sich die Augen. Sie sagte: »Erwähn’ es nicht den andern gegenüber«, und ich sagte: »Du kannst dich auf mich verlassen.«
    »Fünfunddreißig Millionen Dollar — es ergibt irgendwie keinen Sinn, nicht wahr?«
    »Nun, jedenfalls wird es dir ein Gefühl der Sicherheit geben.«
    »Nein«, sagte sie. »Das ist ja das Sonderbare. Es ist nicht wichtig. Luke ist das einzig Wichtige. Alles andere ist nur der Zuckerguß auf dem Kuchen.«
    Ich verstand, was sie meinte; und in gewisser Weise beneidete ich sie.

KAPITEL X

    Sie nahmen uns doppelt hart ‘ran in der folgenden Woche. Sie verdoppelten den Druck, und wie. Sobald wir am Montagmorgen in der Klasse versammelt waren, stellte Miß Webley die Lage klar: »Nun, Kinder, wir haben noch eine Menge Stoff zu erledigen in den nächsten Tagen, und ich möchte euch warnen — an einem oder zwei Nachmittagen werden wir länger hierbleiben müssen als bis halb fünf, wo wir sonst Schluß machen.«
    Irgend jemand stöhnte.
    »Außerdem«, sagte sie, »möchte ich es euch schon heute sagen, damit ihr keine Pläne macht, wir werden am Samstag bis drei Uhr nachmittags arbeiten. Das bedeutet leider ein recht kurzes Wochenende.«
    Miß Webley fuhr ruhig fort: »Der erste Punkt der Tagesordnung sind eure Uniformen. Wir müssen ihn bis mittags hinter uns bringen. Mrs. Sharpless ist hier zur Anprobe, wir wollen also hinüber ins Zimmer fünfzehn gehen. Und, bitte, nicht herumtrödeln.«
    Nicht alle von uns gingen ins Zimmer fünfzehn. Sie sonderte unauffällig zwei Mädchen aus, die wir nie wiedersahen; und später erfuhren wir, daß auch aus Miß Pierces Klasse zwei Mädchen aus dem Kurs ausgeschieden waren. Sie siebten uns noch immer. Wir waren jetzt nur noch neunundzwanzig.
    Die Anprobe der Uniformen war ein aufregendes Ergebnis. Mrs. Sharpless war eine flinke, kleine Frau, die bei Magna arbeitete, seit sie den ersten Ballon gestartet hatten, und sie verstand ihr Handwerk. Diese braunroten Röcke und Jacketts saßen wie Handschuhe. Da standen wir also, aufgetakelt mit all unserer Kriegsbemalung und zum erstenmal mit unseren Uniformen angetan, und es traf mich wie ein Schlag, als ich sah, wie jede einzelne von uns sich verändert hatte. Junge, wir hatten uns verändert! Wir waren gemeinsam im Charleroi angekommen, vor zwei Wochen erst, eine Gruppe recht gutaussehender Mädchen mit verhältnismäßig guten Proportionen, voller Schwung und Eifer; und jetzt standen wir hier, nur zwei Wochen später, ganz und gar verwandelt. Wir waren um eine geheimnisvolle Substanz bereichert, wir waren gewissermaßen nicht wiederzuerkennen. Ich weiß nicht, was das für eine geheimnisvolle Substanz war. Aber jede von uns wirkte ein wenig größer, ein wenig aufrechter, ein wenig ernsthafter und ein wenig würdevoller. Ich sagte zu Miß Webley: »Sie können sich beglückwünschen«, und sie sagte: »Warum, Carol?« und ich sagte: »Sehen Sie sich doch nur um.«
    Sie lachte und meinte: »Oh, das ist erst der Anfang. Ihr habt noch ganze zehn Tage vor euch.« Mein Gott, wie sehr kann man sich verändern, ehe die Natur sich dagegen sträubt!
    Nach dem Mittagessen wurden uns unsere Düsenhandbücher überreicht. Wir blieben in der Klasse bis fünf Uhr. Der nächste Tag war noch härter. Wir blieben bis halb sechs. Am Mittwoch blieben wir wieder bis fünf. Und alle drei Stunden gab es eine Prüfung, gnadenlos. Wir blieben nachts auf, bis der Morgen dämmerte, und büffelten unsere Hausaufgaben. Miß Webleys Benehnem wurde schärfer und schärfer. Sie war unnachsichtiger, sie ließ einfach nichts durchgehen. »Vergeßt das nicht«, sagte sie, »im Falle eines Unglücks fordert der Untersuchungsausschuß alle eure Papiere an, um sich zu vergewissern, daß ihr euer Gebiet beherrscht habt, als man euch als Stewardeß einstellte. Es gibt keine Möglichkeit, sich da herauszuwinden.« Mister Garrison unterwies uns, Ingenieure unterwiesen uns, und die nette Doktor Elizabeth Schwartz startete eine ganze Reihe Unterweisungen in Erster Hilfe. Soweit ich das übersehen konnte, mußten wir in der Lage sein, alles zu tun, außer radargelenkter Steuerung und dem Anlassen der Motoren. Wir mußten

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