Töchter der Sechs (German Edition)
sich geduldig und dankbar für ihre Hilfe. Er ließ ihr die Zeit, die sie brauchte, die Bedeutung eines jeden Wortes zu ergründen. Bisweilen erforderte es etwas Konzentration, um eine gute Übersetzung zu finden. Obgleich sie ihre Fähigkeit, Helwarisch zu verstehen und zu sprechen in vollem Umfang wiedererlangt hatte, fiel es ihr nicht immer leicht, die entsprechenden Worte auf Cytrian zu finden. Zwischendurch schweiften sie auch häufig ab, denn Mawen stellte ihr immer wieder Fragen zum Inhalt der Legende und zu Helwa im Allgemeinen. Daher kamen sie langsam voran. Am Abend hatten sie die erste Strophe des Liedes übersetzt. Dennoch war sie zufrieden, denn die Arbeit machte ihr Spaß und half ihr, zu verarbeiten, was sie über ihre Vergangenheit erfahren hatte.
In den folgenden Tagen kamen sie gut voran, am fünften gelang es ihnen, die Übersetzung der Legende fertigzustellen.
„Gut, das war die letzte Strophe des Liedes. Habt ihr noch irgendwelche Fragen?“Zada sah, dass ihre Worte Mawen verwirrten.
„Seid Ihr sicher, dass es das Ende ist. Was ist mit der sechsten Seite des Würfels?“
„Ich weiß es nicht, lasst es uns anschauen.“
Mawen zog das entsprechende Pergament heraus und begann, es vorzulesen.
„Dies gehört nicht zum Lied. Es geht darum, was zu tun ist, um die Einheit der Länder wieder herzustellen.“
Gemeinsam machten sie sich daran, die letzte Passage zu übersetzen. In ihrem Eifer merkten sie nicht, wie es Nacht wurde. Als der Morgen dämmerte, legte Mawen die Feder beiseite. Sie hatten die Übersetzung beendet. Während der Inhalt des Liedes wenig überraschend gewesen war, hatte der Inhalt der letzte Würfelseite Zada aufgewühlt. Sie mussten das Ergebnis ihrer Arbeit so schnell wie möglich der Oberpriesterin zeigen.
Jahr 3619 Mond 4 Tag 17
Aaran
Yerina war erstaunt, als Mawen und Zada am frühen Morgen an die Tür ihrer Privatgemächer klopften. Die beiden wirkten übernächtigt und sichtbar aufgeregt. Sie bat sie herein und fragte sie nach dem Grund ihres frühen Besuches. Mawen reichte ihr mehrere Blätter Pergament. Sie setzte sich und begann zu lesen.
Einst, vor vielen Jahrtausenden schon, trieb die Abenteuerlust Megev an,
die großen Wüsten und grünen Flusstäler seiner Heimat Helwa zu erkunden.
Als er das Land von Nord nach Süd, von Ost nach West durchkämmt
und alles erkundet hatte und nichts mehr fand, seine Neugier zu wecken,
beschloss er, das große weite Meer zu bereisen.
Mit seiner Hände Arbeit baute er ein Boot, schnell und wendig,
er baute es aus starkem Holz, um damit allen Stürmen zu trotzen.
Die Menschen aber lachten über ihn und sprachen: „Was hoffst du zu finden,
dort auf dem großen weiten Meer. Dort findest du nur den Tod.“
Doch Megevs Wille war so stark wie seine Arme, die dick waren wie Baumstämme.
So brach er auf mit seinem Schiff, allein, nur mit etwas Proviant
und mit der Hoffnung auf die Leitung und den Schutz der Götter.
Megevs Wille war stark und sein Schiff ebenso und die Götter waren ihm gnädig.
Er widerstand Stürmen und der rauen See mit ihren mannshohe Wellen.
Sein Mut aber wurde belohnt, unbekannte Küsten tauchten auf am Horizont.
Das Steuer fest in der starken Hand setzte er die Segel in Richtung fremdes Land.
Bald setzte er seine Füße auf fruchtbaren Boden und labte den Blick an üppigem Grün.
Die Menschen, die das Land bewohnten, hießen ihn freundlich willkommen,
und er lebte unter ihnen und lernte ihre Sprache und alles über ihr schönes Land Cytria.
Doch bald wurde er unruhig und es verlangte ihn nach dem Meer und nach neuen Ufern.
So brach er wieder auf, nicht in die Heimat, sondern weiter, immer dem Winde nach.
Er entdeckte Atress, das Land der tausend Berge, dann Elung mit seinen blauhäutigen Bewohnern,
danach kam er nach Margan und Tulup, zwei Reiche, nur getrennt durch einen großen Fluss.
Nachdem er die fünf Reiche gesehen hatte, packte ihn das Heimweh und er kehrte zurück.
Als er heimkam nach zehn Jahren, von der Sonne verbrannt und die Haare vom Salz gebleicht,
da erkannte ihn keiner, doch als er von seiner Reise berichtete, da sprachen sie:
„Bei den Göttern, zu solchen Heldentaten ist nur Megev fähig. Du bist wahrhaftig zurückgekehrt.“
Und sie waren begierig darauf, mehr zu erfahren von den fremden Ländern.
Bald schon folgten viele seinem Beispiel und segelten zu den fremden Küsten,
und die Völker lernten einander kennen und schlossen
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