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Töchter der Sechs (German Edition)

Töchter der Sechs (German Edition)

Titel: Töchter der Sechs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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es zu einer Prüfung durch die Götter kommen würde. Doch bis jetzt war nichts geschehen. Aber noch waren es zwei Tage bis zum Tag zwischen den Sonnenwenden.
     
    Tag 10 im Welten-Nebel
    Der einundzwanzigste Tag des neunten Mondes war am Vortag angebrochen und verstrichen, ohne dass sich etwas getan hätte. Der Nebel trübte noch immer die Sonnenstrahlen und die See lag absolut ruhig da. Nach den scheinbar endlosen Tagen des Wartens hatte sie nun Ratlosigkeit erfasst. Darija starrte aufs Meer hinaus und dachte nach. War ihre Mission gescheitert, hatten die Götter ihnen die Durchquerung des Welten-Nebels endgültig verweigert? Warum hatten sie das getan? Was hatten sie falsch gemacht? Und wie würde es jetzt weitergehen? Würden die Götter ihnen gestatten, nach Hause zurückzukehren? 
    Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie Zadas Hand auf ihrem Arm spürte. Die junge Priesterin schaute sie fragend an. Anscheinend erwartete sie etwas. Darija fragte: „Habt Ihr etwas gesagt?“ 
    „Ich habe nur gefragt, ob es Euch gut geht. Ihr steht seit Stunden hier, ohne Euch zu bewegen.“ 
    „Ich habe nachgedacht.“ 
    „Ich kann mir vorstellen worüber. Auch ich denke kaum noch an etwas anderes als unsere Situation. Ich habe seit gestern mehrfach versucht, die Götter mit meinem Gebet zu erreichen, aber sie schweigen noch immer. Bisher habe ich mich bemüht, ihr Schweigen als gutes Zeichen zu werten, aber allmählich mache ich mir Sorgen. Wir können nicht ewig hier verweilen. Unsere Vorräte sind endlich.“ 
    Während Zada sprach, hatte sich auch Mawen zu den beiden Frauen gesellt und die letzten Sätze mit angehört. Er schaltete sich in das Gespräch ein: „Ich teile eure Sorgen, aber noch ist nicht alles verloren. Die Götter wollen uns sicher nur testen.“ 
    „Aber warum? Haben wir nicht schon im Uralt-Wald bewiesen, dass wir fähig sind zu warten? Was meint ihr, Zada? Ihr kennt die Götter doch am besten.“
     
    „Ich weiß es nicht, Darija. Ich bin zwar eine Priesterin, doch bisweilen glaube ich, dass ich den Göttern nicht näher bin als ihr. Zwar bin ich ausgebildet, die Rituale zu ihren Ehren zu vollziehen. Auch weiß ich viel über ihr Wirken und ihre Lehren. Aber ich habe Jahre im Tempel verbracht und nicht viel von der Welt kennengelernt. Man sagt, das Göttliche umgibt uns in jedem Ding dieser Welt, daher hatte ich wohl weniger Kontakt mit den Göttern als ihr, die ihr nicht in einer solch engen Welt gelebt habt.“ Sie war sich nicht bewusst gewesen, dass diese Erkenntnis in ihr geschlummert hatte, doch noch während sie sie aussprach, erkannte sie, wie recht sie damit hatte, und eine große Last wart von ihren Schultern genommen. Endlich war sie komplett frei von ihrem selbst gestellten Anspruch, eine Verbindung zu den Göttern haben zu müssen. Plötzlich spürte sie sie, die Gegenwart der Götter, glaubte sogar, beifälliges Murmeln zu vernehmen. Spontan fasste sie Mawen und Darija bei den Händen und sagte: „Wir werden es schaffen. Wir werden diesen Nebel durchqueren. Es ist ein Test. Wir sollen uns selbst erkennen und es den anderen offenbaren.“
     
    „Ihr meint, wir sollen einander unsere tiefsten Geheimnisse anvertrauen? Ich weiß nicht, was ich euch da erzählen soll.“ Darija ließ ihren Blick ratlos zwischen Zada und Mawen hin- und herwandern. Mawen und Zada schwiegen, um ihr Zeit zum Nachdenken zu geben. Es waren wohl einige Minuten verstrichen, als Darija erneut zu sprechen begann: „Schon als ich von der Mission hörte, hatte ich das Gefühl, wenig dazu beitragen zu können. Ich bin nur eine Schiffbauerin, wie kann ich von den Göttern auserwählt sein. Auch wenn das Schiff eine Notwendigkeit für die Erfüllung der Aufgabe ist, es hätte auch von einer anderen Person gebaut werden können. Und dann die Reise in den Uralt-Wald: Ihr beiden wart so vertraut miteinander, ich kam mir so überflüssig vor. Ich war eifersüchtig auf Zada, weil sie Mawen so nahe war. Ich fühlte mich so ausgeschlossen. Ich war so dumm und kindisch.“ Bei den letzten Worten traten Tränen in ihre Augen. Zada nahm sie in den Arm und sie ließ es bereitwillig geschehen. Mawen legte seine Arme um die beiden Frauen. Darija spürte Wärme und Geborgenheit und erkannte endgültig, wie eng sie drei miteinander verbunden waren. Doch da war noch mehr. Ihr war es, als hörte sie einen vielstimmigen Chor, der immer wieder das Gleiche wiederholte: 'Drei bilden ein Ganzes. Ein jeder ist wichtig.' Die

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