Toechter Der Suende
Mann mochte in Francesca Orsini verliebt sein, aber deshalb stand er noch lange nicht auf der Seite ihres Vaters. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn Ercole Orsini ihm eine Heirat mit seiner Tochter in Aussicht gestellt hätte. Doch dafür war sein ehemaliger Freund zu stolz.
»Gut so!«, sagte Pater Luciano und tätschelte Falkos Arm. »Wir werden uns etwas einfallen lassen. Später wirst du Orsini Abschriften von Botschaften überbringen, die du angeblich heimlich angefertigt hast.«
In den nächsten Minuten nannte der Pater einige Dinge, die Falko an Orsini weitertragen sollte, und warnte ihn eindringlich davor, diesen zu unterschätzen. »Lass dich nicht vom Übermut hinreißen, mit ihm spielen zu wollen. Conte Ercole ist scharfsinnig und würde es bemerken.«
»Ich werde achtgeben, hochwürdiger Vater.« Falko neigte kurz den Kopf und nahm den Segen des Paters entgegen.
Dieser nickte ihm noch einmal zu und verließ dann die Gaststube durch die Küche, um nicht von der Terrasse aus gesehen zu werden. Für Beobachter sollte es so aussehen, als hätte er Marioza und deren Tochter aufgesucht und mit diesen gesprochen. Während er zu seinem Pfarrhaus zurückkehrte, sah er mehrere Männer, die ihn unter Beobachtung zu halten schienen. Mitten am Tag würden sie gewiss keinen Mordanschlag wagen, dennoch nahm er sich vor, weiter auf der Hut zu sein. Immerhin standen hinter seinen Feinden nicht nur einige Edelleute aus Rom und anderen italienischen Städten, sondern auch die Franzosen und deren Geld.
16.
D ario d’Specchi hatte sich noch zweimal mit Ercole Orsini getroffen, doch war es dabei stets um die geplante Hochzeit ihrer Kinder gegangen. Politische Aspekte hatten keine Rolle gespielt. Für d’Specchi sah es mittlerweile so aus, als würden die führenden Würdenträger des Kirchenstaats sich mit der Reise des deutschen Königs abfinden und nur noch überlegen, welchen Preis sie für die Kaiserkrönung verlangen konnten.
Einerseits war d’Specchi froh darüber, denn solange sein Sohn krank daniederlag, war er nicht in der Lage, gegen seine Feinde vorzugehen. Zum anderen aber verhinderte die erzwungene Untätigkeit den erhofften Aufstieg in einen der höheren Adelsstände. Das war doppelt ärgerlich, da Ercole Orsini darauf drängte, dass dies möglichst noch vor Francescas und Cirios Hochzeit geschehen solle. Als Dario d’Specchi sich an diesem Tag in den Vatikan aufmachte, um Kardinal Latino Orsini aufzusuchen, hoffte er, in diesem einen gewichtigen Fürsprecher zu finden.
Der Kardinal ließ ihn erst einmal eine gute Stunde im Vorzimmer warten und las, als er endlich zu ihm geführt wurde, so betont in einem Brief, dass d’Specchi sich schließlich räusperte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Nun erst blickte Latino Orsini auf. »Ah, mein lieber Freund Dario. Willkommen, willkommen!«
»Euer Eminenz!« D’Specchi kniete nieder und küsste den Ring des Kardinals.
»Was führt Euch zu mir, mein Freund?« Die Stimme des Kardinals klang leise und uninteressiert.
Dario d’Specchi beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Es geht um die Erhöhung im Adelsrang, die mir zugesagt worden ist, Euer Eminenz. Es wäre von Wichtigkeit, dass diese noch vor der Heirat meines Sohnes mit Eurer Nichte stattfinden würde.«
Scheinbar erstaunt hob der Kardinal den Kopf. »Diese Heirat findet also doch statt? Ich dachte, sie wäre nicht mehr in Eurem Sinn, da sowohl Ihr wie auch Euer Sohn das Haus meines Verwandten in den letzten Wochen gemieden habt.«
»Das geschah aus einem Missverständnis heraus oder, besser gesagt, weil mein Sohn eine schwere Verletzung durch unbekannte Hand erlitten hat. Er weilt derzeit auf meinem Landgut bei Nemi, um sich zu erholen. Sobald dies geschehen ist, wird er Contessa Francesca vor den Traualtar führen!«
Dario d’Specchi ärgerte sich über den Kardinal, der so tat, als ginge die ganze Sache ihn nichts an. Als er erneut auf einen höheren Adelsrang zu sprechen kam, schüttelte Latino Orsini bedauernd den Kopf. »Ich würde Euch gerne behilflich sein, doch mir sind die Hände gebunden. Da Francesca meine Nichte ist, hieße es sofort, ich würde im Interesse meiner Familie handeln.«
D’Specchi fand diese Ausrede derart an den Haaren herbeigezogen, dass er den anderen am liebsten gepackt und gegen die Wand geschleudert hätte. Seit Generationen versorgten Päpste, Kardinäle und andere Würdenträger ihre Verwandten nach Kräften mit Titeln und Besitz.
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