Toechter Der Suende
Er wäre sogar froh gewesen, mit Oskar von Frammenberg, dessen Frau Edelgunde und sogar mit Margarete sprechen zu können. Stattdessen saß er in Gaspares Taverne und musste sich die Schmeicheleien des Wirts und Mariangelas spöttische Reden anhören.
Als sie ihm einen weiteren Becher Wein hinstellte, vermochte sie die Zunge erneut nicht im Zaum zu halten. »Ich hoffe, Euer Freund kommt heute nicht auch noch. Zwei von Eurer Sorte wären mir wirklich zu viel.«
Falko blickte mit vorwurfsvoller Miene zu ihr auf. »Bei dir haben die Eltern zu sehr die Rute geschont, und so bist du ein vorlautes und unverschämtes Ding geworden. So eine wie dich würde ich nicht einmal für eine Nacht nehmen, geschweige denn ihr anbieten, für längere Zeit meine Bettmagd zu sein.«
»Nicht einmal für eine Nacht? Dann ist es gut! Bleibt bei dieser Meinung, und wir werden uns gut vertragen. Sollten Eure Hände sich jedoch dorthin verirren, wo sie nichts zu suchen haben, setze ich Euch den nächsten Weinkrug auf den Kopf.« Mariangela verließ lachend die Wirtsstube und spottete in der Küche über den jungen Ritter, der ihren Worten nach ein Gesicht zog, dass einem die Milch sauer werden konnte.
Gaspare schüttelte den Kopf. »Er ärgert sich gewiss, weil du so abweisend zu ihm bist. Dabei ist er ein stattlicher Mann – und arm ist er auch nicht. Du würdest ein schönes Sümmchen von ihm bekommen. Vielleicht solltest du mit ihm nach Germanien ziehen. Deine Söhne könnten dort einmal tapfere Ritter werden und deine Töchter edle Damen.«
»Knechte und Mägde meinst du wohl, wenn nicht noch Schlimmeres. Nein, ich eigne mich nicht zur Hure«, entgegnete Mariangela zornig.
Marioza sah ihre Tochter durchdringend an. »Herrn Falko solltest du tatsächlich nicht nehmen. Für den wärst du nur ein Mädchen für eine Nacht. Doch Herr Hilbrecht hegt tiefere Gefühle für dich, über die du nicht spotten solltest. Als jüngerer Sohn kann er zudem seinen Neigungen folgen, denn er hat Brüder, welche die Familie standesgemäß fortsetzen können. Er kann eigenen Besitz erwerben und diesen an deine Kinder vererben.«
Mariangela glaubte, nicht richtig zu hören. »Mama, was ist mit dir los? Seit wann redest du mir zu, in Schande mit diesem Hilbrecht zusammenzuleben?«
»Es ist keine Schande, mein Kind. Viele hohe Herrschaften leben mit Frauen aus dem Volk zusammen und sorgen gut für die gemeinsamen Kinder.«
»Deine Mutter hat recht«, stimmte Gaspare seiner Frau eifrig zu. »Herr Hilbrecht würde dich auf Händen tragen. Du wärst keine Gastwirtstochter mehr, sondern eine feine Dame.«
»Zu einer solchen eigne ich mich nicht. Ich sage, was ich denke, und schlage auch nicht schamvoll die Augen nieder, wenn jemand einen anzüglichen Witz erzählt.«
Mariangela nahm einen vollen Weinkrug, um ihn nach draußen zu bringen, obwohl niemand danach gerufen hatte, denn so ganz ging das Gerede der Eltern nicht an ihr vorbei. Immerhin hatte Hilbrecht von Hettenheim sie vor einer brutalen Vergewaltigung gerettet und dafür nicht den geringsten Lohn erhalten.
»Er ist ein Edelmann, und ich bin ein Mädchen aus dem Volk. Es würde nicht gutgehen«, rief sie sich selbst zur Ordnung und stellte einem eben eingetroffenen Gast den Weinkrug vor die Nase.
»Lasst es Euch munden!«, sagte sie und dachte, dass das Leben auf Erden leichter wäre, wenn es keine Männer gäbe.
15.
K urz darauf betrat Pater Luciano die Terrasse, spendete den dort versammelten Gästen seinen Segen und trat in die Gaststube, in der sich Falko als einziger Gast aufhielt.
»Ist es erlaubt?«, fragte er und setzte sich zu ihm, als dieser nickte.
»Ich hoffe, du befindet dich wohl, mein Sohn«, fuhr er fort, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
»Ich kann nicht klagen!« Falko war nicht in der Stimmung, dem Pater Rede und Antwort zu stehen.
»Vor einigen Wochen sind wir schon einmal hier gesessen. Damals habe ich dich für einen wackeren jungen Mann gehalten, der einen klügeren Kopf auf den Schultern trägt als die meisten Menschen«, sagte der Pater leise.
»Und jetzt habt Ihr wohl Eure Meinung über mich geändert, hochwürdiger Herr?«, fragte Falko mit hart werdenden Gesichtszügen.
»Noch bin ich mir nicht sicher. Allerdings hast du dich mit deinen Freunden zerstritten, die es gut mit dir meinen, und stellst einem denkbar ungeeigneten Mädchen nach.«
»Wenn Ihr Mariangela meint: Die ist vor mir sicher!« Falko lachte verkrampft und nahm den Weinbecher zur Hand. Doch
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