Toechter Der Suende
gelingt das niemals!« Der Anblick der halbnackten Zwergin hatte Antonio Caraciolos Blut erhitzt, und er wünschte sich, Francesca ebenso sehen zu können. Leicht, das wusste er, würde dies nicht werden, denn als junges Mädchen von Stand wurde sie beinahe rund um die Uhr überwacht. Nun, das reizte ihn eher zusätzlich. Daher wies er den Schenk an, auch Annunzia und den beiden Dienern Wein einzuschenken, und wandte sich wieder Francesca zu.
»Ich muss Euch wiedersehen, Contessa. Schlagt es mir nicht ab, sonst würde ich vor Gram sterben!«
Da sich sein Arm von Annunzia unbemerkt an Francescas Taille verirrte, begriff diese durchaus, was der Edelmann im Schilde führte. Ihr war nicht danach, ihre Tugend für einen Cirio d’Specchi aufzubewahren, und aus diesem Grund wollte sie die Bekanntschaft mit dem feurigen Neapolitaner vertiefen.
»Ich werde meine Gebete morgen Nachmittag in der Kapelle der heiligen Witwe Irene verrichten«, raunte sie Caraciolo zu.
»Auch ich werde morgen Nachmittag dort beten!« Der Edelmann lächelte zufrieden. Frühere Generationen der Orsinis hatten die Kapelle zu Ehren Irenes, der Witwe des heiligen Castulus und Retterin des heiligen Sebastian, erbauen lassen. Einmal im Monat wurde in ihr eine Gedenkmesse abgehalten, aber in der übrigen Zeit beteten nur gelegentlich ein paar alte Weiber dort. Daher war die Kapelle für gewisse Abenteuer geeignet, und er hatte bereits die Bekanntschaft mit dem Küster geschlossen, dem die Sorge für die Kapelle übertragen worden war. Er konnte also sicher sein, von diesem die Schlüssel der kleinen Sakristei zu erhalten und dort nicht gestört zu werden.
Einen Augenblick erwog er eine Heirat mit Francesca, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Zwar war sie eine Orsini, entstammte aber einem einflusslosen Seitenzweig der Familie, der ihm auf seinem weiteren Weg nicht von Nutzen sein konnte. Mit der Absicht, am nächsten Tag eine angenehme Stunde mit dem Mädchen zu verbringen, verabschiedete er sich mit einer Verbeugung und schritt beschwingt davon.
Sie sah ihm nach und fragte sich, ob sie wirklich zur angegebenen Stunde in der Kapelle sein sollte. Diese lag ein wenig versteckt und wurde nur selten benutzt. Gerüchten zufolge sollten sich dort manchmal sogar heimliche Liebespaare treffen und Dinge tun, die sich für einen ehrlichen jungen Mann und ein sittsames Mädchen nicht gehörten. Dann aber warf sie trotzig den Kopf in den Nacken und forderte Annunzia auf, ihr eine Sänfte zu rufen.
20.
W ährend Francesca Orsini in Rom mit Antonio Caraciolo zusammensaß und Wein trank, ritt Bruno von Reckendorf durch das hügelige Land am Main und blickte zu Kibitzstein hinüber. Selbst aus der Entfernung konnte er erkennen, dass dort Menschen lebten, die ihren Bauern nicht das letzte Huhn vom Hof holen mussten, um Fleisch auf den Tisch zu bekommen. Die Burganlage war zwar nicht übermäßig groß, für einen freien Reichsritter aber stattlich genug. Vor allem wurde die Wehranlage sehr gut in Schuss gehalten.
Ein Hauch widerwilliger Anerkennung stieg in dem Junker auf, doch er unterdrückte diese Regung sofort wieder. Dort drüben befand sich nichts als Wirts-und Krämergesindel, das davon lebte, andere über den Löffel zu balbieren. Daher hielt er den Vorschlag des Fürstbischofs, seine Halbschwester Falko Adler zur Frau zu geben, für absurd. Um diese Verbindung zu verhindern, würde er das Mädchen nach seiner Rückkehr aus Rom so schnell wie möglich mit einem anderen verheiraten.
Der von ihm erwählte Bräutigam erwartete ihn kurze Zeit später vor den Toren der Stadt Volkach. Zwar hätte Reckendorf sich einen mächtigeren und einflussreicheren Mann zum Schwager gewünscht als Siffer Bertschmann. Doch das hatte Gottfried Schenk zu Limpurg ihm mit seinem närrischen Plan verdorben.
Bertschmann bemerkte den harten Zug auf der Miene seines Herrn und wies in die Richtung, in der Kibitzstein lag. »Ärgert Ihr Euch immer noch über die Sippe da?«
»Mehr denn je!« Bruno von Reckendorf ballte drohend die Faust, ließ sie dann aber wieder sinken und sah seinen Kastellan durchdringend an. »Was habt Ihr über die Kibitzsteiner in Erfahrung gebracht?«
»Die Witwe ist wie erwartet zum Markt nach Schweinfurt aufgebrochen.«
»Wer begleitet sie?«, fragte Reckendorf angespannt.
»Ihre jüngste Tochter, Hildegund oder so ähnlich …«
»Hildegard«, unterbrach Junker Bruno seinen Gefolgsmann, wobei er den Namen des Mädchens wie einen Fluch
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