Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
oder?«
»Nein. Ich gebe zu, ich war einigermaßen überrascht, aber es stört mich nicht. Mir ist klargeworden, daß ich Josephs Fähigkeiten als Geschäftsführer der Galerie immer als gegeben hingenommen habe, ohne das ganze Ausmaß seiner Leistung zu sehen. Morgen kommt er zurück, wofür ich wirklich dankbar bin.«
»Wenn es also nicht um die beiden geht, worum geht es dann?«
»Hast du in letzter Zeit etwas von deinem Onkel Niall gehört?«
»Brianna ist diejenige, der er schreibt, da sie auch diejenige ist, von der er eine Antwort auf seine Briefe bekommt. Er hat ihr geschrieben, daß er nach Dublin wollte und daß er auf dem Rückweg versuchen würde, bei uns hereinzuschauen. Hast du ihn in Dublin vielleicht gesehen?«
»Gesehen?« Mit einem erbosten Schnauben sprang Rogan von dem Stuhl, auf den er gerade erst gesunken war. »Ich komme überhaupt nicht mehr in die Nähe meiner Großmutter, ohne daß ich dabei ständig über ihn stolpere. Er hat sich vor zwei Wochen bei ihr einquartiert, und nun müssen wir überlegen, was dagegen zu unternehmen ist.«
»Warum sollten wir überhaupt etwas dagegen unternehmen?«
»Hast du mir überhaupt zugehört, Maggie? Sie leben zusammen unter einem Dach. Meine Großmutter und dein Onkel …«
»Großonkel, um genau zu sein.«
»Was auch immer. Auf jeden Fall ist zwischen den beiden eine leidenschaftliche Affäre entbrannt.«
»Ach ja?« Maggie brach in beifälliges Gelächter aus. »Das ist ja wunderbar.«
»Wunderbar? Es ist vollkommen verrückt. Sie führt sich auf, als wäre sie ein frisch verliebter Teenager, sie geht tanzen, treibt sich nächtelang herum, teilt ihr Bett mit einem Mann, der Anzüge in der Farbe von Spiegeleiern trägt.«
»Du hast also etwas gegen seinen Farbgeschmack?«
»Ich habe etwas gegen ihn. Und ich habe etwas dagegen, daß er einfach so bei meiner Großmutter hereinspaziert und es sich in ihrem Wohnzimmer gemütlich macht, als gehöre er dorthin. Ich weiß nicht, was er im Schilde führt, aber daß er ihre Großherzigkeit und ihre Verwundbarkeit ausnutzt, lasse ich nicht zu. Wenn er sich einbildet, er bekäme auch nur einen einzigen Penny von ihrem Geld …«
»Moment.« Sie sprang auf wie eine gereizte Tigerin. »Vergiß
nicht, daß du von einem meiner Blutsverwandten sprichst, Sweeney.«
»Dies ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um übermäßig empfindlich zu sein.«
»Übermäßig empfindlich.« Sie stach ihm einen Finger in die Brust. »Hört, hört. Du bist doch nur eifersüchtig, weil deine Oma außer dir noch einen anderen Menschen gefunden hat, der ihr wichtig ist.«
»Das ist einfach lächerlich.«
»Es ist die Wahrheit. Meinst du etwa, ein Mann könnte kein anderes Interesse an ihr haben als nur an ihrem Geld?«
Nun hatte sie seinen Stolz auf seine Familie verletzt. »Meine Großmutter ist eine schöne, intelligente Frau.«
»Da widerspreche ich dir nicht. Und mein Onkel Niall ist kein Mitgiftjäger, falls du das meinst. Er hat mit seinen Geschäften genug Geld gemacht. Vielleicht hat er keine Villa am Mittelmeer, und vielleicht trägt er auch keine Anzüge, die irgendein verdammter Brite für ihn maßgeschneidert hat, aber er ist durchaus wohlhabend, so daß er es bestimmt nicht nötig hat, den Gigolo zu spielen, nur damit ihm irgendeine Frau ihr Vermögen vermacht. Ich lasse es nicht zu, daß du in meinem eigenen Haus derart über einen meiner Verwandten sprichst.«
»Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich bin gekommen, weil wir als ihre Angehörigen unbedingt etwas tun müssen. Die beiden haben eine Fahrt nach Galway geplant, und da sie unterwegs bei dir vorbeischauen wollen, hatte ich gehofft, daß du dann vielleicht mal mit ihm sprichst.«
»Natürlich werde ich mit ihm sprechen. Schließlich ist er ein Verwandter von mir, nicht wahr? Da kann ich ihn wohl kaum ignorieren. Aber ich mische mich bestimmt nicht in sein Privatleben ein. Du bist ein elender Snob, Rogan, und prüde obendrein.«
»Prüde?«
»Die Vorstellung, daß deine Großmutter ein ausgefülltes und befriedigendes Sexualleben hat, stößt dich ab.«
Er fuhr zusammen, als hätte sie ihm einen Hieb versetzt. »Also bitte. Das stelle ich mir lieber gar nicht erst vor.«
»Das solltest du auch nicht, denn es geht dich nicht das geringste an.« Ein versonnenes Lächeln umspielte ihren Mund. »Obwohl …«
»Tu es nicht.« Vollkommen ermattet sank er auf seinen Stuhl zurück. »Wenn es etwas gibt, was ich mir lieber nicht vorstelle, dann
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