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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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das sich fließend, beinahe schwankend nach unten ergoß. Das Stück glich tatsächlich dem Weidenbaum, von dem sie inspiriert worden war. Und auch wenn es biegsam und nachgiebig war, bliebe es sich selbst doch immer treu. Das Kunstwerk erstrahlte in einem tiefen, reinen Blau, das vom Sockel bis zu den zarten Spitzen hinauf sanft zu verblassen schien.
    Sie packte das Stück vorsichtig ein, denn es war mehr als eine Skulptur. Es war die letzte Arbeit, die direkt aus ihrem Herzen gekommen war. Nichts, was sie seither in Angriff genommen hatte, hatte die von ihr gewünschte Gestalt angenommen, und Tag für Tag hatte sie sich abgemüht, nur um dann alles wieder im Ofen einzuschmelzen. Und Tag für Tag nahm ihre Panik zu.
    Das war allein seine Schuld, sagte sie sich, während sie den Deckel der Kiste schloß. Es war seine Schuld, denn er hatte sie mit Versprechungen von Ruhm und Reichtum in Versuchung geführt, hatte ihre Eitelkeit durch einen raschen, verblüffenden Erfolg genährt, so daß sie nun blockiert und ausgetrocknet war. So hohl wie die Glasröhren, die von ihr in ein Einhorn verwandelt worden waren.
    Er hatte das Verlangen nach mehr in ihr geweckt. Er hatte das Verlangen nach ihm in ihr geweckt. Und dann war er gegangen, damit sie sah, wie es war, wenn sie nichts von alledem besaß.
    Aber sie gäbe weder auf noch nach. Sie behielte zumindest ihren Stolz. Das spöttische Dröhnen des Ofens im Ohr, setzte sie sich in ihren Arbeitsstuhl und spürte seine vertraute Form.
    Sicher hatte sie einfach zuviel gearbeitet. Sicher hatte sie sich zu sehr unter Druck gesetzt und mit jedem Stück mehr von sich verlangt. Der Zwang zum Erfolg hatte sie blockiert, und auch jetzt kam ihr unweigerlich der Gedanke, daß man ihre Werke an den nächsten Ausstellungsorten sicher als armselig empfand. Daß man sie als armselig empfand.
    Daß sie nie wieder nur zu ihrem Vergnügen nach der Glasmacherpfeife griff.
    Rogan hatte dafür gesorgt, daß sich alles veränderte. Er hatte, wie von ihr prophezeit, dafür gesorgt, daß sie sich veränderte.
    Doch wie kam es, fragte sie sich und schloß die Augen, wie kam es, daß ein Mann eine Frau dazu brachte, ihn zu lieben, indem er sie einfach verließ?
     
    »Es scheint dir prächtig zu gehen, meine Liebe.« Niall, der wie ein fröhliches Würstchen in einem seiner grellen Anzüge zu stecken schien, strahlte Brianna an. »Aber ich habe ja schon immer gesagt, daß du ein cleveres Mädchen bist. Kommt ganz nach meiner Schwester, unsere Brianna, Chrissy, das sage ich dir.«
    »Sie haben ein wunderbares Heim.« Christina ergriff das von Brianna angebotene Glas. »Und Ihr Garten ist einfach atemberaubend schön.«
    »Vielen Dank. Ich habe auch viel Freude daran.«
    »Rogan hat mir erzählt, wie sehr er seinen kurzen Aufenthalt hier genossen hat.« Angesichts des wärmenden Feuers
und des anheimelnden Lampenlichts stieß Christine einen wohligen Seufzer aus. »Und ich verstehe, warum.«
    »Sie hat einfach ein Gespür für solche Dinge.« Niall zog Brianna so fest an seine Brust, daß man hätte meinen können, er zerquetsche sie. »Weißt du, das liegt ihr im Blut, jawohl, im Blut.«
    »Den Eindruck habe ich auch. Ich habe Ihre Großmutter sehr gut gekannt.«
    »Chrissy war ständig bei uns im Haus.« Niall blinzelte. »Obwohl sie mir nie aufgefallen ist. Sie war einfach zu schüchtern.«
    »Wohingegen du wahrscheinlich kaum weißt, wie man das Wort Schüchternheit überhaupt schreibt«, stellte Christine lachend fest. »Ich war dir einfach lästig, sonst nichts.«
    »Falls es so war, habe ich es mir inzwischen anders überlegt.« Er beugte sich zu ihr hinüber und gab ihr unter Briannas neugierigem Blick einen herzhaften Kuß auf den Mund.
    »Und dafür hast du über fünfzig Jahre gebraucht.«
    »Mir kommt es wie gestern vor.«
    »Nun …« Brianna räusperte sich. »Ich nehme an, ich sollte … oh, ich glaube, das sind Mutter und Lottie«, fuhr sie fort, als sie aus dem Korridor laute Stimmen vernahm.
    »Sie fahren wie eine Blinde«, beschwerte sich Maeve. »Eher gehe ich zu Fuß nach Ennis zurück, als daß ich noch einmal zu Ihnen in den Wagen steige.«
    »Wenn Sie es besser können, dann fahren Sie doch selbst. Das gäbe Ihnen wenigstens ein gewisses Gefühl der Unabhängigkeit.« Offenbar ungerührt kam Lottie ins Wohnzimmer spaziert, wobei sie einen dicken Schal von ihrem Hals zu wickeln begann. »Es ist ziemlich frisch heute abend«, verkündete sie lächelnd, und ihre geröteten Wangen

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