Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
oder nicht.« Maggie musterte ihre Schwester mit schräggelegtem Kopf. »Sie hat dafür gesorgt, daß du letzte Nacht nicht zur Ruhe gekommen bist.«
»Sie konnte nicht schlafen.« Verlegen wandte sich Brianna dem Hühnchen zu. »Sie hatte einen ihrer Migräneanfälle.«
»Ah, ja.« Maggie erinnerte sich nur allzugut an die Migräneanfälle ihrer Mutter und daran, daß eine derartige Attacke immer zu einem Maeve genehmen Zeitpunkt gekommen war. Ein Streit, in dem sie auf der Verliererseite stand: Sofort ging das Pochen los. Ein Familienausflug, der ihr nicht gefiel: Umgehend fesselte sie der Kopfschmerz ans Bett.
»Ich weiß, wie sie ist, Maggie.« Allmählich fing Briannas eigener Kopf zu schmerzen an. »Aber deshalb ist und bleibt sie trotzdem meine Mutter, ob es mir nun paßt oder nicht.«
Die heilige Brianna, fuhr es Maggie erneut, doch dieses Mal voller Zuneigung, durch den Kopf. Ihre Schwester mochte mit ihren siebenundzwanzig Jahren ein Jahr jünger als sie sein, aber schon immer hatte sie das ausgeprägtere Verantwortungsbewußtsein an den Tag gelegt. »Ebenso wie du trotz aller Dinge du selber bleibst, Brie.« Maggie drückte ihrer Schwester einen Kuß auf die Stirn. »Dad hat immer gesagt, du bist der gute Engel und ich das schwarze Schaf. Nun, zumindest in diesem Punkt hat er recht gehabt.« Sie schloß kurz die Augen, doch dann sah sie Brianna wieder an. »Sag Mr. Sweeney, daß er morgen früh zu mir kommen soll.«
»Dann nimmst du sein Angebot also an?« fragte Brie.
Maggie fuhr zusammen, als hätte man ihr einen Schlag versetzt. »Ich werde mit ihm reden, das ist alles«, sagte sie, und mit diesen Worten trat sie aus der Küche in den Regen hinaus.
Wenn Maggie eine Schwäche hatte, dann ihre Familie. Und aufgrund dieser Schwäche hatte sie erst weit nach Mitternacht die Augen zugemacht und war noch vor Anbruch der kalten,
düsteren Dämmerung wieder aufgewacht. Nach außen tat sie gerne so, als empfände sie nur sich selbst und ihrer Kunst gegenüber so etwas wie Verantwortungsgefühl, aber unter der rauhen Oberfläche verspürte sie eine beständige, inbrünstige Liebe zu ihrer Familie, und mit dieser Liebe gingen für sie oft bittere Verpflichtungen einher.
Es gab diverse Gründe, weshalb ihr Rogan Sweeneys Angebot mißfiel. Erstens aus Prinzip, denn in ihren Augen waren Kunst und Geschäft zwei Dinge, die man besser nicht verband; zweitens weil ihr der wohlhabende, allzu selbstbewußte, blaublütige Kerl nicht lag; und drittens, weil alles andere ein Eingeständnis gewesen wäre, daß sie zu eigenständigen Geschäftsabschlüssen nicht fähig war.
Oh, es war wirklich bitter für sie.
Sie würde sein Angebot annehmen. Diesen Entschluß hatte sie irgendwann im Verlauf der langen, ruhelosen Nacht gefaßt. Wenn Rogan Sweeney sie unbedingt reich machen wollte, dann sollte er.
Nicht, daß sie ohne ihn nicht genug bekam. Sie lebte von ihrer Arbeit und lebte nicht schlecht. Seit über fünf Jahren war sie eine finanziell unabhängige Frau, und auch Briannas Frühstückspension war ein solcher Erfolg, daß die Führung zweier Haushalte keine übermäßige Belastung für sie war. Doch für einen dritten Haushalt reichte es nicht.
Maggies Ziel, das hieß, ihr Heiliger Gral, war, daß ihre Mutter eine eigene Wohnung bekam. Und wenn Rogan ihr hinsichtlich der Erreichung dieses Ziels nützlich wäre, käme er ihr gerade recht.
Während draußen der Regen lautlos, aber beständig auf die Felder niederging, stand sie in ihrer Küche, kochte Tee und dachte darüber nach, wie er sich wohl am besten um den Finger wickeln ließ.
Sie mußte clever sein, dachte sie. Rogan Sweeney gegenüber legte sie am besten eine Mischung aus künstlerischer
Herablassung und weiblicher Schmeichelei an den Tag. Die Herablassung wäre kein Problem für sie, aber was die Schmeichelei betraf, so wäre eine gewisse Überwindung erforderlich.
Sie stellte sich vor, wie Brianna kochte, den Garten pflegte, zusammengerollt mit einem Buch vor dem Feuer saß – ohne daß die wehleidige, fordernde Stimme ihrer Mutter dazwischendrang. Brianna würde heiraten und Kinder bekommen, was ihr heimlicher Wunschtraum war und das auch bliebe, solange sie die Verantwortung für ihre chronisch hypochondrische Mutter empfand.
Obgleich Maggie das Bedürfnis ihrer Schwester, sich an einen Mann und ein halbes Dutzend Kinder zu binden, nicht verstand, würde sie doch alles in ihrer Macht Stehende tun, um Brianna bei der Erfüllung dieses
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