Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
Wutanfällen neigt.«
»Wodurch er, abgesehen von seiner Nationalität, viel mit mir gemeinsam hat. Sagen Sie, ziehe ich morgen in ein Hotel?«
Er hatte bereits ausführlich darüber nachgedacht. Auf jeden Fall wäre es wesentlich bequemer für ihn, wenn sie in einer Suite im Westbury untergebracht wäre. Bequemer und langweiliger, dachte er. »Sie können auch gern im Gästezimmer bleiben, wenn es Ihnen dort gefällt.«
»Und ob es mir dort gefällt.« Sie pikste eine winzige neue Kartoffel auf und sah ihn an. Er wirkte entspannt. Wie ein selbstzufriedener König auf seiner Burg. »Leben Sie ganz allein in diesem großen Haus?«
»Allerdings.« Er zog eine Braue hoch. »Macht Ihnen das vielleicht angst?«
»Angst? Ach, Sie meinen, weil Sie eines lüsternen Abends vielleicht an meine Tür klopfen könnten, ja?« Ihr vergnügtes Kichern erboste ihn. »Dann kann ich immer noch ja oder nein sagen, Rogan, ebenso wie Sie es können, falls mir der Sinn nach einem derartigen Antrag steht. Nein, ich habe nur gefragt, weil es mir für einen einzelnen Menschen ein bißchen groß erscheint.«
»Es ist mein Zuhause«, sagte er steif. »Ich habe schon immer hier gelebt.«
»Es ist schön.« Sie schob das Tablett zurück, stand auf und wandte sich dem Sideboard zu, wo sie prüfend die verschiedenen Karaffen an ihre Nase hob. Angesichts des angenehmen Whiskeydufts seufzte sie, schenkte sich etwas ein und kehrte, das Glas in der Hand, zu ihrem Sessel zurück. »Prost«, sagte sie und leerte das Glas in einem Zug, so daß sich die feurige Flüssigkeit einen Weg durch ihre Kehle zu brennen schien.
»Möchten Sie vielleicht noch einen?« »Einer genügt mir, vielen Dank. Einer wärmt die Seele, ein zweiter das Hirn, hat mein Vater oft gesagt, und ich behalte lieber einen kühlen Kopf.« Sie stellte das leere Glas auf das Tablett und lehnte sich gemütlich in ihrem Sessel zurück, wobei sich ihr abgetragener Flanellmorgenrock über ihren Knien öffnete. »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Welche Frage?«
»Wer Sie sind.«
»Ich bin Geschäftsmann, was mir von Ihnen ja bereits oft genug vorgehalten worden ist.« Fest entschlossen, nicht noch einmal in Richtung ihrer nackten Beine zu sehen, lehnte er sich zurück. »Und zwar bereits in der dritten Generation. Die Liebe und Ehrfurcht vor der Kunst wurden mir mit in die Wiege gelegt.«
»Und diese Liebe und Ehrfurcht wurden von der Aussicht auf fette Gewinne noch vertieft.«
»Genau.« Er schwenkte seinen Brandy, nippte daran und sah ganz wie der Mann aus, der er war. Mit dem Leben zufrieden und die Annehmlichkeiten des Reichtums gewohnt. »Natürlich erfüllt einen bereits das Erzielen fetter Gewinne mit einer gewissen Zufriedenheit, aber ich muß sagen, daß man durch die Förderung eines Nachwuchstalents auch noch eine andere, eine eher geistige Befriedigung erfährt. Vor allem,
wenn es sich um einen Künstler oder eine Künstlerin handelt, an den oder die man von ganzem Herzen glaubt.«
Maggie kam zu dem Schluß, daß er allzu zuversichtlich war, allzu sicher, was ihn und seinen Platz in der Welt betraf. Und diese Sicherheit forderte geradezu dazu heraus, daß man sie ein wenig ins Wanken geraten ließ.
»Ich bin also hier, um Sie zu befriedigen, ja?«
Er begegnete ihrem Blick und nickte mit dem Kopf. »Und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, daß Sie genau das tun werden, Maggie. Und zwar auf jedem Gebiet.«
»Aha.« Sie hatte sich auf ein gefährliches Terrain vorgewagt, aber hier in diesem ruhigen Zimmer, so wach und ausgeruht, hatte sie einfach den unwiderstehlichen Drang verspürt, dafür zu sorgen, daß seine kühle Selbstgefälligkeit einen Dämpfer erhielt. »Und natürlich sind Sie derjenige, der die Zeit und den Ort bestimmt?«
»Ich glaube, daß der Tradition gemäß schon immer der Mann derjenige war, der über den richtigen Zeitpunkt für einen derartigen Vorstoß entschied.«
»Ha!« Wütend bohrte sie ihm einen Finger in die Brust. Bei diesem Satz hatte sich jeder noch so flüchtige romantische Gedanke in ihrem Hirn in Rauch aufgelöst. »Schieben Sie sich Ihre Traditionen doch sonstwohin. Mich jedenfalls haben sie nie auch nur die Bohne interessiert. Aber vielleicht interessiert es Sie ja zu erfahren, daß kurz vor Anbruch des einundzwanzigsten Jahrhunderts Frauen ebenfalls zu gewissen Entscheidungen in der Lage sind. In der Tat haben das diejenigen unter uns, die schlau genug waren, schon seit Anbeginn der Zeit getan, und die
Weitere Kostenlose Bücher