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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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niemand außer mir selbst gezwungen ist.« Sie hob eine Hand und überraschte ihn, indem sie ihm sanft über die Wange fuhr. »Ich denke daran, mit Ihnen zu schlafen, Rogan, und wir beide wissen es. Aber ich bin nicht so wie Ihre ehrenwerte
Mrs. Hennessy, die nach einem Ehemann Ausschau hält, der sie durchs Leben führt.«
    Er legte seine Finger um ihr Handgelenk, überrascht und erfreut, als ihr Puls unregelmäßig zu schlagen begann. »Und was suchen Sie?«
    Normalerweise hatte sie auf diese Frage sofort eine Antwort parat, aber die Heftigkeit, mit der ihr Herz pochte, irritierte sie derart, daß sie die Antwort für einen Augenblick vergaß. »Wenn ich es weiß, sage ich Ihnen Bescheid.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuß. »Fürs erste gefällt mir die Situation so, wie sie ist.«
    Sie nahm ihm die Skizze aus der Hand und sammelte die anderen Blätter ein.
    »Margaret Mary«, sagte er, als sie sich zum Gehen wandte. »Wenn ich Sie wäre, würde ich mir die Farbe von der Backe wischen.«
    Sie verzog das Gesicht und sah schielend auf den roten Fleck. »Ach, was soll’s«, murmelte sie, verließ den Raum und warf die Tür hinter sich ins Schloß.
    Von diesem letzten Seitenhieb hatte er sich eine gewisse Genugtuung erhofft, aber statt dessen war er erbost, weil er sich von ihr so leicht aus der Fassung bringen ließ. Er hatte einfach keine Zeit, um sich mit den Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, die sie in seinem Privatleben hervorrufen konnte.
    Am liebsten hätte er sie in ein ruhiges Zimmer gezerrt und all seinen Frust, seine Lust und seine schmerzliche Begierde abreagiert. Hätte er sie oder zumindest die Situation erst einmal im Griff, dann fände er bestimmt sein inneres Gleichgewicht zurück.
    Doch es gab wichtigere Dinge, und am wichtigsten war im Augenblick sowohl vertragsgemäß als auch aus moralischer Sicht die Verbreitung ihrer Kunst.
    Er blickte auf eins ihrer Bilder, das noch auf dem Schreibtisch lag. Es sah aus, als hätte sie es eilig hingeworfen, mit
schnellen Strichen und kühnen Farben, deren unüberlegte Brillanz die Aufmerksamkeit des Betrachters erzwang.
    Die Zeichnung ließ sich ebensowenig ignorieren wie die Künstlerin selbst, dachte er, und auch wenn er eilig und mit entschlossenen Schritten den Raum verließ, blieben doch das Bild und der Geschmack ihrer Lippen lebendig in seiner Erinnerung zurück.
    »Mr. Sweeney. Sir.«
    Mit einem unterdrückten Seufzer blieb Rogan in der Eingangshalle stehen. Er kannte den mageren, grauhaarigen Mann, der ihm, eine zerfledderte Aktentasche in den Händen, schüchtern gegenübertrat.
    »Aiman«, begrüßte er den ärmlich gekleideten Mann mit demselben freundlichen Ton, mit dem er auch seine in Seidenanzüge gehüllten Kunden empfing. »Ich habe Sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.«
    »Ich habe gearbeitet.« Aimans linkes Augenlid schien ständig nervösen Zuckungen ausgesetzt zu sein. »Ich habe eine Menge neuer Bilder, Mr. Sweeney.«
    Vielleicht hatte er tatsächlich gearbeitet, dachte Rogan. Getrunken hatte er auf jeden Fall. Das war seinen geröteten Wangen, den rot geränderten Augen und den zitternden Händen deutlich anzusehen. Aiman war kaum dreißig Jahre alt, aber der Alkohol hatte einen alten, schwachen und verzweifelten Mann aus ihm gemacht.
    Um anderen Galeriebesuchern nicht im Weg zu sein, hatte er sich diskret abseits der Eingangstür postiert. Seine Finger öffneten und schlossen sich um die alte Aktentasche, und er sah Rogan flehend an.
    »Ich hatte gehofft, Sie hätten vielleicht Zeit, um sich die Bilder anzusehen, Mr. Sweeney.«
    »Ich eröffne morgen eine neue Ausstellung, Aiman. Eine ziemlich große sogar.«
    »Ich weiß. Ich habe es in der Zeitung gelesen.« Aiman befeuchtete
sich nervös die Lippen. Den letzten Rest seines mit Straßenverkäufen verdienten Geldes hatte er am Vorabend in einem Pub durchgebracht. Er hatte gewußt, daß es der reine Wahnsinn, daß es abgrundtiefe Dummheit war, denn nun brauchte er dringend hundert Pfund für die Miete, wollte er nicht innerhalb einer Woche auf der Straße stehen. »Ich könnte Ihnen die Bilder dalassen, Mr. Sweeney. Ich käme dann Montag zurück. Ich – ich habe ein paar gute Sachen dabei. Ich wollte, daß Sie der erste sind, der sie zu sehen bekommt.«
    Rogan fragte nicht, ob Aiman in finanziellen Schwierigkeiten war. Die Antwort war offensichtlich, und die Frage brächte ihn nur unnötig in Verlegenheit. Er war ein vielversprechender

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