Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
kaputt sein würde.«
Es hat sicherlich schon Tage gegeben, an denen ich mir gewünscht habe, dass es mit Maura einfacher wäre. Aber dann wäre sie nicht Maura, nicht wahr? Wer sonst würde die Handlungen der Romane nachspielen, die ich niemals lesen werde? Wer sonst würde derbe Lieder singen und die Möbel im Wohnzimmer an die Wände rücken, um mit mir zu tanzen?
Ich sehe hinüber zu den fünf kleinen Grabsteinen und am letzten Stein bleibt mein Blick hängen. Danielle. Sie wäre jetzt drei: ein Kleinkind, das polternd durchs Haus laufen würde. Wie es wohl wäre,wenn sie überlebt hätte? Wenn Vater sich um einen Säugling hätte kümmern müssen, wäre er dann mehr zu Hause geblieben oder hätte er wieder geheiratet und uns an jemand anderen abgeschoben?
»Wir können uns nicht aussuchen, wen wir lieben. Oder aufhören, jemanden zu lieben, wenn die Person schwierig wird.«
»Nein«, seufzt Sachi und wendet sich mir zu. »Ich wusste, du würdest mich verstehen.«
Sie sieht mich erwartungsvoll an. Eine Wolke schiebt sich vor den Mond und hüllt uns in Dunkelheit. Ich beobachte das orangefarbene Flackern der Laterne. Ich weiß nicht, was Sachi von mir erwartet. Bin ich verpflichtet, nur weil sie mich ins Vertrauen gezogen hat, ihr den gleichen Gefallen zu erweisen? Ich weiß nicht, wie Freundschaft zwischen Frauen funktioniert. Erwartet sie von mir, dass ich ihr auch etwas Vertrauliches erzähle?
»Es war nicht Paul, den ich geküsst habe«, sage ich schließlich. »Er hätte es sein sollen. Er hat um meine Hand angehalten. Aber es war Finn Belastra.«
Sachi lacht. »Der Buchhändler? Ist er nicht ein bisschen – «
»Wenn du sagst, unter meiner Würde, schlage ich dich.«
»Ich wollte sagen: ernst. Er sieht ziemlich ernst aus!«, protestiert sie. »Ich kann nicht glauben, dass du das für dich behalten konntest. Was hast du jetzt vor?«
Stöhnend lehne ich mich gegen den Grabstein. »Ich weiß es nicht. Es sind jetzt noch neun Wochen. Fünf, bis dein Vater mich an Bruder Anders vergibt.«
Sachi schaudert es. »Das ist ekelhaft.«
»Ich weiß. Aber ich kann doch nicht Paul heiraten, wenn ich einen anderen liebe.«
Sachi packt mich an der Schulter. »Natürlich kannst du das. Um deiner selbst willen. Glaubst du etwa, ich liebe Renjiro?« Sie lacht, es klingt wie Rorys Lachen, verbittert und freudlos. »Tue ich nicht. Er ist ein Idiot. Aber wir tun, was wir tun müssen, und es könnte wahrhaftig schlimmer sein.«
Wir könnten in Harwood sein. Niedergeschlagen sitzen wir schweigend nebeneinander. »Ja, wahrscheinlich.«
»Du hast eine Menge Geheimnisse, Cate Cahill. Ich hatte eigentlich gedacht, du würdest mir etwas anderes erzählen«, sagt Sachi.
Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Was meinst du damit?«
»Deine Schwestern. Eine von beiden ist eine Hexe«, ermuntert mich Sachi.
»Nein.« Ich ziehe meinen Mantel fester um mich. »Wie kommst du darauf?«
»Du hast gesagt, deine Magie ist außer Kontrolle geraten, und du konntest es nicht allein rückgängig machen. Du bist damit nicht zu Rory oder zu mir gekommen. Und du würdest damit nur zu einer anderen Hexe gehen. Wen gibt es noch außer uns?«
Meine Gedanken arbeiten wie wild, als ich versuche, mir eine gute Erklärung einfallen zu lassen. Ganz gleichgültig, wie nett und offen Sachi mir gegenüber ist, sie ist immer noch Bruder Ishidas Tochter. Es ist eine Sache, ihr meine eigenen Geheimnisse anzuvertrauen. Das kann niemandem außer mir schaden.
Da hören wir ein lautes Spritzen, begleitet von verrücktem Gegacker, und dann Rorys klagende Stimme. »Sachi!«
Froh über die Unterbrechung springe ich auf. »Der Teich ist eiskalt. Sie wird sich den Tod holen.«
Sachi zieht ihren Mantel enger um die Schultern. »Du musst es mir ja nicht jetzt erzählen. Aber ich möchte, dass du weißt, dass du mir vertrauen kannst, Cate. Wenn du mich jemals brauchen solltest, werde ich dir helfen. Solange es Rory nicht in Gefahr bringt.«
»Danke. Ich werde daran denken«, sage ich.
Aber ich hoffe, dass ich ihre Hilfe niemals brauchen werde.
In dieser Nacht träume ich, bei einem von Mrs Ishidas Nachmittagstees zu sein. Ich trage Marianne Belastras furchtbares rostfarbenes Kleid. Es ist gestärkt, und es piekst. Jedes Mal, wenn ich mich bewege, knistern die Röcke so laut wie ein knackendes Feuer, und alle sehen mich an. Sachi und Rory stecken die Köpfe zusammen und flüstern hinter vorgehaltener Hand, und ich weiß, dass sie über mich reden.
Was
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