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Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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Aber das ist es«, behauptet Bruder Sutton. »Angenommen, eure Großmutter hat eurer Mutter die Vase zur Hochzeit geschenkt. Oder sie hat ihr die Vase zusammen mit den letzten Worten ihrer mütterlichen Liebe auf dem Sterbebett vermacht. Was, wenn diese Erinnerungen nun auch verschwunden sind? Gedankenmagie ist nie etwas Gutes, Mädchen. Sie ist immer eigennützig und böse.«
    Ich habe jetzt schon zweimal in die Erinnerung von jemandem eingegriffen. Beide Male war ich davon überzeugt, dass es gerechtfertigt war. Aber indem ich uns beschützt habe, habe ich den anderen verletzt. Möglicherweise war Vaters Gedanke daran, mich aufs Internat zu schicken, an seine Erinnerung von mir als Säugling geknüpft, an meine ersten Worte oder Schritte, oder an kostbare Momente mit Mutter an meiner Wiege?
    Und Finn. Ich werde niemals erfahren, was für Erinnerungen ich zusammen mit den Federn ausgelöscht habe. Vielleicht eine Erinnerung an einen Jagdausflug mit seinem verstorbenen Vater oder an sein Lieblingsbuch oder ein anderes gehegtes Andenken. Ich bete die ganze Zeit nur: Bitte, bitte lass ihn sich an unseren Kuss erinnern.
    Ich bin in vielerlei Hinsicht schlecht.
    »Cate?« Maura stößt mich mit dem Ellbogen an. Der Unterricht ist vorbei und die Mädchen stehen auf, strecken sich und gehen zu den Bänken, wo sie üblicherweise mit ihren Familien sitzen. »Elena und ich wollen uns ein bisschen die Beine vertreten. Magst du mitkommen?«
    »Nein, danke.« Ich stehe auf, um sie hinauszulassen, dann setze ich mich wieder und schaue entschlossen nach vorn. Ich würde mich gern umdrehen und nach Finn Ausschau halten, aber ich tue es nicht. Ich weiß es besser – und habe Wichtigeres, worüber ich mir Sorgen mache.
    Sachi und Rory halten am Ende meiner Kirchenbank in ihrer Promenade inne. »Guten Morgen, Miss Cahill!«, zirpt Sachi.
    »Dürfen wir uns für den Gottesdienst zu Ihnen setzen?«, fragt Rory. Ich kann wohl schlecht Nein sagen. Sie wartet aber auch gar nicht auf meine Antwort, sondern drängt sich mit ihrem gelben Taftrock, der unglaublich viel Platz einnimmt, neben mich. Sachi zwängt sich hinter ihr in die Reihe. Gut, dass Vater nicht da ist . Er würde niemals auch noch hineinpassen. Aber warum wollen die beiden unbedingt bei uns sitzen? Normalerweise sitzen sie mit Mrs Ishida und den Winfields in den ersten Reihen. Tess starrt mich entgeistert an, aber rückt auf, um Platz zu machen.
    »Haben Sie nach der Kirche schon etwas vor?«, fragt Rory. Ihre Wangen sind auffällig rosig, obwohl die Bruderschaft sich ganz klar dagegen ausspricht, dass Frauen sich schminken. »Hätten Sie Lust, auf einen Tee mit zu mir zu kommen?«
    Ich bin erstaunt über die plötzliche Aufmerksamkeit und schüttele den Kopf. Wir kennen uns, seit wir Kinder waren – warum interessieren sich die beiden auf einmal so für mich? Ist es wirklich nur, weil ich neue Kleider habe und mir ein Mann Beachtung schenkt?
    »Bitte, sagen Sie Ja«, sagt Sachi und klimpert mit ihren dichten, dunklen Wimpern. »Wir würden gern etwas mit Ihnen besprechen.«
    Das hört sich verhängnisvoll an – und sehr mysteriös. Ich wage es nicht, Nein zu sagen.
    »Ich … ja. Gerne.«
    »Wunderbar. Aber bringen Sie Ihre Schwester nicht mit. Nur wir drei. Es wird sehr vertraulich sein.«
    Als Maura und Elena wiederkommen, sind sie erstaunt, Sachi und Rory zu sehen, aber gesittet genug, nichts zu sagen. Ich bekomme von der Predigt so gut wie nichts mit, weil ich die ganze Zeit damit beschäftigt bin, über Sachis Einladung nachzudenken. Dann besteigt Cristina die Empore, um ihre Absicht zu erklären, Matthew zu heiraten. Absichtsbekundungen können eine abscheuliche Angelegenheit sein, besonders, wenn es sich um eine von den Brüdern oder den Eltern arrangierte Ehe handelt. Aber heute ist es anders. Cristina sieht wunderschön aus, ihr helles Haar ist in kunstvollen Locken hochgesteckt, und ihre kornblumenblauen Augen strahlen, als sie zu Matthew hinuntersieht, der in der zweiten Reihe hinter seinem Vater sitzt. Cristina verspricht, ihm für den Rest ihres Lebens treu ergeben zu dienen, und sein Lächeln erleuchtet die schlichte Kirche. Ein zustimmendes Raunen geht durch die Gemeinde.
    Werde ich in ein paar Wochen auch da stehen und meine Verlobung mit Paul bekannt geben?
    Wenn ich an Elenas Versprechen denke, glaube ich nicht mehr so ganz daran. Die Schwesternschaft könnte uns alle drei aufnehmen. Sie würden sicherstellen, dass wir keiner Gefahr ausgesetzt sind. Aber

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