Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
übernimmt als unbedingt notwendig. Es ist wichtig, dass du verstehst, was auf dem Spiel steht.«
Die Angst kriecht mir den Rücken hoch. Ich bin hierfür noch nicht bereit. Ich bin es zwar gewohnt, mich um meine Schwestern zu kümmern, aber für über hundert Hexen verantwortlich zu sein? Ich weiß doch gar nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie um alles in der Welt ich sie beschützen soll. Ich dachte, es würde noch Jahre dauern, bis ich an die Macht käme und die Führung übernehmen müsste!
»Ich weiß sehr wohl, was auf dem Spiel steht.« Ich stehe auf und stemme die Hände in die Hüften. Meine Angst lässt mich schnippisch werden. »Ich bin eine Hexe, meine Schwestern sind Hexen, und meine Freundinnen sind Hexen. Denken Sie etwa, ich will mit ansehen, wie Mädchen wie wir ertränkt, gehängt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden? Ich wünschte, ich wüsste, wie ich es verhindern kann, aber ich weiß es nicht! Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen.«
Schwester Cora nippt an ihrem Tee. »Wenn du dich setzt, kann ich es dir erklären.«
Ich nehme wieder auf dem großen geblümten Sessel Platz und wärme meine Hände an der neuen Teetasse, die sie mir reicht. Das Kloster ist eigentlich ein äußerst modernes Gebäude; es wurde mit Gasheizungen und Toiletten mit Wasserspülung ausgestattet. Aber die Räume haben sehr hohe Decken und gotische Bogenfenster, durch deren Rahmen der eisige Novemberwind zieht. Ein bisschen kalt ist mir hier immer.
»Du bist ein kluges Mädchen, Catherine. Ich gehe davon aus, dass dir die aktuellen Unstimmigkeiten innerhalb der Schwesternschaft nicht entgangen sind«, fängt Schwester Cora an zu erklären. »Einige sind des Wartens müde geworden. Sie sind der Ungerechtigkeiten gegenüber Hexen und Frauen überdrüssig. Und jetzt, da wir dich gefunden haben, wollen sie den offenen Krieg mit der Bruderschaft. Sie sagen, die Zeit sei reif, dass wir wieder die Macht übernehmen, und wir sollten alles dafür tun, was notwendig ist. Hast du solche Gespräche bereits verfolgt?«
»Ja, das habe ich.« Alice schwingt nach dem Abendessen gerne im Wohnzimmer solch leidenschaftliche Reden.
»Und dann gibt es diejenigen, die den rechten Augenblick abwarten wollen. Die Angst davor haben, was für Opfer so ein Krieg mit sich bringen würde. Ich gehöre zu Letzteren«, räumt Schwester Cora ein. »Ich denke, einen Krieg zu führen, bevor wir bereit sind, könnte desaströse Folgen haben.«
Ich nehme einen Schluck von meinem Tee, der köstlich und ein bisschen scharf schmeckt. Wahrscheinlich ist gemahlener Ingwer darin. »Und was sollen wir Ihrer Meinung nach in der Zwischenzeit tun?«
»Abwarten, bis du deine magischen Kräfte voll entfaltet hast. Ich habe Vertrauen in Persephone und die Prophezeiung, Catherine, auch wenn wir sie noch nicht ganz verstehen.« Auch wenn ich mich noch nicht als besonders nützlich erwiesen habe, meint sie wohl. »Und bis dahin müssen wir Informationen sammeln. Ich habe Informanten innerhalb der Bruderschaft. Einer ist Mitglied im Höchsten Rat. Er ist der direkte Nachfolger von Covington, und er arbeitet daran, dass diejenigen, die auf unserer Seite sind, in machtvolle Positionen gelangen. Das kann natürlich nicht über Nacht geschehen, aber ich halte es für den besten Weg.«
»Es ist wahrscheinlich der sicherste«, stimme ich zu. »Mit dem geringsten Risiko, dass wir alle in unseren Betten ermordet werden.«
Sie lächelt gequält. Sie muss einmal eine sehr schöne Frau gewesen sein, was ihre Gesichtszüge und die Art, wie sie den Kopf hält, immer noch erkennen lassen. »Das versuche ich zu verhindern, ja. Wir wären eindeutig im Nachteil, wenn es zu einem offenen Krieg kommen sollte. Es gibt Tausende von Brüdern – und nur ein paar Hundert von uns.«
»Aber Bruder Covington könnte noch für weitere zwanzig Jahre im Amt sein«, gebe ich zu bedenken. »Er ist sehr beliebt. Und charmant.«
»Das könnten wir ändern. Die Dinge geraten in Bewegung, Catherine. Das Volk wird langsam unzufrieden mit der harten Hand der Bruderschaft.« Mir fallen die Jungen, die mit Steinen nach O’Shea und Helmsley geworfen haben, wieder ein, und ich nicke. »Aber wenn wir zu schnell vorgehen und Angst und Schrecken verbreiten… Nun, wir dürfen die Fehler unserer Vergangenheit nicht wiederholen.«
Ich fahre mit dem Finger den Rand meiner Teetasse nach. Ihre Vorsicht gefällt mir. Wie oft hat Maura mich dafür gescholten, zu ängstlich und zurückhaltend
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