Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
zu sein. »Ich habe es nicht eilig, einen Krieg anzuführen, wenn das Ihre Frage sein sollte.«
Ihr Lächeln ist jetzt herzlicher. »Darüber bin ich sehr froh, denn ich …«
Da springt die Tür auf, und Schwester Gretchen kommt hereingepoltert. Sie ist ganz rot und außer Atem, weil sie die Treppen so schnell genommen hat. »Cora! Entschuldige bitte die Störung. Zwei Mitglieder des Stadtrats von New London sind gekommen und bitten darum, empfangen zu werden. Sie warten im Salon.«
Schwester Cora nimmt den in Leder gebundenen Kalender vom Beistelltisch und setzt sich ihre Lesebrille auf. »Wir hatten keinen Termin. Haben sie gesagt, worum es geht?«
Schwester Gretchen schüttelt den Kopf, und ihre grauen Locken tanzen. »Nein, aber O’Shea scheint kein besonders geduldiger Menschen zu sein.«
»Nein. Das ist er wahrhaftig nicht. Widerwärtige Kreatur. Hätten sie doch nur Brennan geschickt«, murrt Schwester Cora, während sie sich langsam erhebt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stützt sie sich auf die Sessellehne. »Teufel.«
Sie sieht Schwester Gretchen in die warmen haselnussbraunen Augen. Die beiden scheinen eine ganze Unterhaltung ohne Worte zu führen. Rilla hat mir erzählt, dass die beiden zusammenhalten wie Pech und Schwefel, dass sie beste Freundinnen sind, seit sie als Mädchen zusammen auf der Klosterschule waren. Wenn Mutter und Zara beide noch am Leben wären, würden sie sich dann auch mit Blicken unterhalten können?
Ob Rilla und ich das eines Tages können werden?
»Warum begleitest du uns nicht, Catherine?«, fragt Schwester Cora. »Ein unangekündigter Besuch kann nur Ärger bedeuten. Wenn nicht für uns, dann für andere. Aber es ist unbedingt erforderlich, dass du ruhig bleibst, ganz egal, was sie sagen. Kannst du mir das versprechen?«
»Ja.« Aber nervös bin ich trotzdem. Was kann die Bruderschaft zu dieser Stunde wollen? Was ist so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?
»Dann lasst uns gehen. Wir sollten sie nicht zu lange warten lassen.«
Schwester Gretchen bietet ihr den Arm an, doch Cora winkt ab. Sie humpelt nicht, aber sie geht ganz vorsichtig, so als würde jede Bewegung schmerzen. Gretchen und ich folgen ihr.
Als wir schließlich im Salon ankommen, sitzen dort zwei Brüder auf dem olivefarbenen Sofa. Der Raum hat eine recht nüchterne Atmosphäre mit all seinen steifen, kunstvoll geschwungenen Rosshaarsitzmöbeln. Er ist in gedämpften, dunklen Farben gehalten. Porträts bereits verstorbener Klostervorsteherinnen schmücken die Wände; schwere Samtvorhänge hüllen den Raum in Dunkelheit. Schwester Cora empfängt hier immer die Eltern der Mädchen und die Gesandten der Bruderschaft.
Es war auch hier, in diesem Raum, dass ich Mrs Corbett – Schwester Gillian Corbett, meiner ehemaligen Nachbarin aus Chatham und Begleiterin auf meiner Reise nach New London – eine Backpfeife gegeben habe. Sie hatte mir versichert, in meiner Abwesenheit nach meinen Schwestern zu sehen, und meinte, es würde ihnen gut tun, endlich nicht mehr unter meiner Fuchtel zu stehen. Beim Anblick des selbstgefälligen Grinsens auf ihrem dicken Gesicht verlor ich die Geduld, und da ist mir die Hand ausgerutscht. Die Erinnerung bringt mich zum Lächeln, aber das Lächeln vergeht mir gründlich, als ich den grimmigen Gesichtsausdruck der Brüder sehe. Ich kenne die beiden: Bruder O’Shea ist der Gleiche, der Lavinia Anderson verhaftet hat, und er hat wieder seinen Koloss von einem Komplizen dabei.
»Schwester Cora«, sagt Bruder O’Shea, während er sich vom Sofa erhebt, »das hier ist Bruder Helmsley. Und … Schwester Gertrude, wenn ich mich recht erinnere?«
»Gretchen«, korrigiert ihn Cora. »Und das hier ist eine unserer vielversprechendsten jungen Novizinnen, Schwester Catherine.«
Ich bin größer als er, aber ich wage es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Stattdessen neige ich den Kopf, während ich ein Zittern unterdrücke. Der Raum ist kalt; das Feuer wurde sicherlich gerade erst angezündet, als die beiden Besucher kamen.
»Was für eine Erleichterung, dass es noch junge Frauen gibt, die ihr Leben in den Dienst des Herrn stellen, statt leichtfertig auf den Straßen herumzustolzieren«, bemerkt O’Shea. Offenbar erkennt er mich nicht wieder, und ausnahmsweise bin ich mal froh über die Anonymität, die uns die Tracht der Schwesternschaft verleiht.
Bruder O’Shea deutet auf den Boden, woraufhin wir drei uns vor ihn knien. »Der Herr segne euch und behüte euch heute und den
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