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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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Statue aus Fleisch und Knochen und einem wild schlagenden Herzen.
    Er redet von mir.
    Aber ich hatte bisher keine Vorahnungen. Noch nicht. Kurz davor, ihre Kräfte zu entdecken , sagte er. Prophezeiungen sind immer frustrierend ungenau. Ich könnte bereits in zehn Minuten eine Vorhersehung haben, oder morgen oder nächste Woche oder nächstes Jahr.
    Angst durchströmt mich. Ich will keine Vorhersehungen haben. Die Verantwortung für die Schwesternschaft übernehmen zu müssen reicht mir schon. Ich will die Last der Zukunft nicht auch noch auf meinen Schultern tragen.
    »Wir müssen diese Kreatur natürlich aus ihrem Versteck aufscheuchen«, sagt O’Shea, woraufhin Helmsley seine Fingerknochen einen nach dem anderen knacken lässt, als würde er an den blutrünstigen Aussichten Gefallen finden. »Es gab noch nie eine Hellseherin, die außerdem auch eine Hexe war, geschweige denn eine, die fähig war, in den Geist der Leute einzudringen. Die Menschen sind immer mal wieder unzufrieden mit uns, aber sie könnte das Volk regelrecht gegen uns aufhetzen. Sie könnte ihre Gedankenmagie dazu nutzen, die Menschen gegen uns aufzubringen. Die Zukunft Neuenglands hängt davon ab, sie zu finden und unschädlich zu machen, Cora. In Ihrer Gegenwart und der Ihrer Novizinnen haben die Frauen vielleicht gelöstere Zungen. Wenn Ihnen etwas zu Ohren kommen sollte – und sei es auch nur die leiseste Ahnung von Gedankenmagie oder Vorhersehung –, müssen Sie es uns wissen lassen.«
    »J-ja, selbstverständlich«, stottert Schwester Cora, und Schwester Gretchen hilft ihr auf die Beine, als Bruder O’Shea sich erhebt.
    Mein Herz hämmert immer noch wie verrückt, während wir durch O’Shea den Segen empfangen.
    Als Brenna von der Bruderschaft verhaftet wurde, hieß es noch, sie hätte Wahnvorstellungen. Dass es anmaßend sei zu denken, dass eine Frau die Arbeit des Herrn verrichten könne. Und jetzt glauben die Brüder auf einmal an ihre Vorhersehungen?
    Aber vielleicht war ihre Prophezeiung ja auch verkehrt. Immerhin ist sie tatsächlich halb verrückt.
    Werden alle Seherinnen irgendwann verrückt? Bei dem Gedanken wird mir angst und bange.
    Als die Brüder gegangen sind und die Haustür hinter ihnen ins Schloss fällt, dreht sich Schwester Cora zu mir um und legt mir die Hände auf die Schultern. Ihr ohnehin schon runzliges Gesicht ist von zusätzlichen Sorgenfalten durchzogen. »Hast du irgendwelche Vorhersehungen? Vorahnungen der Zukunft?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein.«
    »Kein Gefühl, dass etwas passieren könnte, keine Träume, die sich hinterher als wahr herausstellen?«, bohrt sie nach. »Ich weiß, dass muss beängstigend für dich sein, Catherine, aber du musst mir die Wahrheit sagen, damit wir dich beschützen können.«
    Ich sehe sie ernst an. Sie ist ebenso groß wie ich – für eine Frau ziemlich groß. »Nein, nichts Dergleichen. Ich schwöre es.«
    Da kommt Gretchen, die die Brüder hinausbegleitet hat, zurück ins Zimmer. »Hat eine deiner Schwestern Vorhersehungen?«, fragt Cora.
    »Nicht dass ich wüsste.« Das hätten sie mir doch gesagt, oder nicht?
    »Sie könnten auch erst aufgetreten sein, nachdem du Chatham verlassen hast«, überlegt Cora. »Das bringt alles durcheinander. Wenn wir doch nur den genauen Wortlaut der Prophezeiung wüssten. Du kennst die Seherin, von der sie redeten, oder? Sie kommt aus Chatham.«
    »Brenna«, sage ich nickend. Das letzte Mal, als ich sie gesehen habe, lag sie in der Gosse, ihr gelbes Kleid war mit Dreck bespritzt, und sie schrie, bis die Wachen der Bruderschaft sie mit Prügeln ruhiggestellt hatten.
    »Weiß Brenna, wer du bist?«, fragt jetzt Schwester Gretchen.
    »Das ist schwer zu sagen. Ich habe es ihr jedenfalls nicht verraten. Aber sie weiß über viele Dinge Bescheid, ohne dass irgendjemand sie ihr erzählt hätte.« Ich drehe mich zum Kaminfeuer, um meine Hände zu wärmen.
    »Eine Seherin, die nicht ganz bei Verstand ist, ist das Letzte, was wir jetzt brauchen«, murrt Schwester Cora und blickt aus dem Fenster auf die von Eis überzogenen Bäume.
    Da betritt Schwester Inez, unsere Lehrerin für Illusionszauber, den Raum. Im Schutz der Klostermauern tragen die meisten Lehrerinnen bunte Farben, doch Schwester Inez kleidet sich ausnahmslos schwarz wie bei einer Beerdigung. »Es wäre ein Leichtes, eine Bedrohung wie Brenna loszuwerden«, sagt sie.
    Schwester Sophia, die etwas mollige und sehr hübsche Heilkundelehrerin, folgt ihr. »Sie ist doch noch ein Kind, Inez,

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