Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
und krank dazu. Ich glaube kaum, dass hier ein Mord angebracht wäre.«
Mord? Entsetzt starre ich Inez an. Brenna kann doch nicht einfach umgebracht werden!
Inez zuckt bloß mit den Schultern. Wie immer trägt sie die Haare zu einem Nackenknoten geschlungen, und zusammen mit ihren hervortretenden Wangenknochen sieht ihr Gesicht ständig verhärmt aus. »Sie werden sie Tag und Nacht beobachten. Es wäre einfacher, als sie da rauszuholen. Und eine Seherin dazu zu bringen, den Mund zu halten, wird wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren.«
»Hast du mal wieder am Lüftungsschlitz gelauscht, Inez?« Schwester Gretchen funkelt sie wütend an.
»Ich wusste sofort, dass es Probleme geben würde, als ich die Neuigkeiten aus Frankreich hörte«, fährt Inez unbeeindruckt fort. »Wer weiß, was diese verrückte Kreatur den Brüdern als Nächstes erzählen wird? Sie stellt eine Bedrohung für uns alle dar, und ganz besonders für Miss Cahill. Die neue Seherin unter Kontrolle zu haben, durch sie in die Zukunft blicken zu können, das könnte es sein, was uns wieder an die Macht bringt. Wir dürfen diese Gelegenheit nicht wegen kindlicher Skrupel aufs Spiel setzen.«
Die neue Seherin unter Kontrolle zu haben . Ihre Wortwahl stimmt mich nachdenklich. Die Schwesternschaft wird mich nicht kontrollieren. Ich bin niemandes Marionette, ob ich nun in die Zukunft sehen kann oder nicht.
»Ich habe meine Quellen in Harwood. Ich werde ihnen sagen, dass sie ein Auge auf Brenna haben sollen.« Als Schwester Cora das Wort ergreift, verstummen alle. »Ich denke, es ist noch zu früh, solche fatalen Methoden zu diskutieren. Brenna könnte uns vielleicht noch nützlich sein.«
Ich zupfe Schwester Cora am grauen Ärmel, wobei ich sehr darauf achte, nicht ihre nackte Haut zu berühren. »Wenn die Situation schlimmer wird, dann sollten auch Maura und Tess hier bei uns sein.«
Ich beiße mir auf die Lippe. Hoffentlich ist das auch die richtige Entscheidung. Mache ich damit gerade einen Fehler, oder korrigiere ich einen?
Cora weist die anderen an, den Raum zu verlassen. »Ich würde gerne einen Moment mit Catherine allein sprechen.«
Inez zieht die Stirn in Falten, aber sie gehorcht und folgt Gretchen und Sophia aus dem Salon. Cora schließt die Tür hinter ihnen. Dieses Mal zieht sie an der Kette neben dem Lüftungsschlitz oben in der Wand. Sie zieht eine Grimasse, als sich die Lamellen quietschend schließen, und dann sieht sie mich aufmerksam mit ihren hellblauen Augen an.
»Ich werde Elena sofort schreiben und sie und deine Schwestern hierherbeordern, aber da ist noch etwas, was wir so schnell wie möglich tun müssen.« Ich hole tief Luft – was kann sie denn noch von mir wollen? –, aber Cora redet schon weiter. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass du deine Patentante kennenlernst.«
Meine Patentante, Zara Roth, befindet sich ebenfalls in der Irrenanstalt von Harwood. Ich erinnere mich nicht an sie, denn als sie wegen des Besitzes verbotener Bücher verhaftet wurde, war ich noch ein Kind. Zara war eine Gelehrte, die die Orakel studierte, und ich vermute, dass sie mehr über sie weiß als jeder andere Sterbliche.
»Aber sie ist doch in Harwood«, entgegne ich. Und zwar, weil Schwester Cora bei ihrer Verhandlung nicht eingegriffen hat. Das hat meine Mutter der Schwesternschaft nie vergeben.
Schwester Cora lässt sich seufzend aufs Sofa sinken. »Ja, das ist sie. Ich möchte, dass du sie besuchst und mit ihr redest. Ich möchte, dass du so viel wie möglich über die bisherigen Seherinnen herausfindest – wie alt sie waren, als ihre Vorhersehungen anfingen, und wie sie sich zuerst bemerkbar machten. Es gab vor Brenna zwei Seherinnen, nachdem der Große Tempel niederbrannte, und die Bruderschaft hat sie beide vor uns entdeckt. Zara wird darüber Bescheid wissen. Wir werden nicht zulassen, dass mit dir das Gleiche passiert. Wir werden dich beschützen, Catherine.«
»Sie schicken mich nach Harwood? Absichtlich?« Ich kann es noch immer nicht fassen. Die Irrenanstalt ist der Stoff, aus dem meine Albträume gewoben sind. Schon mein ganzes Leben schwebt dieses Damoklesschwert über meinem Haupt.
»Natürlich nicht allein«, versichert Schwester Cora mir schnell. »Sophia ist dort jede Woche auf Heilmission. Wenn es irgendeinen anderen Weg gäbe – ich bin auch nicht gerade begeistert davon. Aber Zara ist sehr dickköpfig. Sie wird mit keiner anderen als dir sprechen; sie hat es uns noch nicht verziehen, dass wir nichts gegen ihre
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