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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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klopft es noch vor dem Frühstück an unsere Zimmertür, und Schwester Gretchen steckt den Kopf herein und sieht mich an. »Es gibt ein Problem unten. Können Sie mit mir mitkommen?«
    Ich lasse meine Haarbürste auf das ungemachte Bett fallen. Erstaunlich, wie viel fröhlicher ich bin, seit ich mich mit Finn ausgesöhnt habe. Und wenn tatsächlich die Möglichkeit besteht, dass er in New London bleibt und wir uns öfter sehen können …
    »Natürlich. Was gibt es denn?«
    Gretchen blinzelt mich gegen das helle Licht an, das durch die gelben Vorhänge dringt. »Da ist ein Mädchen, das darum bittet, in die Schwesternschaft aufgenommen zu werden. Miss Elliott. Sie sagt, sie sei eine Freundin von Ihnen?«
    Ich nehme ein paar Nadeln vom Frisiertisch und drehe meine Haare auf, während ich mich zum Gehen wende. »Rory«, sage ich mit den Nadeln im Mund. Tess rügt mich immer dafür, wenn ich das tue. Sie sagt, eines Tages werde ich mich noch an den Nadeln verschlucken. Ich muss lächeln. Maura und sie müssten bald hier sein, vielleicht schon morgen.
    »Ist sie eine geeignete Kandidatin?«, fragt Schwester Gretchen.
    Ist sie eine Hexe , meint sie.
    Aber ist das in Rorys Fall ausreichend?
    »Ja und nein«, sage ich. Gretchen und ich poltern die Treppenstufen hinunter, zusammen mit Dutzenden anderer Mädchen, die auf dem Weg zum Frühstück sind. »Sie ist eine Hexe, aber sie ist unbeständig.«
    Schwester Gretchen sieht mich unbeeindruckt an. »Waren wir das nicht alle einmal?« Sie winkt mich in den Salon. »Sie ist hier, mit Cora.«
    Schwester Cora sitzt auf dem olivefarbenen Sofa. Ihr Gesicht ist blass, unter den blauen Augen liegen tiefe, dunkle Schatten. Rory geht unruhig vor dem kalten Kamin auf und ab. Als ich eintrete, wirbelt sie zu mir herum. Ihre Augen sind gerötet, und das schwarze Haar fällt aus dem Knoten. Sie trägt ein ungewöhnlich sittsames Kleid – eine dunkelgrüne, aufgeplusterte Abscheulichkeit aus Taft.
    »Cate! Du musst mir helfen.« Sie umklammert mein Handgelenk mit kalten Fingern.
    »Was ist denn los? Geht es um Sachi?« Ihr Verbrechen – Rorys Verbrechen – war zwar unerhört, aber es wird doch wohl wenigstens eine Verhandlung geben.
    »Es geht um meinen Vater.« Das Wort klingt giftig aus Rorys Mund. »Jetzt, wo Sachi verhaftet ist, kann er es gar nicht abwarten, mich loszuwerden. Er schickt mich nach Hause. Ich soll morgen früh abreisen.«
    Ich rücke eine mich piksende Haarnadel zurecht. »Na ja, das ist wahrscheinlich auch das Beste. Du willst doch sicherlich nicht mehr Zeit mit ihm verbringen als unbedingt nötig.«
    »Erwartest du ernsthaft, dass ich nach Hause fahre und Nils heirate, als wäre nichts passiert?« Rory weicht zurück, als hätte ich sie geohrfeigt. »Das ist alles meine Schuld, Cate!«
    Sie läuft zum Fenster. Die weinroten Vorhänge werden von braunen Seidenschleifen zur Seite gehalten. Ich blicke auf die leere Straße hinaus, um mich zu beruhigen. »Dann mach es nicht noch schlimmer. Sachi wollte, dass du in Sicherheit bist, und du kannst hier eh nichts für sie tun. Fahr nach Hause und mach nicht noch mehr Dummheiten.«
    Rory lässt sich auf den braunen Seidensessel fallen und vergräbt das Gesicht in den Händen. »Ich will es aber wieder gutmachen. Ich will gut sein. Und ich glaube, ich könnte es auch, nur muss ich ständig daran denken, wie Vater immer auf mich herabgesehen hat und dass er mich nie für gut genug gehalten hat, um mit Sachi befreundet zu sein, und … dann werde ich so wütend, dass ich am liebsten alles um mich herum zertrümmern würde. Vielleicht könnte ich ihm verzeihen, wie er mich behandelt hat, wenn er Sachi wenigstens ein guter Vater wäre, aber er hat sie verstoßen! Er hat gesagt, er hätte keine Tochter mehr.«
    Während ihm seine andere Tochter dabei ins Gesicht gesehen hat. Bruder Ishida ist wirklich grausam.
    »Ich ertrage es nicht, ihn zweimal in der Woche in der Kirche zu sehen. Ich kann nicht in der gleichen Stadt leben wie er!« Rory presst sich heftig atmend die Faust gegen den Mund. »Du musst mir helfen, Cate. Bitte. Ich kann nicht zurück nach Chatham.«
    Ich werfe einen Seitenblick auf Schwester Cora, aber ihr Gesicht ist ausdruckslos. Ich sehe an die Decke, suche nach den richtigen Worten, und bemerke den beeindruckenden Stuck aus Weinreben und dicken Trauben. Es ist mir noch nie aufgefallen, aber er passt wirklich gut zu der scheußlichen lila- und olivefarbenen Weintraubentapete. Ob die Person, die diesen Raum

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