Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Allerdings hoffe ich, daß Sie mir die Brieftasche zurückgeben werden, Grayson. Zumindest die Fotografien. Den Ausweis kann ich problemlos ersetzen, aber an den Fotos hänge ich sehr. Ebenso, natürlich, an dem Geld.«
Gray setzte ein wölfisches Lächeln auf. »Sie schulden mir immer noch hundert Pfund, Johnny.«
Carstairs räusperte sich. »Natürlich. Keine Frage. Wissen Sie, ich habe Ihr Geld nur genommen, damit es wie ein echter Einbruch wirkt.«
»Natürlich«, pflichtete Gray ihm bei. »Keine Frage. Ich glaube, wir hatten uns bereits in Wales über die Entschädigung geeinigt, ehe Sie so unerwartet aufgebrochen sind.«
»Wofür ich mich bei Ihnen entschuldige. Aber wissen Sie, Sie hatten mich festgenagelt, und ich wollte keine Abmachung treffen, ohne vorher Iris zu fragen, was sie davon hält.«
»Wir haben nämlich eine durch und durch gleichberechtigte Partnerschaft«, warf Iris ein.
»Allerdings.« Er tätschelte seiner Frau liebevoll die Hand. »Ich kann ehrlich sagen, daß bisher immer sämtliche Entscheidungen von uns gemeinsam getroffen worden sind. Wir sind der Meinung, daß dies neben unserer großen gegenseitigen Zuneigung der Grund für dreiundvierzig erfolgreiche, gemeinsam verbrachte Jahre ist.«
»Wobei natürlich ein gutes Liebesleben eine ebenso wichtige Rolle spielt«, stellte Iris fröhlich fest. Als sie sah, daß Brianna sich an ihrem Tee zu verschlucken drohte, lächelte sie. »Andernfalls wäre eine Ehe ja wohl eine ziemlich langweilige Angelegenheit, meinen Sie nicht?«
»Ja, ich bin sicher, Sie haben recht.« Brianna räusperte sich. »Ich denke, ich weiß, weshalb Sie gekommen sind, und ich weiß Ihre Bemühungen durchaus zu würdigen. Es tut immer gut, ungeklärte Angelegenheiten zu bereinigen.«
»Wir wollten uns bei Ihnen persönlich für jedes Leid entschuldigen, das Ihnen eventuell durch uns entstanden ist. Außerdem möchte ich Sie dafür um Verzeihung bitten, daß Ihr wunderbares Heim von Johnny auf so ungeschickte Weise und obendrein vollkommen grundlos durchsucht worden ist.« Sie bedachte ihren Gatten mit einem strengen Blick. »Du hast es an jedem Feingefühl mangeln lassen, Johnny.«
»Allerdings. Allerdings.« Er senkte betrübt den Kopf. »Und dafür schäme ich mich.«
Brianna war sich nicht ganz sicher, daß er das wirklich tat, aber trotzdem schüttelte sie den Kopf. »Nun, zumindest ist dabei ja kein wirklicher Schaden entstanden, nehme ich an.«
»Kein Schaden!« griff Iris ihre Worte auf. »Brianna, mein
liebes Kind, ich bin sicher, Sie waren außer sich, und das zu Recht. Und außerdem hat der Anblick des von Johnny angerichteten Durcheinanders Sie bestimmt entsetzlich traurig gemacht.«
»Sie hat sogar geweint.«
»Grayson.« Verlegen senkte Brianna den Kopf. »Ich denke, daß die Sache erledigt ist.«
»Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich gefühlt haben müssen.« Iris’ Stimme war weich. »Johnny weiß, wie es mir in bezug auf meine Sachen geht. Also, wenn ich nach Hause käme und feststellen müßte, daß alles auf den Kopf gestellt worden ist, wäre ich am Boden zerstört. Ich hoffe nur, daß Sie ihm seinen bedauerlichen Einfall verzeihen können. Auf eine derartige Idee kommt wohl nur ein Mann.«
»Ich habe ihm bereits verziehen. Mir ist klar, daß er in großer Bedrängnis war, und . . .« Brianna unterbrach sich und hob den Kopf, als ihr klar wurde, daß sie ausgerechnet den Mann verteidigte, von dem ihr Vater betrogen und ihr Heim durchsucht worden war.
»Wie großmütig Sie doch sind«, sagte Iris gerührt. »Aber um noch ein letztes Mal auf die unselige Sache mit der Aktie zurückzukommen, möchte ich Ihnen als erstes sagen, daß ich es sehr großzügig finde, daß Sie nach den Erlebnissen in Wales nicht zur Polizei gegangen sind.«
»Gray sagte, Sie kämen zurück.«
»Cleverer Junge«, murmelte Iris.
»Und ich sah keinen Sinn darin.« Seufzend nahm Brianna ein Sandwich und knabberte daran herum. »Die Angelegenheit liegt inzwischen Jahre zurück, und das Geld, das mein Vater dabei verloren hat, hat ihm und nicht mir gehört. Es hat mir gereicht zu erfahren, was hinter der ganzen Sache steckt.«
»Siehst du, Iris, genau das habe ich dir gesagt.«
»Johnny.« Mit einem Mal bekam ihre Stimme einen geradezu
herrischen Ton. Sie und ihr Mann starrten einander an, bis Carstairs sich schließlich seufzend geschlagen gab.
»Ja, Iris, natürlich. Du hast vollkommen recht.« Er holte Luft und zog aus der Tasche seiner Jacke einen
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