Töchter des Windes: Roman (German Edition)
war.
Oder er hatte sie fest an den Händen gehalten und ihnen irgendwelche Geschichten erzählt, während er mit ihnen durch die überfüllten Straßen gewandert war.
Wenn ich erst mal reich bin, Brianna-Schatz, dann kaufe ich dir ein hübsches Kleid, so wie das, das du hier im Schaufenster siehst.
Eines Tages werden wir mit den Taschen voller Geld hierher nach Galway kommen. Wart’s nur ab, mein Herz.
Und obwohl sie schon damals gewußt hatte, daß es nur Geschichten
waren, die Träume eines Mannes, der nie mit Reichtümern gesegnet gewesen war, hatte dies das Vergnügen nicht geschmälert, das sie beim Anblick all der bunten Dinge in den Schaufenstern, beim Erschnuppern all der Gerüche, beim Erlauschen all der Geräusche empfand.
Über das Durcheinander und das dichte Gedränge in der Shop Street lächelte sie noch ebenso wie als Kind. Sie genoß die fremden Sprachen, die sie neben dem irischen Singsang vernahm — die gedehnte Sprechweise, wie sie den Amerikanern zu eigen war, kehliges Deutsch und Französisch, das immer ungeduldig klang — ebenso wie den Geruch von Meer und Bratfett, der ihr in die Nase drang.
»Da.« Maggie lenkte den Kinderwagen näher an ein Schaufenster heran. »Das ist perfekt.«
Brianna schob sich durch die Menge, bis sie über Maggies Schulter sah. »Was?«
»Die riesige, fette Kuh, die da drüben steht. Genau das, was ich will.«
»Du willst eine Kuh?«
»Sieht aus wie Porzellan«, überlegte Maggie und sah sich die schimmernde schwarzweiße Figur mit dem dümmlich grinsenden Rindsgesicht genauer an. »Ich wette, daß sie sündhaft teuer ist. Um so besser. Die ist genau das richtige. Komm, gehen wir mal rein.«
»Aber was willst du mit dem Ding?«
»Ich schenke sie Rogan und zwinge ihn, sie in seinem muffigen Dubliner Büro aufzustellen. Oh, ich hoffe, daß sie mindestens eine Tonne wiegt.«
Sie war tatsächlich ziemlich schwer, so daß Maggie sie während der weiteren Einkäufe noch im Laden stehen ließ. Und nachdem sie gemütlich zu Mittag gegessen und die Vorzüge und Nachteile von mindestens einem halben Dutzend Küchenmaschinen gegeneinander abgewogen hatten, fanden sie auch etwas herrlich Sinnloses für Brianna.
Die Feen aus bemalter Bronze tanzten an Drähten von einer Kupferrute herab. Auf Briannas leichte Berührung hin begannen sie, sich mit leise klirrendem Flügelschlag zu drehen.
»Ich hänge sie in meinem Schlafzimmerfenster auf. Dann denke ich immer an all die Märchen von Elfen und Feen, die uns von Dad erzählt worden sind.«
»Perfekt.« Maggie schlang einen Arm um Briannas Hüfte. »Nein, sieh nicht nach dem Preis«, sagte sie, als Brianna nach dem kleinen Schildchen griff. »Das ist Teil des Ganzen. Egal, was es kostet, Hauptsache, daß es dir gefällt. Also kauf das Ding, und dann überlegen wir, wie sich meine Riesenkuh am besten im Auto unterbringen läßt.«
Am Ende beschlossen sie, daß Maggie mit der Kuh, Liam und all ihren Taschen im Laden warten würde, während Brianna den Wagen holen ging.
Beschwingt spazierte sie zum Parkplatz zurück. Sie würde, dachte sie, die Feen aufhängen, sobald sie nach Hause kam. Und dann würde sie ihre feine neue Küchenmaschine ausprobieren. Mit einem solchen Präzisionsinstrument wäre die Herstellung einer Lachsmousse oder das hauchfeine Schneiden von Pilzen sicher das reinste Kinderspiel.
Summend setzte sie sich hinter das Steuer ihres Wagens und drehte den Schlüssel im Zündschloß herum. Vielleicht gelänge ihr ja sogar die Kreation einer neuen Beilage zu dem für das Abendessen geplanten Fischgericht. Was würde Gray wohl besonders gerne mögen? überlegte sie, während sie in Richtung des Kassenhäuschens fuhr. Einen typisch irischen Eintopf, und zum Nachtisch eine Stachelbeercreme — falls sie genug reife Stachelbeeren fand.
Anfang Juni begänne die Beerenzeit. Im Juni wäre Gray schon nicht mehr da. Der Gedanke war schmerzlich, aber da nun einmal beinahe Juni war, dachte sie, während sie langsam vom Parkplatz fuhr, bekäme Gray, ehe er sie verließe, wenigstens einmal ihr Spezialdessert serviert.
Sie hörte einen Ruf, als sie auf die Straße bog. Erschreckt riß sie die Augen auf, aber sie selbst brachte keinen Ton mehr heraus, ehe der andere Wagen, der zu schnell und zu scharf die Kurve genommen hatte, mit ihr zusammenstieß.
Sie hörte das Knirschen sich verbiegenden Metalls, das Splittern von Glas, und dann hüllte sie vollkommene Stille ein.
»Brianna ist also einkaufen gefahren«,
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