Töchter des Windes: Roman (German Edition)
kann dir sagen, daß ihr Name inzwischen fast überall bekannt ist.«
»Ja, ich weiß, aber es erscheint mir . . .« Unfähig, in Worte zu fassen, was sie empfand, lachte sie. »Einfach wundervoll. Dad wäre so stolz gewesen auf sie. Und Maggie selbst, oh, ich bin sicher, daß sie im siebten Himmel schwebt. Du weißt bestimmt, was für ein Gefühl das ist, nicht wahr? Wie es ist, zu wissen, daß jemand deine Bücher liest.«
»Ja, das weiß ich.«
»Es muß herrlich sein, wenn man über ein solches Talent verfügt, wenn man etwas geben kann, das die Menschen berührt.«
»Und wie nennst du das hier?« Gray nahm ein Ende des weichen Überwurfs in die Hand.
»Oh, das könnte jeder — man braucht nur Zeit dafür. Was ich meine, ist echte Kunst, etwas, das beständig ist.« Sie trat
vor ein Gemälde, ein kühnes, farbenfrohes Ölbild, auf dem das geschäftige Treiben in einer Dubliner Straße abgebildet war. »Ich habe mir immer gewünscht . . . es ist nicht so, daß ich neidisch auf Maggie bin. Obwohl ich es ein wenig war, als sie zum Lernen nach Venedig ging und ich zu Hause blieb. Aber wir haben beide getan, was für uns das richtige war. Und jetzt macht sie etwas so Wichtiges.«
»Genau wie du. Warum tust du das?« fragte er erbost. »Warum denkst du, was du tust und wer du bist wäre weniger bedeutungsvoll? Du kannst mehr als irgendwer sonst, den ich kenne, jawohl.«
Lächelnd wandte sie sich ihm wieder zu. »Dir gefällt es einfach, daß ich recht gut kochen kann.«
»Ja, mir gefällt es, daß du kochen kannst.« Er erwiderte ihr Lächeln nicht. »Und daß du weben kannst, daß du stricken kannst, daß du einen grünen Daumen hast. Mir gefällt die Art, wie du die Luft mit einem sanften Duft erfüllst, wie du die Ecken des Lakens feststeckst, wenn du mein Bett machst, wie du die Wäsche auf die Leine hängst und meine Hemden bügelst, ehe du sie mir wieder gibst. Du tust all diese Dinge, und was viel mehr ist, du scheinst sie mühelos zu tun.«
»Nun, es ist nicht viel dabei . . .«
»O doch«, unterbrach er sie, denn wieder wurde er von einem namenlosen Zorn erfaßt. »Weißt du eigentlich, wie viele Menschen nicht in der Lage sind, ein Heim zu schaffen, wie vielen Menschen so etwas unwichtig ist, oder wie viele Menschen keine Ahnung haben, wie man sich anständig ernährt? Sie werfen das, was sie haben, lieber fort, als daß sie sich auch nur ansatzweise um seinen Erhalt bemühen. Ihre Zeit, ihren Besitz, ihre Kinder.«
Er hielt inne, verblüfft über das, was aus ihm herausgebrochen war. Wie lange hatte er bereits diese Gedanken gehegt? fragte er sich. Und was wäre erforderlich, damit er diese Gedanken wieder vergaß?
»Gray.« Brianna hob tröstend eine Hand an seine Wange, doch er trat einen Schritt zurück. Er hatte sich nie als verletzlich angesehen, oder zumindest seit so vielen Jahren nicht, daß er vergessen hatte, was für ein Gefühl es war. Im Augenblick jedoch fühlte er sich zu sehr aus dem Gleichgewicht gebracht, als daß er ihre zärtliche Berührung ertrug.
»Was ich meine, ist, daß das, was du tust, wichtig ist. Das solltest du nicht vergessen. Und jetzt hätte ich Lust, mich ein wenig umzusehen.« Er wandte sich abrupt einer der seitlich vom Foyer abgehenden Türen zu und trat eilig in den angrenzenden Raum.
»Tja.« In diesem Augenblick kam Maggie herein. »Wenn das mal kein interessanter Gefühlsausbruch war.«
»Er braucht eine Familie«, murmelte Brianna.
»Brie, er ist kein Baby, sondern ein erwachsener Mann.«
»Das Bedürfnis nach einer Familie hat nichts mit dem Alter zu tun. Er ist einfach zu allein, Maggie, ohne daß er es überhaupt weiß.«
»Aber du kannst ihn nicht einfach aufnehmen, als wäre er ein streunender Hund.« Mit schräggelegtem Kopf trat Maggie näher an ihre Schwester heran. »Oder vielleicht doch?«
»Ich empfinde etwas für ihn. Dabei hatte ich nicht gedacht, daß ich jemals noch einmal derartige Gefühle für einen Menschen entwickeln kann.« Sie blickte auf ihre ineinander verkrampften Hände hinab und machte sie gewaltsam voneinander los. »Nein, das ist nicht wahr. Es ist nicht dasselbe wie das, was ich für Rory empfunden habe.«
»Zur Hölle mit Rory.«
»Das sagst du jedesmal.« Und genau deshalb lächelte Brianna. »Aber so empfindet man wohl einem Menschen gegenüber, der die eigene Schwester unglücklich gemacht hat.« Sie gab Maggie einen Kuß auf die Wange. »Und jetzt erzähl mir, was für ein Gefühl es ist, wenn die Präsidentin
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