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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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»Ich glaube einfach, was man mir erzählt.«
    Er müßte ihre Tränen und ihr emotionales Chaos in den Griff bekommen, ohne sie zu berühren, dachte er. »Was ist passiert?«
    »Ich habe etwas herausgefunden.« Ihr Blick war nicht mehr kalt, sondern drückte Unglück und Verzweiflung aus. »Ich habe herausgefunden, daß ich noch nie von einem Mann geliebt worden bin. Und daß meine eigene Mutter gelogen hat, auf widerliche Weise gelogen hat, um mir selbst die geringe Aussicht auf ein bißchen Glück zu nehmen, die es für mich gab. Sie hat ihm erzählt, ich hätte mit Murphy das Bett geteilt, und vielleicht wäre ich sogar schwanger von ihm. Wie konnte er mich noch heiraten, wenn er das glaubte? Wie konnte er das glauben, wenn er mich liebte, frage ich dich?«
    »Warte mal.« Er machte eine Pause und wartete darauf, daß er den Sinn ihres Wortschwalls verstand. »Du sagst, deine Mutter hätte dem Kerl, den du heiraten wolltest, also diesem Rory, erzählt, du hättest mit Murphy geschlafen und wärst vielleicht sogar schwanger von ihm?«
    »Genau das hat sie ihm erzählt, um mir die Möglichkeit zu nehmen, endlich aus diesem Haus zu entfliehen.« Sie lehnte den Kopf gegen die Tür und schloß die Augen. »Diesem Haus, wie es damals war. Und er hat ihr geglaubt. Hat geglaubt, daß ich zu so etwas in der Lage gewesen wäre, ohne mich auch
nur zu fragen, ob das, was sie ihm erzählt hat, der Wahrheit entsprach. Er hat mir nur erklärt, er nähme mich nicht zur Frau, und dann ging er fort. Und die ganze Zeit über haben es Maggie und Murphy gewußt und mir nichts davon erzählt.«
    Sei vorsichtig, sagte sich Gray, daß du nicht in gefühlsmäßigen Treibsand gerätst: »Hör zu, ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun, aber als professioneller Beobachter würde ich sagen, daß deine Schwester und Murphy nur deshalb den Mund gehalten haben, damit du nicht noch unglücklicher wirst, als du es ohnehin schon bereits warst.«
    »Es war mein Leben, oder nicht? Weißt du, wie es ist, wenn man nicht weiß, weshalb man verstoßen wird, wenn man durchs Leben geht und nur weiß, daß man verstoßen worden ist, ohne je zu wissen, weshalb?«
    Ja, er wußte, wie das war, er wußte es ganz genau. Aber er glaubte nicht, daß dies die von ihr gewünschte Antwort war. »Er hatte dich nicht verdient. Das sollte dich mit einer gewissen Befriedigung erfüllen.«
    »Tut es aber nicht. Zumindest im Augenblick noch nicht. Und ich dachte, du würdest mir zeigen, wie es ist, wenn einen endlich einmal jemand will.«
    Er trat vorsichtig zurück, da ihm ihre verführerische Nähe den Atem nahm. Sie war eine wunderschöne Frau, bei deren erstem Anblick sein Blut bereits in Wallung geraten war. Unschuldig. Bereit, mit ihm ins Bett zu gehen. »Du bist durcheinander«, stieß er schließlich mit krächzender Stimme hervor. »Du denkst nicht klar. Und so sehr es mich auch schmerzt, nutze ich die Situation lieber nicht aus.«
    »Ich will keine Entschuldigungen.«
    »Du willst einen Ersatz.« Von dem Zorn in seiner Stimme waren sie beide gleichermaßen überrascht. Er hatte nicht gewußt, daß dieser Bazillus in seinem Herzen saß. Doch nun, da er ausgebrochen war, machte er seinem Ärger Luft. »Aber ich bin kein gottverdammter Ersatz für irgendeinen jämmerlichen,
feigen Idioten, der dich vor über zehn Jahren sitzengelassen hat. Vergiß die Vergangenheit. Willkommen in der Gegenwart. Wenn ich mit einer Frau ins Bett gehe, dann denkt sie an mich. Und zwar nur an mich.«
    Abermals wurde sie leichenblaß. »Es tut mir leid. So habe ich es nicht gemeint, ich wollte nicht, daß du den Eindruck gewinnst, ein Ersatz zu sein.«
    »Aber genau den Eindruck habe ich, denn genau das ist der Fall. Reiß dich zusammen«, befahl er ihr aus Angst, sie bräche erneut in Tränen aus. »Und wenn du weißt, was du willst, sag mir Bescheid.«
    »Ich . . . ich brauche doch nur das Gefühl, daß mich jemand, daß du mich willst. Ich dachte —ich hatte gehofft, ich bekäme etwas, an das ich mich später erinnern kann. Ich erführe nur ein einziges Mal, wie es ist, wenn einen ein Mann berührt, den man gern hat.« Als Gray sie anstarrte, wurde die Blässe in ihrem Gesicht durch Schamesröte ersetzt. »Ach, egal. Es tut mir leid. Furchtbar leid.«
    Sie riß die Tür auf und floh in den Korridor hinaus.
    Es tat ihr leid, dachte Gray und starrte auf den Fleck, von dem sie so plötzlich verschwunden war. Beinahe meinte er zu sehen, daß die Luft an dieser Stelle

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