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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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umgesprungen. Die Kreuzung war fast leer.
    Der Silberpfeil schoss vom Gehsteig, haarscharf an Mojos Hinterrad vorbei. Noch in der Luft verlagerte Jace sein Gewicht und schwang sein Fahrrad herum.
    Der Streifenwagen erreichte die Kreuzung und bog von der linken Fahrspur nach rechts ab, wobei er einen Lastwagen schnitt. Das Hinterrad von Jaces Fahrrad landete knapp neben dem linken vorderen Scheinwerfer des Streifenwagens. Ein lautes Krachen war zu hören, und der Streifenwagen wurde ein Stück nach vorne geschoben, als etwas seine hintere Stoßstange rammte.
    Jace fing den Aufprall bei der Landung ab, stieg in die Pedale und fuhr mitten in den entgegenkommenden Einbahnstraßenverkehr auf der Hill Street.
    Ein Hupkonzert. Quietschende Reifen. Er glitt in der Mitte zwischen den beiden Fahrspuren durch wie der Faden durch ein Nadelöhr, haarscharf an Seitenspiegeln und Kotflügeln vorbei. Autofahrer riefen ihm wilde Beschimpfungen hinterher. Er betete darum, dass niemand eine Tür aufmachte.
    Er flitzte immer weiter, bog ab, schlüpfte durch Durchfahrten, bog ab, ununterbrochen in Bewegung. Nicht einmal ein auf Hitze reagierender Marschflugkörper hätte ihm folgen können. Er war einer der schnellsten Kuriere in der Stadt. Das war sein Revier. Er hatte sogar sein Denken ausgeschaltet. Er fuhr einfach, vorwärts getrieben von einem Adrenalinstoß, die Angst ausschwitzend, die seine Arme zittern und sein Herz rasen ließ.
    Der Teufel sollte Mojo holen wegen dieser hirnrissigen Idee, ihn zu verfolgen. Großer Gott. Eine falsche Bewegung und sie hätten beide im Krankenhaus landen können, oder im Leichenschauhaus. Jace hätte im Gefängnis enden können, eingebuchtet wegen Gefährdung des Straßenverkehrs oder wegen etwas Schlimmerem, je nachdem, wie sauer der Cop gewesen wäre. Und es hätte nur ein paar Minuten gedauert, vielleicht eine Stunde, und sie hätten herausgefunden, dass sie den Kerl geschnappt hatten, nach dem jeder Cop in der Stadt Ausschau hielt – falls Mojo ihn nicht gleich verpfiffen hätte.
    Das hast du davon, wenn du jemandem traust, J.C.
    Und was war damit, was andere Leute davon hatten, wenn sie ihm zu helfen versuchten? Wieder musste er an Eta denken, und ihm wurde ganz schlecht.
    Als er über eine grüne Ampel fuhr, warf Jace einen Blick auf das Straßenschild und hätte vielleicht gelacht, wenn er noch die Kraft dazu gehabt hätte. Hope Street – die Straße der Hoffnung.
    Er hielt an der Music Center Plaza an, die zwischen drei der Unterhaltung dienenden Stätten lag: dem Mark Taper Forum, dem Ahmanson Theater und dem Dorothy Chandler Pavilion, Heimat des Oscars, bis sich Hollywood einer Verjüngungskur unterzogen und die Preisverleihung wieder für sich in Anspruch genommen hatte.
    Der Platz lag verlassen da. Die Geschäfte würden frühestens in einer Stunde aufmachen. Jace stellte den Silberpfeil ab und setzte sich auf eine Bank, versuchte die Anspannung abzuschütteln. Er betrachtete die vielen kleinen Wasserfontänen rund um die Skulptur, die den Namen Peace on Earth trug, und versuchte, wenigstens für einen Moment einen klaren Kopf zu bekommen.
    Die Skulptur war angeblich berühmt. Für Jace sah sie aus wie ein Haufen von Leuten, die versuchten, eine riesige Artischocke hochzuhalten, auf die sich mit dem Schnabel voraus eine Taube stürzte. Alles, was ihm bei ihrem Anblick einfiel, war, dass der Mann, der sie geschaffen hatte, nicht in derselben Welt wie er gelebt hatte, und auch nicht in derselben Welt wie Eta Fitzgerald.
    Die Skulptur war zeitlos. Ein Ding ohne Leben, das ewig leben würde. Ein Ding ohne Gefühle, das Gefühle hervorrufen sollte. Es würde bis in alle Ewigkeit auf diesem Platz stehen, von einem Atomschlag oder einem großen Erdbeben einmal abgesehen.
    Jace konnte sich nicht vorstellen, dass sich wirklich jemand dafür interessierte, ob es da war oder nicht, aber es würde da bleiben. Menschen dagegen würden kommen und gehen, leben und sterben, und die Jahre würden vergehen, und manche würden vermisst werden, und an manche würde kein Mensch einen Gedanken verschwenden.
    Er versuchte sich vorzustellen, was Eta zu Peace on Earth gesagt hätte, aber er konnte ihre Stimme nicht hören und würde sie auch nie wieder hören. Er konnte nur das Gesicht in den Händen vergraben und um sie weinen.

29
    Chens Fischmarkt lag fünf Minuten von Parkers Loft entfernt. Laut Auskunft der Zulassungsstelle wohnte hier der Besitzer eines der Mini Cooper, die nach dem Einbruch bei Abby

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