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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, das musste er ihr lassen. Er ging auf der Fahrerseite zum Heck des Autos und klopfte mit seinem Notizbuch auf das zerbrochene Rücklicht. »Als der Wagen vom Tatort weggefahren ist, wurde er von einem Minivan gestreift. Dabei ging das Rücklicht kaputt.«
    »So ein Zufall. Mein Auto wurde angefahren, während ich bei dem Essen war. Ich habe den Schaden entdeckt, als ich wegfahren wollte.«
    »Was hat der Parkwächter dazu gesagt?«
    »Es gab keinen.«
    »Haben Sie den Vorfall der Polizei gemeldet?«
    »Wozu?«, fragte sie und hob eine Augenbraue. »Um Mitleid zu heischen? Meiner Erfahrung nach gibt sich die Polizei nicht mit solchen Lappalien ab.«
    »Dann vielleicht Ihrer Versicherung?«
    »Wegen eines so kleinen Schadens einen Anspruch stellen? Ich wäre dumm, wenn ich meiner Versicherung einen Grund gäbe, die Prämie zu erhöhen.«
    Parker schüttelte lächelnd den Kopf. »Sie sind auf dem Tennisplatz bestimmt eine harte Gegnerin, Ms. Chen.«
    »Sie dürfen mich Madame Chen nennen«, sagte sie. Sie stand in kerzengerader Haltung vor ihm, wahrscheinlich war sie nicht größer als eins fünfzig, dachte Parker, trotzdem schaffte sie es irgendwie, auf ihn herunterzusehen. »Und ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte Parker und neigte ehrerbietig den Kopf. »Madame Chen. Sie scheinen auf alles eine Antwort zu haben.«
    »Warum sollte ich das nicht?«
    Er strich über die Kratzer in dem ansonsten makellosen, glänzend schwarzen Lack. »Der Minivan, der den Wagen beim Verlassen des Tatorts gestreift hat, war silbern. Der Wagen, der Ihren beschädigt hat, war ebenfalls silbern.«
    »Silber ist eine beliebte Farbe.«
    »Mit Autofarben ist es eine interessante Sache«, sagte Parker. »Die Hersteller sind da eigen. Das Silber von Ford zum Beispiel ist nicht das Silber von Toyota, das wiederum anders ist als das von BMW. Sie sind in ihrer Zusammensetzung jeweils einzigartig.«
    »Wirklich interessant.«
    »Kennen Sie einen J.C. Damon?«, fragte Parker.
    Sie zeigte keine Reaktion auf den abrupten Themenwechsel. Parker war sich nicht im Klaren darüber, ob das genial oder ein Fehler war. Eine heftige Reaktion wäre vermutlich aufschlussreicher gewesen.
    »Woher sollte ich diese Person kennen?«, fragte sie.
    »Er arbeitet als Fahrradkurier bei Speed Couriers. Um die zwanzig, blond, hübscher Junge.«
    »Ich habe keinen Bedarf an Fahrradkurieren.«
    »Das habe ich nicht gefragt«, sagte Parker mit Nachdruck.
    Keine Antwort.
    »J.C. Damon war der Fahrer des Wagens, der den Tatort verlassen hat.«
    »Sehe ich so aus, als würde ich mich mit Kriminellen abgeben, Detective?«
    »Nein, Ma'am. Aber jetzt haben Sie es schon wieder geschafft, meine Frage nicht zu beantworten.«
    Parker versuchte sich vorzustellen, in welcher Beziehung diese würdevolle stählerne Lotusblüte zu einem Jungen wie Damon stehen könnte, einem Außenseiter und Einzelgänger, der am Rand der Gesellschaft lebte. Es schien keine zu geben, und doch hätte er seinen Hut darauf verwettet, dass es eine gab. Das hier war der Wagen. Die Fakten stimmten in zu vielen entscheidenden Punkten überein, als dass es Zufall sein könnte, und es war viel sagend, was Madame Chen nicht sagte.
    Parker lehnte sich lässig mit der Hüfte gegen den Wagen. »Unter uns gesagt, bin ich nicht sicher, ob der Junge tatsächlich kriminell ist«, gestand er. »Ich glaube eher, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war, und jetzt steckt er in ernsten Schwierigkeiten und weiß nicht, wie er da wieder rauskommen soll. So etwas passiert.«
    »Jetzt klingen Sie wie ein Sozialarbeiter«, sagte Madame Chen. »Ist es nicht Ihre Aufgabe, Leute zu verhaften?«
    »Ich habe kein Interesse daran, Unschuldige zu verhaften. Meine Aufgabe ist es, die Wahrheit herauszufinden. Ich glaube, dass er mir dabei helfen könnte«, sagte Parker. »Und ich könnte vielleicht ihm helfen.«
    Zum ersten Mal während dieses Gesprächs wandte sie ihren Blick von ihm ab, und auf ihrem Gesicht erschien ein nachdenklicher Ausdruck. »Ich bin sicher, dass es für einen jungen Mann in dieser Situation schwierig ist, jemandem zu vertrauen – vor allem der Polizei.«
    »Ja, das ist sicher richtig«, sagte Parker. »Ein junger Mensch aus guter Familie gerät nicht in eine solche Lage. Für die meisten Leute ist das Leben ziemlich hart. Aber wenn es im Leben eines solchen Jungen jemanden gibt, der ihm die Hand entgegenstreckt… Na ja, das

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