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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht
Autoren: T Hoag
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und das würde er nicht, wenn er seine Aufmerksamkeit anderen Leuten schenkte.
    Parkers Wagen stand im absoluten Halteverbot, aber er hatte den LAPD-Ausweis an die Sonnenblende geklemmt. Sie stiegen ein, der Junge gab sich alle Mühe, sich nicht allzu beeindruckt von dem Cabriolet zu zeigen. Parker machte das Verdeck zu, damit sie ungestörter waren und weil es, nachdem die Sonne untergegangen war, ziemlich kalt geworden war. Er nahm sich vor, mit dem Kleinen einen Ausflug im Jaguar zu unternehmen, wenn die ganze Sache ausgestanden war.
    »Hat Jace eine Freundin?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Einen Freund?«
    »Nein.«
    »Gibt es sonst irgendwelche Leute, bei denen er Unterschlupf suchen könnte?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Tyler. »Er hat keine Zeit, um viel auszugehen.«
    Der Junge erzählte ihm, wo er überall nach seinem Bruder gesucht hatte und warum. Parker dachte kurz nach.
    »Weißt du, ob er viel Geld bei sich hat?«
    »Wir haben nicht viel Geld«, sagte der Junge.
    »Kreditkarten?«
    Tyler schüttelte den Kopf.
    Es wäre ohnehin eher unwahrscheinlich gewesen, dass Damon in ein Hotel gegangen war, dachte Parker. Zu wenig Bewegungsfreiheit, zu viele Leute, zu viel möglicher Ärger.
    Er rief bei der Midnight Mission an und fragte einen Bekannten dort, ob jemand, auf den die Beschreibung von Jace Damon passte, bei ihnen aufgetaucht sei, und er bat ihn, ihm Bescheid zu geben, wenn er noch auftauchen sollte.
    Sein nächster Anruf galt Madame Chen, um sie zu beruhigen, dass Tyler nicht entführt worden war oder Schlimmeres. Sie bat ihn, ihr den Jungen zu geben, und die beiden unterhielten sich auf Mandarin. Von Zeit zu Zeit sah Tyler zu Parker hoch, während Parker so tat, als würde er nicht zuhören. Dann reichte ihm der Junge das Telefon wieder.
    »Ich brauche Tyler heute Abend, Madame Chen. Ich muss Jace finden, bevor das jemand anderer tut, und das schaffe ich nicht ohne Tyler.«
    Parker konnte ihrem Schweigen anhören, dass ihr die Idee nicht gefiel.
    »Ich werde dafür sorgen, dass ihm nichts geschieht«, versprach er.
    »Sie bringen ihn heute Nacht noch zurück?«
    Mehr eine Frage als ein Befehl. Sie machte sich Sorgen. Was für eine Frau, dachte Parker, sie hatte die Kinder buchstäblich von der Straße aufgelesen. Er kannte niemanden, der so etwas getan hätte, inklusive seiner selbst.
    »Ich bringe ihn so bald wie möglich zurück.«
    Erneutes Schweigen. Ihre Stimme klang gepresst, als sie wieder zu sprechen begann. »Er muss morgen in die Schule.«
    Parker wies sie nicht darauf hin, wie absurd diese Bemerkung angesichts der Situation war. Sie wollte einfach nur, dass alles wieder so war wie früher.
    »Ich bringe ihn so bald wie möglich zurück«, wiederholte er. Er hätte ihr am liebsten versichert, dass dies ein Film sei, zu dem er das Drehbuch geschrieben hätte, und dass er gut ausginge, aber das konnte er leider nicht.
    »Passen Sie auf ihn auf«, sagte sie. »Passen Sie auf beide auf.«
    »Das werde ich«, sagte Parker und beendete das Gespräch.
    Tyler sah ihn an, musterte sein Gesicht, versuchte seine Miene zu lesen, wie er etwas über Pythagoras lesen oder ein mathematisches Problem lösen würde. Es musste in gewisser Weise frustrierend für ihn sein, dachte Parker: einen IQ von 168 zu haben, dabei aber ein Kind zu sein, mit den Ängsten eines Kindes und praktisch keiner Entscheidungsgewalt über sein Leben.
    »Hast du einen Spitznamen?«, fragte Parker.
    Der Junge zögerte einen Moment lang. So als hätte er einen Spitznamen, den er nicht leiden konnte.
    »Im Funkverkehr ist mein Name Scout«, sagte er und lächelte. »Und Jace ist Ranger.«
    Parker nickte. »Scout. Gefällt mir. Schnall dich an, Scout. Es geht los.«

46
    Er musste die Negative loswerden, sie endlich loswerden. Sie jemandem geben, der ihn nicht umbringen wollte. Was für eine dumme Idee, zu versuchen, etwas dafür zu bekommen, aber er hatte gewollt, dass jemand für Eta zahlte. Um sein Gewissen zu beruhigen, sagte sich Jace.
    Aber nein. Hier ging es nicht um ihn. Er hatte nur einen Auftrag übernommen. Er hatte keinen tieferen Beweggrund. Es war nicht seine Entscheidung gewesen, sich in diese Lage zu bringen, genauso wenig wie es Etas Entscheidung gewesen war. Andere Leute hatten in böser Absicht Entscheidungen getroffen. Er und Eta waren nur zufällig in diese Sache hineingeraten. Jetzt musste er zusehen, wie er wieder rauskam.
    Die Abendluft war kühl und feucht. Sie roch nach Meer. Jace liebte Abende wie diese, wenn
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