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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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seines Regenmantels ein Notizbuch. »Wie ist sein Name?«
    »J. C.«
    »Wofür steht J. C.?«
    »J. C. steht für J. C.«, sagte sie verwirrt. »So nennen wir ihn.
    J. C. Nummer Sechzehn.« »Wo wohnt er?« »Keine Ahnung.« »Seine Adresse wird doch wohl in seiner Personalakte ste
    hen.«
    »Er ist ein 1099 . Wir haben keine Personalakte für ihn.«
    »Ein selbstständig Beschäftigter also«, sagte Parker. »Keine Papiere, keine Krankenversicherung, keine Unfallversicherung.«
    »So ist es.«
    »Lassen Sie mich raten – er hat sich auch sein Geld bar auf die Hand auszahlen lassen.«
    »Damit habe ich nichts zu tun«, sagte Eta knapp.
    »Möchten Sie, dass ich diesen Durchsuchungsbefehl besorge?«, fragte Ruiz Parker und hatte im nächsten Augenblick schon das Handy aus der Handtasche gezogen.
    Parker winkte ab. Er hatte die Disponentin keinen Moment aus den Augen gelassen. »Sie haben doch sicher eine Telefonnummer.«
    »Er hat kein Telefon.«
    Ruiz schnaubte und drückte einige Tasten.
    »Er hat kein Telefon! Ich habe keine Nummer von ihm.«
    Parker sah sie zweifelnd an. »Er hat Sie nie angerufen? Um sich
    krankzumelden, Sie um etwas zu bitten, Bescheid zu geben, dass er sich verspäten wird?«
    »Er meldet sich über Funk. Ich habe keine Telefonnummer von dem Jungen.«
    Ruiz sprach in ihr Telefon. »Detective Renee Ruiz, LAPD. Ich möchte bitte Staatsanwalt Langfield sprechen, es geht um einen Durchsuchungsbefehl.«
    »Vielleicht habe ich ja eine Adresse«, sagte die Disponentin unwillig.
    Das Telefon blinkte wie ein Spielautomat und zeigte neben dem Anruf in der Warteschleife einen neu hereinkommenden an. Sie schnappte sich den Hörer, drückte den Knopf für die zweite Leitung und sagte: »Sie werden leider noch einmal anrufen müssen, Herzchen. Ich werde gerade von zwei Polizisten belästigt.«
    Sie ging zu einem Aktenschrank in der Ecke ihres Kastens, suchte in einer Schublade herum und holte etwas heraus, das wie ein leerer Aktendeckel aussah.
    »Es ist eine Postfachadresse«, sagte sie und reichte ihn Parker. »Mehr kann ich nicht sagen, selbst wenn Sie mich foltern würden.«
    Parker hob die Augenbrauen. »Ich hoffe, das wird nicht nötig sein. Können Sie mir beschreiben, wie er aussieht?«
    »Er sieht aus wie ein blonder weißer Junge mit blauen Augen.«
    »Ist er auf einem der Fotos dort an der Wand?«, fragte er und deutete mit einem Nicken auf die Holzvertäfelung.
    »Nein, Sir.«
    »Vielen Dank für Ihre Kooperationsbereitschaft, Ms. Fitzgerald. Sie sind eine gute Staatsbürgerin.«
    Eta Fitzgerald warf ihm einen finsteren Blick zu und nahm den Hörer des Telefons, das schon wieder klingelte. Er war entlassen. Parker öffnete den Aktendeckel und sah sich das einzelne Blatt – ein Bewerbungsformular – an, ob nicht noch weitere Informationen darauf zu finden waren.
    NAME: J. C. Damon.
    Parker schloss den Aktendeckel und reichte ihn Ruiz. Aber statt sich umzudrehen und zur Tür zu gehen, lief er den Flur entlang in die hinteren Räume des ehemaligen Restaurants und jetzigen Kurierdienstes. Eta riss den Hörer von ihrem Ohr weg und
    rief ihm nach.
    »Was wollen Sie denn dahinten?«
    Parker winkte ab: »Danke, Ms. Fitzgerald, wir finden selbst raus. Bemühen Sie sich nicht. Unser Auto steht gleich beim Hinterausgang.«
    Er warf einen Blick in das ehemalige Privatzimmer, das zu einem Büro für die Chefs von Speed umgebaut worden war, von denen es allerdings noch keiner zur Arbeit geschafft hatte. Nach dem Zustand des Raums zu urteilen konnte man sicher sein, dass die Aufstiegschancen in diesem Geschäft schon ausgereizt waren und es auch nicht mehr viel weiter nach unten gehen konnte. Es standen zwei abgenutzte Schreibtische darin, auf denen sich irgendwelche Zettel und Unterlagen türmten, und es gab einen schmutzigen, flaschengrünen Aschenbecher auf einem Beistelltisch vor einem Sofa, das aussah, als habe man es auf dem Seitenstreifen eines Freeway gefunden.
    Noch ein Stück weiter den Flur hinunter befand sich eine dunkelrot gestrichene Kammer, die ehemalige Garderobe, die jetzt mit Aktenschränken zugestellt war.
    Parker trat durch die Schwingtür in die Küche, aus der Gesprächsfetzen und Zigarettenqualm, vermischt mit dem süßlichen Geruch von Haschisch, drangen. Der Knabe mit dem blauen Irokesenschnitt saß auf einer Arbeitsplatte aus rostfreiem Stahl. Er erstarrte wie ein kleines Tier, das wusste, dass es von einem Räuber entdeckt worden war, der es töten würde, sobald es sich bewegte.

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