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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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Arme aus. »Jeder geht damit auf die ihm einzig mögliche Art um.«
    »Warum haben Sie mir dann einen Vorwurf daraus gemacht?«
    »Das habe ich nicht. Ich muss wissen, warum etwas so ist, wie es ist, Ms. Lowell. Das ist meine Aufgabe. Ich muss zum Beispiel wissen, warum es heute Morgen in der Times heißt, dass Sie, eine 23 -jährige Jurastudentin, die Leiche Ihres Vaters entdeckt haben.«
    Etwas blitzte in ihren Augen auf, aber im nächsten Moment war es schon wieder verschwunden. Nicht Ärger. Vielleicht Erstaunen. Dann erneut das Pokergesicht. »Ich weiß es nicht. Es ist nicht wahr. Sie wissen, dass es nicht wahr ist«, sagte sie abwehrend. »Ich saß in dem Restaurant, als ich den Anruf erhielt. Und ich kenne keine Reporter. Und selbst wenn, dann hätte ich nicht mit ihnen gesprochen.«
    »Sie haben also mit niemandem gesprochen, nachdem Sie das Büro gestern Abend verlassen hatten?«
    Seufzen. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Nein.« Sie sah auf ihre Uhr, machte einen Schritt zum Schreibtisch und legte ihre Hand auf die Handtasche.
    »Und davor? Haben Sie vom Restaurant aus jemanden angerufen oder vom Auto aus, als Sie auf dem Weg hierher waren? Einen Freund oder Verwandten?«
    »Nein, und ich bin sicher, dass Sie sich eine Liste meiner Anrufe besorgen können, wenn Sie mir nicht glauben.« Sie legte den Riemen ihrer Tasche über die Schulter und sah zur vorderen Eingangstür des Büros. »Ich muss gehen«, sagte sie kurz angebunden. »Ich habe um elf einen Termin im Bestattungsinstitut.«
    »Ich dachte, Sie wollten in eine Vorlesung.«
    Ärger blitzte in ihren dunklen Augen auf. »Die Vorlesung fängt um eins an. Ich habe mich versprochen. Mir geht im Moment vieles im Kopf herum, Detective. Sie wissen, wie Sie mich erreichen können, wenn Sie noch Fragen haben.«
    »Ich werde Sie finden.«
    Als sie an ihm vorbeigehen wollte, legte Parker seine Hand auf ihren Arm. »Möchten Sie nicht wissen, wann der Leichnam Ihres Vaters zur Beerdigung freigegeben wird? Ich bin sicher, dass diese Information für das Bestattungsinstitut hilfreich wäre.«
    Abby Lowell sah ihm in die Augen. »Man wird ihn freigeben, sobald die Autopsie gemacht worden ist. Mir wurde mitgeteilt, dass das einige Tage, im höchsten Fall eine Woche dauern wird. Ich möchte alles so weit vorbereitet haben, dass ich die Geschichte so bald wie möglich hinter mich bringen kann.«
    Parker ließ sie gehen. Sie trug die undurchdringliche Miene der Assistentin eines Messerwerfers im Zirkus zur Schau, das musste er ihr lassen. Er fragte sich, ob sich noch etwas anderes dahinter verbarg als ein einsames kleines Mädchen, das sich selbst zu schützen versuchte.
    Sein Blick wanderte über den Schreibtisch, während ihm diese Überlegungen durch den Kopf gingen. Sie war mit leeren Händen gegangen, hatte nichts von den Dingen mitgenommen, deretwegen sie hierher gekommen war. Lennys Versicherungs-Police, sein Testament.
    Er ging zum Auto, holte die Polaroidkamera aus dem Kofferraum und kehrte ins Büro zurück. Er machte Fotos von dem Schreibtisch, dem offenen Aktenschrank, dem Boden um den Schreibtisch herum. Dann fischte er vorsichtig einen langen schwarzen Plastikumschlag aus einer halb geöffneten Schreibtischschublade. Darauf stand in Goldbuchstaben: CITY NATIONAL BANK. Er war leer. In einem Extrafach aus mattiertem Plastik war der Abdruck eines kleinen Schlüssels zu sehen. Ein Bankschließfach.
    Parker ließ sich in Lenny Lowells wuchtigen Chefsessel sinken und sah sich in dem Raum um, versuchte sich vorzustellen, was Lenny gesehen haben mochte, wenn er sein Reich betrachtet hatte. Was seinen Blick festgehalten hatte. Das Foto von Abby war umgefallen. Er sah es neben dem Stuhl auf dem Boden. Ein paar Reiseprospekte lugten unter dem Schreibtisch hervor. Parker zog sie mit der Spitze seines Schuhs heraus.
    RAUS AUS DEM ALLTAG, REIN INS PARADIES. DIE CAYMAN-INSELN.
    »Tja, Lenny«, sagte er in die Stille hinein. »Ich hoffe, du bist jetzt tatsächlich im Paradies gelandet. Aber ich vermute, dass du dort bist, wo alle miesen kleinen Anwälte hingehen. Hoffentlich hast du dein Sonnenschutzmittel mitgenommen.«

16
    Jace brachte den Silberpfeil in ein Fahrradgeschäft in Koreatown,
    wo er niemanden kannte und niemand ihn.
    »An meinem Rad sind ein paar Sachen zu reparieren.«
    Der Angestellte hinter dem Tresen verfolgte gebannt die Reportage vor dem Gericht, die in dem direkt unter der Decke angebrachten Fernseher lief. Er würdigte Jace kaum eines

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