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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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Blicks. »Drei Tage.«
    »Nein. Ich brauche es heute. Es ist dringend.«
    Der Typ hinter dem Tresen machte ein finsteres Gesicht und starrte weiter auf den Bildschirm. »Drei Tage.«
    »Sie haben mich nicht richtig verstanden, Sir«, sagte Jace und beugte sich so weit vor, dass er im Blickfeld des Typen war. »Ich brauche das Fahrrad. Ich bin Fahrradkurier. Ich brauche es für die Arbeit.«
    »Drei Tage.«
    Der Typ hatte ihn noch immer nicht angesehen. Plötzlich deutete er mit dem Finger auf den Fernseher und sagte etwas auf Koreanisch. Martin Gorman, Anwalt der Stars, stand von Mikrofonen umringt an einem Rednerpult und gab eine Pressekonferenz. Unten auf dem Bildschirm war zu lesen: »Tricia Crowne-Cole: Tod einer Debütantin«. Dem Foto nach zu urteilen, das in der linken unteren Ecke eingeblendet wurde, musste die Frau ihren Auftritt als Debütantin zu Zeiten Kennedys gehabt haben.
    Jace stieß einen Seufzer aus, räusperte sich und überlegte, ob er nicht besser gehen sollte, aber er konnte nicht den ganzen Tag damit verbringen, nach einer Fahrradwerkstatt zu suchen.
    »Ich lege was drauf«, sagte er. »Ich zahle bar. Sie bekommen zwanzig Dollar extra.«
    Der Angestellte drehte sich zu ihm um und sagte: »Die zwanzig gleich. In zwei Stunden ist es fertig.«
    Es schmerzte Jace, das Geld hinzublättern, aber er hatte keine andere Wahl. So viel zu seinem Trinkgeld von Lenny. Er hatte bloß zweihundertvierzig Dollar in der Tasche. Er dachte an Eta und den Vorschuss, der Gedanke versetzte ihm einen Stich. Enttäuschung, Angst, Unsicherheit. Er wollte nicht glauben, dass sie mit den Cops geredet hatte. Familie bedeutete Eta alles, und sie betrachtete ihre Kuriere als Familie.
    »Ich warte drauf«, sagte Jace.
    Der Angestellte verzog ärgerlich das Gesicht. Jace hielt den Zwanzigdollarschein hoch, knapp außerhalb der Reichweite des Mannes.
    »Für zwanzig will ich, dass es gleich gemacht wird.«
    Der Typ fluchte leise, aber immerhin nickte er. Als Jace den Arm senkte, riss er ihm den Schein so schnell aus der Hand, dass Jace versucht war nachzusehen, ob ihm nicht auch ein paar Finger fehlten.
    Der Mechaniker, der im hinteren Teil des Ladens die Fahrräder reparierte, trug ein Ziegenbärtchen und hatte sich ein rotes Tuch um den Kopf gebunden. Er sah aus wie ein Pirat. Seine Hände waren schwarz von Schmierfett und Öl. Der Angestellte erklärte ihm kurz angebunden, dass er seine momentane Arbeit unterbrechen und stattdessen Jaces Rad reparieren solle.
    »Sehr wichtiger Kunde«, sagte er, bevor er sich wieder seinen eigenen wichtigen Angelegenheiten widmete.
    Der Mechaniker sah Jace an. »Wie viel hast du ihm gegeben, Mann?«
    »Warum? Willst du etwa auch noch was?«, fragte Jace. »Mein Gott, ich bin Fahrradkurier. Sehe ich vielleicht so aus, als würde ich im Geld schwimmen?«
    »Quatsch, von dir will ich mir nichts holen«, erwiderte der andere. »Ich werd's mir von ihm holen.«
    Im Telefonbuch waren zwölf Lowells aufgeführt. Drei davon hatten Vornamen, die mit dem Buchstaben A begannen: Alyce, Adam und A. L. Lowell. Abby Lowell studierte an der juristischen Fakultät der Southwestern University am Wilshire Boulevard, etwa drei Kilometer westlich von Downtown. Ging man davon aus, dass Lennys Tochter in der Nähe der Uni wohnte und dass ihre Nummer im Telefonbuch stand, dann war A. L. Lowell recht vielversprechend.
    Jace verstaute den rundum erneuerten Silberpfeil auf dem Rücksitz des Mini und fuhr Richtung Westen. Sein Funkgerät lag auf dem Beifahrersitz, das Knistern und die Stimmen hatten etwas Tröstliches, so als wäre er nicht völlig allein, als wäre er von Freunden umgeben. Nur dass er keine richtigen Freunde hatte, er hatte bestenfalls Bekannte. Und er war allein, so viel stand fest.
    In seinem Kopf hämmerte es, sein Knöchel pochte. Er fuhr zu einem 7 -Eleven-Supermarkt und kaufte einen vertrockneten Hot Dog, einen Käse-Burrito, eine Flasche Gatorade und eine Packung Schmerztabletten. Brennstoff für die Maschine. Dann steckte er noch ein paar Powerriegel ein. Er klaute nicht gern, aber es ging jetzt ums Überleben. Dieses Gesetz zählte mehr als ein minderschweres Vergehen.
    Er aß im Wagen, darauf bedacht, nichts schmutzig zu machen – Madame Chen war sehr eigen mit ihrem Mini – , und dachte darüber nach, was er tun sollte, falls Abby Lowell zu Hause war. An die Tür klopfen und sagen: »Hi, ich bin der Kerl, von dem die Cops glauben, dass er Ihren Vater ermordet hat.« Nein. Was sollte er

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