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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass jemand zum Waffenmeister seiner Dienststelle geht und ihn auffordert, ein Bushnell für tausend Dollar zu verschrotten, nur weil einem ein Hensoldt für tausend Dollar besser gefällt.«
    »Wozu also der Umbau?«
    »Weiß ich nicht genau«, wiederholte Reacher. »Vielleicht war es kaputt. Lässt man ein Scharfschützengewehr fallen, kann man das Zielfernrohr sehr leicht beschädigen. Aber ein staatlicher Büchsenmacher hätte wieder ein Bushnell draufgesetzt. Großabnehmer kaufen nicht nur die Gewehre ein, sie bestellen auch gleich kistenweise Ersatzteile.«
    »Und wenn Zielfernrohre knapp würden? Wenn viele beschädigt worden wären?«
    »Dann könnten sie ein Hensoldt nehmen, vermute ich. Hensoldts gehören im Allgemeinen zu SIG-Gewehren. Sie müssen noch mal in Ihren Listen nachsehen. Stellen Sie fest, ob jemand Vaimes und SIGs für seine Scharfschützen anschafft.«
    »Hat das SIG auch einen Schalldämpfer?«
    »Nein«, sagte Reacher.
    »Da haben wir’s«, meinte Bannon. »Irgendeine Dienststelle braucht zwei Arten von Scharfschützengewehren, deshalb kauft sie Vaimes mit und SIGs ohne Schalldämpfer. Also liegen in den Ersatzteilkisten zwei Arten von Zielfernrohren. Gehen ihnen die Bushnells aus, verwenden sie Hensoldts.«
    »Möglich«, sagte Reacher. »Trotzdem sollten Sie Nachforschungen anstellen und ausdrücklich danach fragen, ob jemand ein Vaime Mk2 mit einem Hensoldt nachgerüstet hat. Und wenn das nicht der Fall ist, sollten Sie kommerzielle Büchsenmacher befragen. Fangen Sie mit den teuren an. Dies sind seltene Stücke. Das könnte wichtig sein.«
    Stuyvesant starrte in die Ferne. Er wirkte sorgenvoll.
    »Ist was?«, fragte Reacher.
    Stuyvesants Blick kehrte aus der Ferne zurück. Er schüttelte ein wenig deprimiert den Kopf.
    »Wir haben SIGs gekauft, fürchte ich«, sagte er leise. »Vor ungefähr fünf Jahren haben wir einen Posten SG550 beschafft. Halbautomatische Waffen ohne Schalldämpfer als alternative Option. Aber wir verwenden sie kaum, weil sie wegen der Halbautomatik in räumlich beengten Situationen etwas unpräzise sind. Sie bleiben meist in der Waffenkammer. Wir benützen praktisch nur noch Vaimes. Deshalb sind die Kisten mit SIG-Ersatzteilen bestimmt noch voll.«
    Im Raum herrschte einen Augenblick lang Schweigen. Dann klingelte Bannons Handy wieder. Er schaltete es ein, sagte yeah und hörte zu.
    »Ich verstehe«, sagte er. Hörte wieder zu.
    »Ist der Arzt derselben Meinung?«, fragte er. Hörte weiter zu.
    »Ich verstehe«, sagte er und lauschte.
    »Kann ich mir denken«, sagte er und lauschte wieder.
    »Zwei?«, fragte er und lauschte erneut.
    »Okay«, beendete er das Gespräch und schaltete das Handy aus.
    »Mitkommen«, befahl er knapp. Er war blass geworden.
    Stuyvesant, Reacher und Neagley folgten ihm zum Aufzug, der sie nach oben in den Konferenzraum brachte. Bannon setzte sich ans Kopfende des Tischs, während die anderen am unteren Ende Platz nahmen, als wollten sie instinktiv auf Distanz zu der Mitteilung gehen, die er erhalten hatte. Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Der Thanksgiving Day neigte sich seinem Ende entgegen.
    »Er heißt Andretti«, begann Bannon. »Dreiundsiebzig, gelernter Tischler, ehemaliger Feuerwehrmann. Er hat zwei Enkelinnen. Mit denen ist er unter Druck gesetzt worden.«
    »Redet er?«, entgegnete Neagley.
    »Teilweise«, sagte Bannon. »Er scheint aus etwas härterem Holz geschnitzt zu sein als Nendick.«
    »Wie ist’s also abgelaufen?«
    »Seit seiner Zeit als Feuerwehrmann ist er Stammgast in einer Bar in Sacramento, in der hauptsächlich Cops verkehren. Dort hat er zwei Männer kennen gelernt.«
    »Cops?«, fragte Reacher.
    »Cop-ähnlich«, sagte Bannon. »So hat er sie beschrieben. Sie sind ins Gespräch gekommen, haben sich gegenseitig Familienfotos gezeigt, darüber geredet, wie schlecht die Welt ist und wozu sie bereit wären, um ihre Angehörigen vor ihr zu schützen. Das habe sich allmählich so ergeben, sagt er.«
    »Und?«
    »Dann wollte er nicht weiterreden, aber unser Arzt hat sich seine linke Hand angesehen. Der Daumen war chirurgisch entfernt worden. Nun, nicht wirklich chirurgisch . Irgendwo zwischen abgetrennt und abgehackt, meint der Arzt. Aber jemand hat zumindest versucht, saubere Arbeit zu leisten. Andretti ist bei seiner Story von einem angeblichen Arbeitsunfall geblieben. Unser Arzt hat ihm klipp und klar erklärt, ihm kein Wort zu glauben. Daraufhin hat Andretti, dem

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