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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sprach.
    »Ich will noch mal mit Swain reden«, unterbrach Reacher das Schweigen. »Ich geh zu Fuß. Das tut mir gut.«
    »Ich komm mit«, sagte Neagley.
    Sie legten die halbe Meile auf der Pennsylvania Avenue nach Westen in raschem Tempo zurück. Die Nachtluft war kalt. Hoch am wolkenlosen Himmel hing eine schmale Mondsichel. Auch ein paar Sterne konnte man sehen. Kein Verkehr. Sie gingen am Federal Triangle vorbei, vor ihnen der dunkle Klotz des Treasury Building. Die Straßensperren vor dem Weißen Haus waren verschwunden. In der Stadt herrschte wieder Normalität. Als ob nichts geschehen wäre.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Neagley.
    »Ich muss mich mit der Realität abfinden«, sagte Reacher. »Ich werde alt. Geistig träger. Ich war ziemlich mit mir zufrieden, weil ich so schnell auf Nendick gekommen bin, aber ich hätte sofort auf ihn kommen müssen. Mit dem Daumenabdruck war’s nicht anders. Wir haben uns stundenlang mit diesem verdammten Abdruck beschäftigt, die unsinnigsten Vermutungen angestellt, doch die tatsächliche Absicht haben wir nie erkannt.«
    »Aber letztendlich doch.«
    »Und ich fühle mich wie üblich schuldig.«
    »Weshalb?«
    »Ich habe Froelich gesagt, sie mache ihre Sache gut«, antwortete Reacher. »Aber ich hätte ihr raten sollen, die Wachposten auf den Dächern zu verdoppeln. Ein Kerl am Dachrand, einer im Treppenhaus. Hätte ihr das Leben retten können.«
    Neagley schwieg eine Weile.
    »Das war ihr Job, nicht deiner«, sagte sie. »Du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen. Du bist nicht für die ganze Welt verantwortlich.«
    Reacher schwieg.
    »Und sie haben sich als Cops ausgegeben«, fuhr Neagley fort. »An zwei Wachposten wären sie ebenso leicht vorbeigekommen wie an einem. Sogar an einem Dutzend Posten wären sie vorbeigekommen. Tatsächlich sind sie das auch. An weit mehr noch. Überall hat’s von Agenten gewimmelt. Nein, das hätte niemand verhindern können. Scheiße passiert eben.«
    Reacher sagte nichts.
    »Wären es zwei Posten gewesen, wären jetzt beide tot«, sagte Neagley. »Ein weiterer Toter hätte niemandem genützt.«
    »Findest du, dass Bannon wie ein Cop aussieht?«, fragte Reacher.
    »Glaubst du, dass es drei Männer sind?«, lautete Neagleys Gegenfrage.
    »Nein. Todsicher nicht. Wir haben’s mit zweien zu tun. Bannon übersieht etwas sehr Offensichtliches. Bei seiner Denkweise wohl eine Berufskrankheit.«
    »Was übersieht er?«
    »Findest du, dass er wie ein Cop aussieht?«
    Neagley lächelte vage. »Ja, und wie«, antwortete sie. »Wahrscheinlich hat er als Cop angefangen, bevor er zum FBI gegangen ist.«
    »Was lässt ihn wie einen Cop aussehen?«
    »Alles. Jede Kleinigkeit. Es sitzt in seinen Poren.«
    Reacher schwieg nachdenklich. Ging weiter.
    »Etwas aus Froelichs aufmunternder Ansprache«, sagte er. »Unmittelbar vor Armstrongs Ankunft. Sie hat ihre Leute gewarnt. Sie hat gesagt, es sei sehr leicht, ein bisschen wie ein Obdachloser, aber sehr schwierig, genau wie einer auszusehen. Das gilt auch für Cops, glaube ich. Nehmen wir mal an, ich hätte ein Tweedsakko, eine graue Flanellhose und feste Schuhe an und hielte eine goldene Plakette hoch. Würde ich dann wie ein Cop aussehen?«
    »Ein bisschen. Aber nicht genau wie einer.«
    »Aber diese Kerle sehen genau wie Cops aus. Ich habe einen von ihnen gesehen und mir nichts dabei gedacht. Und sie können sich überall frei bewegen, ohne angehalten zu werden.«
    »Das würde vieles erklären«, meinte Neagley. »Sie haben gut in Nendicks Cop-Bar gepasst. Und in die Andrettis auch.«
    »Wie in Bannons Ententest«, sagte Reacher. »Sie sehen wie Cops aus, gehen wie sie, reden wie sie.«
    »Und das wäre die Erklärung dafür, dass sie von DNA-Spuren an Briefumschlägen und der Sache mit den NCIC-Meldungen gewusst haben. Cops würden wissen, dass das FBI diese Meldungen regelmäßig durchforstet.«
    »Und die Waffen. Die könnten bis hinunter zu zweitrangigen SWAT-Teams oder Scharfschützen einer State Police gelangen. Vor allem generalüberholte Waffen mit Zielfernrohren, die nicht der Standardausführung entsprechen.«
    »Aber wir wissen, dass sie keine Cops sind. Du hast dir vierundneunzig Passfotos angesehen.«
    »Wir wissen, dass sie keine Cops aus Bismarck sind«, sagte Reacher. »Vielleicht sind sie von woanders her.«
    Swain wartete auf sie. Er wirkte unglücklich und sah aus wie einer, der schlechte Nachrichten zu hören erwartet und seinerseits solche mitzuteilen hat. Als er Reacher

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