Tödliche Absicht
Zeug ist etwas anderes. C-dreißig-H-fünfzig. Es ist ein Fischöl – im Prinzip Haifischleberöl.«
Sie reichte ihm den Bericht. Nach langatmigen Ausführungen über organische Chemie folgte die Kernaussage: Squalin sei ein natürliches Öl, das als altmodisches Schmiermittel für empfindliche Mechanismen wie Uhrwerke diente. In einer Fußnote wurde angemerkt, durch Hydrierung verwandle Squalin mit i sich in Squalan mit a .
»Was bedeutet ›Hydrierung‹?«, fragte Reacher.
»Hinzufügen von Wasser?«, antwortete Froelich. »Wie Hydrokultur?«
Als er mit den Schultern zuckte, zog sie ein Lexikon aus dem Regal und schlug unter dem Buchstaben H nach.
»Nein«, sagte sie. »Es bedeutet, das Molekül mit Wasserstoffatomen anzureichern.«
»Nun verstehe ich gar nichts mehr. In Chemie war ich ziemlich schlecht.«
»Es bedeutet, dass dieser Kerl ein Haifischfänger sein könnte.«
»Oder er lebt davon, dass er Fische ausnimmt«, schlug Reacher vor. »Oder er arbeitet in einem Fischgeschäft. Oder er repariert als Uhrmacher alte Uhren.«
Froelich zog eine Schreibtischschublade auf, blätterte in einer Akte und zog ein einzelnes Foto heraus. Es war eine unter dem Fluoroskop gemachte Aufnahme eines Daumenabdrucks in Originalgröße.
»Ist das unser Mann?«, fragte Reacher.
Froelich nickte. Der Daumenabdruck wirkte gestochen scharf. Möglicherweise der deutlichste Abdruck, den Reacher je gesehen hatte. Alle Grate und Wirbel waren exakt abgebildet. Und er war groß, sehr groß sogar. Der Daumenballen hatte eine Breite von mindestens dreieinhalb Zentimetern. Reacher hielt seinen eigenen Daumen daneben. Obwohl er nicht gerade grazile Hände besaß, war sein Daumen merklich kleiner.
»Das ist kein Uhrmacherdaumen«, stellte Froelich fest.
Reacher nickte. Der Kerl musste Pranken haben. Und raue Haut, sonst wäre der Abdruck nicht so deutlich gewesen.
»Arbeiter«, sagte er.
»Haifischfänger«, sagte Froelich. »Wo werden Haie gejagt?«
»Vielleicht vor Florida.«
»Orlando liegt in Florida.«
Ihr Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab, dann verzog sie das Gesicht, verdrehte die Augen, sah zur Decke und klemmte den Telefonhörer zwischen Kinn und Schulter ein.
»Armstrong muss ins Arbeitsministerium«, sagte sie. »Und er will zu Fuß gehen.«
7
Vom Treasury Building zum Bürogebäude des Senats waren es genau zwei Meilen, und Froelich fuhr die gesamte Strecke einhändig, während sie telefonierte. Sie parkte auf der First Street an der Öffnung des weißen Leinwandtunnels, stellte den Motor ab und klappte gleichzeitig ihr Handy zu.
»Können die Leute aus dem Arbeitsministerium nicht rüberkommen?«, fragte Reacher.
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist eine politische Sache. Dort drüben wird’s Veränderungen geben, und es ist höflicher, wenn Armstrong sich die Mühe macht, selbst ins Ministerium zu gehen.«
»Warum will er das zu Fuß tun?«
»Weil er gern im Freien ist. Und er ist eigensinnig.«
»Wohin muss er genau?«
Sie zeigte nach Westen. »Weniger als eine halbe Meile in diese Richtung. Sagen wir sechs- bis siebenhundert Meter über die Capitol Plaza.«
»Hat er sie angerufen oder umgekehrt?«
»Er hat sie angerufen. Die beabsichtigten Veränderungen werden durchsickern, und er versucht, den schlechten Nachrichten zuvorzukommen.«
»Können Sie ihn daran hindern, zu Fuß hinzugehen?«
»Theoretisch ja«, erwiderte sie. »Aber das will ich eigentlich nicht. Das ist kein Thema, über das ich mich im Augenblick streiten möchte.«
Reacher drehte sich um und sah die Straße entlang. Dort war nichts außer dem Autoverkehr auf der Constitution Avenue zu sehen.
»Dann lassen Sie ihn«, sagte er. »Armstrong hat selbst angerufen. Niemand versucht, ihn ins Freie zu locken. Das Ganze ist kein Trick.«
Sie warf einen Blick nach vorn durch die Windschutzscheibe. Dann starrte sie an Reacher vorbei durchs Seitenfenster in den Tunnel, der den Gehsteig überspannte, klappte ihr Telefon wieder auf und telefonierte erneut mit ihrer Dienststelle. Dabei gebrauchte sie Abkürzungen und alle möglichen Fachausdrücke, die er nicht verstand. Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, klappte sie das Handy zu.
»Wir fordern einen Verkehrshubschrauber der Metro Police an«, erklärte sie. »Lassen ihn tief genug kreisen, damit er unübersehbar ist. Armstrong muss an der armenischen Botschaft vorbei, also postieren wir dort ein paar zusätzliche Polizisten. Die fallen nicht weiter auf. Ich fahre auf der D
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